Maggie O´Dell 01 - Das Boese
ausgefransten Furchen auf. Reifenspuren überkreuzten sich, tief in den Schlamm eingegraben. Nick schaltete in den zweiten Gang herunter, und der Jeep wühlte sich weiter, immer tiefer in den Schlamm einsinkend.
„Es ist wohl niemandem aufgefallen, dass durch das viele Hin und Her wertvolle Spuren zerstört wurden, was?“
Nick warf Agentin O‘Dell einen frustrierten Blick zu. Er war es leid, ständig an seine Fehler erinnert zu werden.
„Als wir den Leichnam entdeckten, waren mindestens schon zwei Wagen hier durchgefahren. Ja, uns ist klar, dass wir die Spuren des Täters vermutlich verwischt haben.“
Er warf ihr noch einen raschen Blick zu, während er versuchte, den Jeep nicht in den tiefsten Schlamm abrutschen zu lassen. Obwohl sie sich älter gab, schätzte er sie auf Ende zwanzig, Anfang dreißig, jedenfalls viel zu jung, um Expertin zu sein. Ihr Alter war nicht das Einzige, was ihn entwaffnete. Trotz ihres kühlen, etwas schroffen Auftretens war sie sehr attraktiv. Und selbst der konservative Hosenanzug konnte die zweifellos umwerfende Figur nicht ganz verbergen.
Unter normalen Umständen hätte er jetzt eine massive Charmeattacke gestartet. Sie hatte jedoch etwas an sich, das ihn verunsicherte. Ihre Haltung war kompetent und selbstsicher. Sie wusste offenbar genau, was sie tat. Was ihm den eigenen Mangel an Sachkompetenz umso deutlicher vor Augen führte. Und das war mehr als ärgerlich.
Der Jeep kam vor dem Schutzgürtel aus Bäumen abrupt zum Stehen. Sofort meldete sich bei Nick die Übelkeit zurück, die ihn in jener Nacht befallen hatte. Zusätzlicher Schwindel überraschte ihn. Wenn das so weiterging, wurde es peinlich. Er hörte Agentin O‘Dell am Türgriff hantieren, ein vertrautes Klicken von Metall auf Metall.
„Warten Sie, die Tür klemmt. Lassen Sie mich helfen.“ Ohne weiter nachzudenken, lehnte er sich über den Sitz. Erst als er den Türgriff berührte, wurde ihm bewusst, dass er sich dicht über sie beugte, das Gesicht nah an ihrem. Sie presste sich in den Sitz, um jeden Körperkontakt zu vermeiden. Er riss sofort die Hand zurück und richtete sich wieder auf.
„Ich versuche es von außen.“
„Gute Idee.“
Nick stieg aus und schalt sich einen Dummkopf. Er benahm sich nicht gerade professionell und wurde soeben seinem Ruf als inkompetenter Playboy-Sheriff gerecht.
Er stapfte zur anderen Seite des Jeeps. Im Büro hatte er rasch geduscht, Jeans angezogen und seine Laufschuhe gegen die Stiefel getauscht, die er in jener Nacht getragen hatte. An dem teuren Leder klebte noch getrockneter Lehm, und sofort wurden sie wieder vom saugenden Schlamm umschlossen. Graue Wolken zogen herein, drohten, ihre Last abzuladen, und garantierten so, dass der Boden noch tagelang morastig blieb.
Von außen ließ sich die Jeeptür leicht öffnen. Würde Agentin O‘Dell sein Herübergreifen als plumpen Annäherungsversuch werten? Gleichgültig. Etwas sagte ihm, dass Agentin O‘Dell immun war gegen seinen Charme - oder was davon übrig war.
„Warten Sie“ , hielt er Maggie O‘Dell zurück, ehe sie aussteigen konnte. „Ich glaube, ich habe hinten noch ein Paar Stiefel.“ Er langte über sie hinweg, verharrte jedoch mitten in der Bewegung, als ihm bewusst wurde, dass er sich schon wieder unschicklich verhielt. Er wich ihrem Blick aus und wartete, bis sie genügend weit zur Seite gerückt war, um sicheren Abstand von ihm zu haben. Glücklicherweise lagen die Gummistiefel in Reichweite, und er holte sie hervor.
„Glauben Sie, dass das nötig ist?“ Sie sah die Arbeitsstiefel an, als wären es Fußfesseln.
„Ohne die kommen Sie in diesem Morast keinen Schritt weiter. Am Flussufer wird es noch schlimmer.“
Er hatte schon begonnen, die Schnürung zu öffnen, reichte ihr einen Stiefel und löste die Schnürung des anderen, als sie ihre teuren Lederslipper auszog. In Strümpfen waren ihre Füße klein, schmal und zierlich. Er sah ihren Fuß in dem viel zu großen Stiefel versinken. Zwar steckte sie noch das Hosenbein mit hinein, doch auch das war keine Garantie, dass sie beim Gehen nicht hinausschlüpfen würde.
Nick war beeindruckt, dass sie auf dem Weg durch den Schlamm trotz hinderlichen Schuhwerks und kürzerer Schritte sein Tempo hielt. Das Gebiet war noch von dem gelben, zwischen den Bäumen gespannten Band abgesperrt. An einigen Stellen war es gerissen und flatterte im Wind, der stärker wurde und die schwarzen Wolken immer rascher über sie hinwegtrieb. Nick schlug den Jackenkragen
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