Maggie O´Dell 01 - Das Boese
Wasser zum Altar gebracht, aber den Wein vergessen. Pater Keller hatte nur gelächelt, ihn flüsternd auf seinen Fehler aufmerksam gemacht und geduldig gewartet. Außer ihm hatte wohl niemand etwas bemerkt.
Nein, Pater Keller war kein bisschen wie sein Dad, der die meiste Zeit bei der Arbeit verbracht hatte, auch als sie drei noch eine Familie gewesen waren. Pater Keller war mehr wie ein bester Freund und weniger wie ein Priester. Samstags spielte er manchmalunten im Park mit den Jungs Fußball. Dann war er einer von ihnen, wurde genauso angerempelt und genauso schmutzig wie sie. Im Lager erzählte er gruselige Geistergeschichten, solche, die Eltern einem verboten. Nach der Messe tauschte Pater Keller manchmal Baseballkarten mit ihnen. Er hatte ein paar der Besten, wirklich alte, wie Jackie Robinson und Joe DiMaggio. Nein, Pater Keller war zu cool, um wie sein Dad zu sein.
Timmy zog sich um und wartete, bis auch Pater Keller bereit war. Nach einem prüfenden Blick in den bodenlangen Spiegel wandte er sich Timmy zu.
„Fertig?“
„Ja, Pater“ , erwiderte er und folgte ihm durch den kleinen Korridor zum Altar.
Timmy musste grinsen, als er die strahlend weißen Nikes unter dem langen Messgewand hervorlugen sah.
10. KAPITEL
Platte City erinnerte Maggie an das fiktive Mayberry R.F.D. Den Reiz von Kleinstädten hatte sie nie verstanden. Niedlich und freundlich bedeutete meistens langweilig und von Neugier geprägt. Ermittlungen in Kleinstädten machten sie übellaunig und gereizt. Sie hasste die Vertraulichkeit der Leute, die ihren Ausdruck in „Wie geht es Ihnen?“ und „Guten Morgen!“ fand. Ihr fehlten die aufreizenden, aber vertrauten Geräusche von hupenden Taxis und sechsspurigem Straßenverkehr. Schlimmer noch war allerdings, dass sie sich mit chinesischen Schnellgerichten aus Lokalen wie „Big Fred‘s“ oder verwässerten Cappuccinos aus Automaten begnügen musste.
Die Fahrt von Omaha hierher war landschaftlich allerdings reizvoll gewesen. Die Laubbäume am Platte River hatten in spektakulären Farben geleuchtet: strahlendes Orange, flammendes Rot, gemischt mit Grün und Gold. Der Geruch nach Nadelbäumen und aufziehendem Regen hatte die Luft mit einem ärgerlich angenehmen Duft erfüllt. Trotz der Kühle ließ sie das Seitenfenster einen Spalt offen.
Ein Jet donnerte über ihren Kopf hinweg, als sie mit blockierenden Reifen an einer Kreuzung anhielt. Das plötzliche, laute Geräusch ließ ihren Wagen erzittern und erzeugte ein Echo in den stillen Straßen. Sie erinnerte sich, dass das strategische Luftkommando nur zehn, vielleicht fünfzehn Meilen entfernt lag. Okay, dann gab es also doch ein paar vertraute Geräusche in Platte City.
Sie nahm bewusst eine falsche Abzweigung, um nicht gleich in den Ortskern zu kommen. Der Umweg würde sie nur wenige Minuten kosten und ihr hoffentlich ein paar Einblicke in die Gemeinde verschaffen.
Eine Straßenecke nahm ein Pizza Hut ein. Ihm gegenüber lagen der übliche Supermarkt und ein strahlend neuer McDonald‘s. Seine goldenen Bögen überragten alles im Umkreis von Meilen und konkurrierten lediglich mit einem Maiskornspeicher und einem Kirchturm. Dessen spitzes Eisenkreuz stach in die dicken Wolken, die seit einigen Minuten hereinzogen.
Der Kirchenparkplatz begann sich zu leeren, sodass Maggie in den Stau im Schneckentempo fahrender Gottesdienstbesucher geriet. Sie wartete geduldig, während jeder Fahrer dem vor ihm Befindlichen gestattete, aus der Parklücke zurückzusetzen und sich in die Schlange einzureihen. Nein, das war alles viel zu wohlgeordnet. Die ruinierten glatt jeden guten Verkehrsstau. Maggie wartete, bis sie ausreichend Platz vor sich hatte, und wendete den gemieteten Ford mit quietschenden Reifen. Köpfe drehten sich nach ihr um, die Schlange der Schnecken blieb stehen, als sie in entgegengesetzter Richtung davonfuhr. Sie blickte in den Rückspiegel. Keine Polizeistreife mit blinkenden Lichtern hinter ihr, obwohl es sie nicht überrascht hätte, wenn sie verfolgt worden wäre.
Die Informationen von der Website des Tourismusbüros von Nebraska beschrieben Platte City (Bevölkerung 3500) als wachsende Schlafstadt für viele, die in Omaha (zwanzig Meilen nordöstlich) oder Lincoln (dreißig Meilen südwestlich) arbeiteten. Das erklärte die vielen schönen, gepflegten Häuser und Neubauviertel, obwohl es in der Nähe keinerlei Industrie gab.
Am Stadtplatz gab es eine Post, Wanda‘s Diner, ein Kino, etwas, das sich Paitin‘ Place
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