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Magdalenas Garten

Titel: Magdalenas Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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unbeweglich da, dann bekam er plötzlich ganz glasige Augen, und sein nur mit einem dunklen Haarflaum bedeckter Kopf wurde puterrot. Er pupste vernehmlich laut, und schon floss ein Bach aus seiner winzigen 101-Dalmatiner-Badehose an seinem Bein herab. Kein Pipi! Braun und wässrig wurde es von ihrem Handtuch aufgesogen. Magdalena sprang auf und packte den Kleinen vorsichtig unter den Armen, er war schwerer, als sie gedacht hatte. Sie hielt ihn ein wenig von sich ab und schaute in die Runde: Vermisste vielleicht jemand das Durchfallmonster, das ihr zugelaufen war? Er blickte hoch, und in seinen Augen lag solch ein grenzenloses Vertrauen zu ihr, dass ihr ganz warm in der Brust wurde und sie ihn noch höher hob. Der Kleine strampelte ein bisschen mit den Beinen, als ob er langsam Fahrrad fahren wollte, er gluckste, es gefiel ihm offenbar, mit seinen Füßen über dem Sand zu schweben. Fast hätte sie ihm einen Kuss auf seinen runden flaumigen Kopf gedrückt. Als ich in seinem Alter war, lebte meine Mutter schon nicht mehr. Ob ich Oma Witta und Opa Rudolf auch so angeschaut habe wie er mich jetzt, nur weil sie sich um mich kümmerten? Wie schnell habe ich mich an sie gewöhnt? Ob ich am Anfang sehr geweint habe? Oder einfach vertrauensvoll die nächste Hand ergriffen habe, die sich mir bot? Auf einmal war Magdalena zum Heulen
zumute, das kleine Kind, das sie selbst einmal gewesen war, tat ihr schrecklich leid.
    Â»Diego!«, rief die junge Frau in dem zu engen rosa Bikini erleichtert und eilte auf sie zu, ihr Bauch, ihre Schenkel, alles an ihr wippte und wackelte. Magdalena verharrte mit Diego in der Luft, schnell warf sie einen Seitenblick auf ihr Handtuch, das konnte sie vergessen, bei Roberto gab es keine Waschmaschine, und auf Handwäsche hatte sie bei dieser Materie keine Lust. Die rosa Bikini-Frau folgte Magdalenas Augen, schaute dann auf Klein-Diegos Dalmatinerhöschen und nahm ihn in derselben gespreizten Haltung mit einem dankbaren Lächeln aus ihren Armen entgegen.
    Â» Amore , Diego«, schnatterte sie los, »was hast du denn da gemacht …?« Sie lachte verlegen auf, wurde dann aber ernst: »Das tut mir leid, ich lass das waschen, ach was, ich kaufe Ihnen ein neues, das ist mir wirklich furchtbar unangenehm!«
    Â»Nein, das macht doch nichts, kein Problem!«, antwortete Magdalena automatisch und freute sich: Ihr Italienisch wurde immer besser.
    Â»Sie sind doch hier im Urlaub, Sie haben sicher keine Waschmaschine?«
    Â»Das stimmt«, gab Magdalena zu und bereute es sofort.
    Â»Ich kann Sie doch nicht so stehen lassen. Ach, Diego, was hast du getan, mein kleiner …« Sie gebrauchte ein italienisches Wort, was wahrscheinlich so viel wie Kacker, Hosenscheißer oder Held bedeutete. Zumindest strahlte sie ihn an wie einen Helden und ließ ihn endlich wieder hinunter in den Sand. Sofort senkte er seinen glatten Murmelkopf und rannte wie ein Stier auf das Wasser zu. Die Frau setzte ihm hinterher, Magdalena folgte den beiden im langsameren Laufschritt.
    Â»Gib mir die Hand, Diego!« Diego wollte keine Hand geben, sondern ließ sich auf den nassen Sand an der Wasserkante
fallen und wurde von seiner Mama sofort wieder hochgezogen. Vielleicht ist es ihr peinlich, sein Kinderkacka jetzt im Meer vor mir abzuspülen, dachte Magdalena und beschloss, eine Zeit lang mit dem Schwimmen auszusetzen.
    Â»Meine Mutter hat eine Pension, die wäscht sowieso den ganzen Tag Handtücher. Wissen Sie, was, ich nehme das Handtuch mit und bringe es Ihnen ins Hotel!« Während sie mit dem ins Wasser drängenden Diego kämpfte, schaffte sie es, Magdalena kräftig die Hand zu schütteln. »Ich bin übrigens Sonia!«
    Â»Angenehm!« Auch Magdalena stellte sich vor. Ihr gefiel diese Frau mit den energischen Bewegungen, deren Körper vielleicht noch von der Schwangerschaft und guter Pizza einige Kilos zu viel aufwies, aber dennoch zu ihr passte. Sonia war jünger als sie, bestimmt noch keine dreißig.
    Â»Ich arbeite abends in der Bar Elba in Procchio, es ist zwar nicht nötig, aber wenn Sie unbedingt wollen, können Sie das Handtuch dort abgeben.«
    Â»Procchio!? Meine Mutter wohnt da! Kennen Sie die Pension Natale ?« Magdalena verneinte. Sonia zog Diego wie einen Ackerpflug im Sand hinter sich her.
    Â»Bar Elba! Buonissimo!« , sagte sie außer Atem, als wieder an Magdalenas Liegeplatz angekommen waren. »Ich bringe das

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