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Magermilch

Magermilch

Titel: Magermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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hätte und keine bekommen konnte? Auch das kam nie zur Sprache.
    Und darum geht es jetzt auch gar nicht!
    Hannes. Ja, Hannes.
    Könnte Hannes mit Magermilch identisch sein – oder mit diesem Johann? Möglicherweise besucht Johann die Eltern seines Freundes, überlegte Fanni.
    Quatsch! Der Vorname Johann samt seinen Entsprechungen wie Hans, Hannes und Weiß-der-Geier ist weiter verbreitet als Wald- und Feldmäuse! Und noch mal Quatsch! Nur weil irgendein Bauernlümmel in einem roten Flitzer mit irgendwelchen Aufklebern herumfährt, muss er ja nicht gleich Hannes Gruber sein!
    Es würde aber passen. Magermilch war lange Zeit verschwunden. Als er wieder auftauchte, war er offenbar zu Wohlstand gekommen.
    Und selbst wenn die zwei ein und dieselbe Person wären! Was spielt es für eine Rolle? Hannes soll hier als »Magermilch« aufgewachsen sein? Gut! Nachdem er fortging, hat er einige Kilo zugenommen und ist zu Geld gekommen – was ändert das?
    Meine Beurteilung seines Charakters, dachte Fanni. Bisher hielt ich ihn zwar für vulgär, aber durchaus für rechtschaffen. Was soll ich wohl denken, wenn dieser Magermilch in ihm steckt – oder gar dieser Johann?
    Dass Hannes Gruber durchaus kriminell veranlagt sein könnte!
    Eben, dachte Fanni. Und deshalb muss ich herausfinden, wessen Auto auf dem Lehmackergrund steht. Deshalb und weil jene Person etwas mit Giselas neuem Leben zu tun haben könnte, um das sie ein so großes Geheimnis macht.
    Jetzt rächt es sich bitter, bekannte Fanni sich selbst, dass ich keine Ahnung von Autotypen habe. Wenn der Wagen auf dem Hof und der von Hannes das gleiche Modell wären, könnte es dann immer noch Zufall sein?
    Warum nicht?
    Man müsste wirklich die Autonummer …
    Willst du zurücklaufen und auf dem Hof herumschleichen, bis dich der Hund anspringt? Das ist kein Pinscher, so wie der gebellt hat!
    Er muss angekettet sein, sonst hätte er mich gestellt, überlegte Fanni.
    Sie stand auf, ging zur Theke und stellte die Limonadenflasche ab. Niemand nahm Notiz von ihr. Max und die anderen Nachwuchsspieler warfen in einer Raumecke mit Pfeilen auf eine Zielscheibe. Vera und drei andere Spielermütter hatten sich irgendwo eine Flasche Wein besorgt. Vera schenkte soeben ihr Glas voll; die Tröte ragte aus ihrer Hosentasche. Fannis Augen suchten Hans Rot. Er lehnte mit dem Vereinsvorstand aus Klein Rohrheim an einem der offenen Fenster, die auf die Straße hinausgingen. Sie prosteten sich mit Bierdosen zu.
    Fanni bewegte sich langsam in Richtung Ausgang, verharrte, bewegte sich weiter, verharrte wieder.
    Keiner rief nach ihr.
    Da schlüpfte sie hinaus, schlug einen Haken, erreichte den Feldweg, der am Fußballplatz entlangführte, und eilte auf das Wäldchen zu. Sie durchquerte es in wenigen Minuten, hastete am Supermarkt vorbei, ließ das Häuschen, in dem Giselas Eltern wohnten, links liegen und lief über die Stichstraße auf den Lehmackerhof zu.
    Das rote Auto war verschwunden.
    Irgendwo schlug der Hund an.
    Durch eines der blinden Scheunenfenster versuchte Fanni, nach drinnen zu blicken.
    Undeutlich konnte sie den roten Wagen erkennen.
    Sosehr sie ihre Nase auch an die Scheibe presste, sosehr sie mit Daumen und Zeigefinger rieb, um ein Fleckchen klar zu bekommen, die Buchstaben und Zahlen auf dem Nummernschild verschwammen vor ihren Augen. Da konzentrierte sie sich auf die bunten Aufkleber. Von einem glitzerte ihr eine silberfarbene Spirale entgegen.
    Der Hund bellte wie verrückt.
    »Aus, Büffel!«, rief plötzlich eine Männerstimme.
    Fanni duckte sich hinter einen Ziegelhaufen. Im selben Augenblick sah sie eine gebeugte Gestalt aus dem Wohnhaus kommen.
    Spindeldürr! Kreidebleich! In den Siebzigern oder älter?
    Nein, der Mann hatte keine Ähnlichkeit mit Hannes.
    Überhaupt keine!
    Was noch lange nicht heißt, dass es nicht sein Vater sein könnte, dachte Fanni halsstarrig.
    Die Gestalt schlurfte langsam auf die Scheune zu.
    Fanni gab Fersengeld.

    Als sie zurückkam, war die Feier im Vereinsheim noch in vollem Gange. Fanni ging zur Theke, holte sich eine zweite Limonade, setzte sich auf eine der Bänke und sah sich um.
    Hans Rot war nirgends zu entdecken. Vera und die jungen Mütter hatten sichtlich Spaß – inzwischen standen drei Weinflaschen vor ihnen auf dem Tisch. Auf einer Bank, wenige Schritte von Fanni entfernt, unterhielt sich Bernhard noch immer – oder schon wieder – mit seinem Kollegen. Fanni kannte ihn, er war nicht nur Bernhards Kollege, sondern auch ein Freund der

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