Magermilch
runzelte die Stirn. »Die drei Niederlassungen der Stolzers sind, soviel ich weiß, ganz allein Maurers Sache. Er ist dort für alles verantwortlich. Willi muss wirklich großes Vertrauen in ihn gesetzt haben.«
Hannes hatte sich ein paar Schritte von der Gruppe um Rudolfs Wagen entfernt und sprach eifrig in sein Handy. Als Fanni gerade ihren Rucksack schulterte, kehrte er zurück.
»So.« Er steckte das Handy in die Brusttasche seines ärmellosen Jäckchens. »Das Taxi holt uns in zehn Minuten hier ab. Mittagessen gibt’s auf der Johannishütte. Dort treffen wir auch die andern zwei.«
Während er redete, bog ein Firmenwagen der Stolzers auf den Platz und parkte in einer Lücke fünf Autos weiter.
»Wer hat eigentlich dem Maurer die Ausrüstung geliehen?«, fragte Hannes und sah mit hochgezogenen Brauen zu, wie Fritz Maurer den Kofferraum öffnete, Bergschuhe zutage förderte, hineinschlüpfte und sich anschickte, sie zu schnüren.
Elvira zuckte die Schultern. »Darum hat sich wahrscheinlich Martha gekümmert.«
»Wetten«, murrte Hannes, »der Kerl benutzt Willis Steigeisen und Willis Pickel. Hoffentlich hat ihm Martha auch Willis Klettergurt gegeben – den ramponierten.«
Hannes wird sich nie ändern, dachte Fanni. Er benimmt sich wie ein unartiges Kind, ist und bleibt ein Rotzlöffel.
Ein Rotzlöffel, dem man aber nicht lang böse sein kann!
Stimmt, dachte Fanni, und woran liegt das? Daran vielleicht, gab sie sich selbst die Antwort, dass es Hannes auf seine derbe, grobschlächtige Art versteht, alle einzuwickeln, jeden in die Tasche zu stecken.
Seine Frau sieht mir aber nicht danach aus, als hätte Hannes sie in der Tasche!
Das Hüttentaxi kam die Hauptstraße entlang. Fritz Maurer gesellte sich zu der wartenden Gruppe. Jeder begrüßte ihn freundlich, reichte ihm die Hand. Jeder bis auf Hannes. Der hatte sich wieder ein paar Schritte entfernt und starrte missmutig in den Gebirgsbach, der auf der Westseite des Parkplatzes unter einem Brückchen hindurchfloss. Hannes wartete, bis alle eingestiegen waren, erst dann strolchte er heran und warf sich auf den freien Sitz neben dem Fahrer.
Eine gute halbe Stunde lang holperten sie über Stock und Stein. Obwohl sich Fanni an einem Haltegriff in der Tür anklammerte, hüpfte sie auf und ab wie auf einem Trampolin. Sie fragte sich, ob laufen nicht angenehmer gewesen wäre. Leni dagegen schien die Fahrt recht spaßig zu finden. Niemand sprach ein Wort.
Aufatmend sprang Fanni vor der Johannishütte aus dem Taxi.
»Nichts wie rein in die gute Stube«, rief Hannes. »Die anderen hocken bestimmt schon vor dampfender Suppe.«
»Hannes«, hielt ihn Elvira zurück, »keine Kasspatzen und kein Surbraten jetzt, sonst drückt’s dir wieder die Luft ab beim Gehen.«
Schmollend bestellte Hannes Minestrone.
Punkt zwölf machten sie sich zum Defreggerhaus auf, wo Rudolf die Nachtlager bestellt hatte.
Der anfangs recht bequeme Weg führte zuerst flach an dem Bach entlang, der achthundert Meter tiefer im Tal unter dem Brückchen in Hinterbichl hindurchschäumte. Später dann wand sich der Wanderweg – mal steil, mal weniger steil – aufwärts über Geröll mit sattgrünen Grasmatten dazwischen.
Rudolf hatte sich an die Spitze der kleinen Karawane gesetzt. Neben ihm ging seine Frau Gunda. Hannes und Elvira schlossen so dicht auf, dass das Grüppchen wie ein Viererpack Rucksäcke wirkte. Mit etwas Abstand folgten Fanni und Leni. Martha und Fritz machten den Schluss. Toni trödelte irgendwo ganz weit hinten herum – meist kaum sichtbar zwischen Büschen und Felsbrocken. Wenn Fanni sich umschaute, sah sie stets nur Martha und Fritz Maurer – in angeregter Unterhaltung.
Ich würde auch gern noch mal ein paar Wörtchen mit dem Geschäftsführer der Stolzers reden, dachte Fanni.
Die Gelegenheit dazu ergab sich schon bald, weil Rudolf stehen blieb, um den Eispickel, der sich am Rucksack seiner Frau gelockert hatte, wieder festzuzurren. Hannes kramte währenddessen nach seinem Sonnenhut, und Martha schmierte sich Labiosan auf die Lippen.
Gerade als sich die Gruppe wieder in Marsch setzen wollte, schloss Toni auf und bat Martha um ein bisschen von ihrer Creme. Dadurch geriet sie in Verzug, und Fritz Maurer folgte Fanni und Leni allein. Kurzerhand verhielt Fanni für einen Moment den Schritt und befand sich im nächsten neben ihm.
Fritz lächelte ihr zu.
Was für ein Sonnyboy! Kein Wunder, dass Martha Stolzer voll auf ihn abfährt!
Fanni lächelte zurück. Wie schon
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