Magermilch
Familie.
Er heißt Sieber! Und er ist der Leiter der Sparkassenfiliale Stockheim!
Richtig, dachte Fanni, und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich jenes Konto der Alfa Filmwelt, auf das Giselas Unterhaltszahlungen laufen, bei dieser Bank befindet? Fünfzig Prozent, falls es in Stockheim noch eine Genobank gibt, dreißig Prozent, wenn die Stockheimer auch noch eine … Nein, so viele Banken haben die nicht.
Fanni machte sich an die beiden Männer heran.
Als sie sich zu ihnen setzte, nickten sie ihr freundlich zu. Sieber fragte, wie ihr das Spiel gefallen habe.
»Gut«, antwortete Fanni.
»Ihr Enkel ist ein Bomber«, sagte Sieber.
»Ja, das ist er«, antwortete Fanni, während sie krampfhaft überlegte, wie sie auf die Klientel der Sparkassenfiliale Stockheim zu sprechen kommen könnte.
Sieber machte noch ein, zwei Bemerkungen, auf die Fanni ebenso einsilbig antwortete wie auf die vorherigen. Daraufhin nahmen die beiden Männer das Gespräch untereinander wieder auf. Fanni spitzte die Ohren.
»Diese Insolvenzwelle ist noch lange nicht vorüber«, sagte Bernhard. »Elektro-Vogl wackelt, und der Klein Rohrheimer Bauunternehmer ist mit den Kreditraten im Rückstand.«
Sieber nickte. »Wir werden uns noch auf etliche Pleiten gefasst machen müssen.«
Fanni entschied, dass ihre Chance gekommen war. »Pleiten? Davon werden doch wohl keine Stockheimer Firmen betroffen sein? Eine gute Freundin von mir hat sich erst kürzlich bei Alfa Filmwelt eingekauft.«
Gut gemacht, Fanni! Und womöglich entspricht das sogar der Wahrheit!
»Läuft sie Gefahr, ihr Erspartes zu verlieren?«
Sieber lachte jovial. »Keine Sorge. Auf des Alfa-Konto laufen fette …« Er unterbrach sich.
Hat wohl das Bankgeheimnis verletzt in seinem Überschwang!
»Nein, Sie müssen sich keine Sorgen machen«, endete Sieber lahm.
»Eigentlich erstaunt es mich, dass eine Filmgesellschaft ihre Studios in einem so kleinen Ort wie Stockheim betreibt«, sagte Fanni.
Sieber zögerte mit der Antwort, gelangte aber offenbar zu der Ansicht, dass er keine Interna ausplauderte, wenn er Fanni mitteilte, dass Alfa Filmwelt ihre Studios mitnichten in Stockheim betrieb.
»Der Sitz des Unternehmens befindet sich in Mainz«, vertraute er ihr darüber hinaus an.
»Aber es ist nicht unüblich, dass eine Firma mehrere Banken mit ihren Finanzgeschäften betraut«, fügte Bernhard erklärend hinzu.
»Vor allem eine im Heimatort des Firmeninhabers«, sagte Fanni auf gut Glück. »Wie hieß er doch gleich? Johann… Nun hab ich doch glatt den Zunamen vergessen.«
Sieber sah sie einen Augenblick irritiert an, dann sagte er: »Alfa Filmwelt ist eine GmbH. Hier haben wir es nicht mit einem Inhaber zu tun, sondern mit Gesellschaftern und einem Geschäftsführer. Und ich wüsste nicht …« Seine Stimme verlor sich.
Sackgasse!
Nicht ganz, sagte sich Fanni. Alfa Filmwelt, Mainz. Das reicht, um die zugehörige Telefonnummer herauszufinden.
Dann rufst du an und verlangst Johann Punkt-Punkt-Punkt zu sprechen!
Nein, ich verlange Gisela Stolzer.
7
Als Erstes rede ich mit Hannes, nahm sich Fanni vor, als sie am Sonntagabend mit Hans Rot im Wagen saß und auf dem Heimweg nach Erlenweiler war.
Du kannst doch Marco bitten, feststellen zu lassen, wer hinter der Alfa Filmwelt GmbH steckt, und sicherlich kann er auch leicht in Erfahrung bringen, wer diesen Hof in Stockheim bewohnt, wenn dir der Bauernlümmel schon keine Ruhe lässt!
Ich rede lieber mit Hannes, dachte Fanni. Marco kann doch nicht Ermittlungen anordnen, nur weil Fanni Rot irgendwelche Verflechtungen zusammenphantasiert, die vermutlich gar nicht existieren. Außerdem könnte er solche Nachforschungen wohl schlecht vor Frankl geheim halten.
»Der Bub ist spitze«, begann Hans Rot zu schwärmen, als sie die Verkehrsstockung am Autobahnzubringer hinter sich hatten. »Das wird einmal ein Rechtsaußen, wie er im Buche steht – ein Stürmer, ein Torjäger, ein Ass.«
»Wer?«, fragte Fanni abwesend.
»Der Bub, der Max, dein Enkel!«, schrie ihr Mann. »Wer sonst hat heute drei Tore geschossen? Die Stockheimer möchten ihn für ihren Stall haben, aber die Klein Rohrheimer geben ihn nicht her.«
Ist mein Enkel ein Rennpferd?, dachte Fanni.
Laut sagte sie: »Aber Max ist doch erst neun.«
»Wenn einer im Profisport Fuß fassen will, müssen die Weichen dafür früh gestellt werden«, belehrte sie ihr Mann.
Fanni seufzte. Armer Max. Deine Mutter bläst vermutlich ins gleiche Horn wie dein Großvater.
Weitere Kostenlose Bücher