Maggie O´Dell 01 - Das Boese
die Stirn und hinterließ einen nassen Streifen. Ein paar Haarsträhnen fielen ihm in die Stirn und blieben an der Feuchtigkeit kleben. „Hätten Sie etwas einzuwenden, wenn wir uns in der Cafeteria treffen, sobald Sie fertig sind?“
„Nein, natürlich nicht. Es dauert nicht mehr lange.“
„Ich denke, ich mache eine Pause.“ Er hob die Dose wie in einem spielerischen Prosit, wandte sich zum Gehen, blickte noch einmal zu dem kleinen Leichnam zurück und verschwand.
Maggie knurrte der Magen. Sie bedauerte, das Frühstück ausgeschlagen zu haben, das man ihr während des unruhigen Fluges angeboten hatte. Trotz der Kühle des Raumes hatte der kleine Ringkampf mit Morrelli sie erhitzt. Sie schwitzte, zog einen Handschuh aus und wischte sich über die feuchte Stirn. Dabei blickte sie auf die Stirn des Jungen. Aus diesem Winkel sah sie, dass dort etwas glänzte.
Sie beugte sich über den Tisch und besah sich den durchsichtigen Schmierfilm mitten auf der Stirn genauer. Sie strich mit einem Finger darüber, rieb die Substanz zwischen Daumen und Zeigefinger und hielt sie sich unter die Nase. Wenn der Körper gewaschen worden war, bedeutete das, die ölige Substanz war später aufgebracht worden. Instinktiv überprüfte sie die blauen Lippen des Jungen und fand auch dort einen Ölfilm. Ehe sie sich vergewissern konnte, wusste sie bereits, dass sie auch auf der Brust des Jungen, direkt über dem Herzen, dieses Ol finden würde. Vielleicht zahlten sich die vielen Jahre katholischer Erziehung doch aus. Andernfalls wäre ihr nie aufgefallen, dass irgendwer, vielleicht der Mörder, diesem Jungen die Letzte Ölung verabreicht hatte.
13. KAPITEL
Christine Hamilton versuchte den Artikel zu überarbeiten, den sie in ihr Notizbuch gekritzelt hatte, während sie so tat, als kenne sie den genauen Stand des Fußballspiels unten auf dem Spielfeld. Die Holztribünen waren schrecklich unbequem, gleichgültig, wie sie ihr Gewicht verlagerte. Sie wollte eine Zigarette rauchen und kaute stattdessen auf der Kappe ihres Stiftes.
Ein plötzliches Aufbrausen von Applaus, Johlen und Pfeifen veranlasste sie, gerade noch rechtzeitig den Kopf zu heben, um die Mannschaft der Zehnjährigen im roten Trikot sich triumphierend mit erhobenen Händen gegenseitig abklatschen zu sehen. Wieder war ihr ein Tor entgangen, doch als der kleine rothaarige Junge aus dem Trubel zu ihr aufschaute, lächelte sie und machte das Siegeszeichen mit dem Daumen nach oben, als hätte sie den Spielzug verfolgt.
Er war um einiges kleiner als seine Mannschaftskameraden, doch ihr schien er viel zu schnell zu wachsen. Dass er seinem Vater mit jedem Tag ähnlicher wurde, machte es auch nicht besser.
Sie schob sich die Sonnenbrille auf das windzerzauste Haar. Die Sonne verschwand hinter der Baumreihe, die den Park säumte. Zum Glück waren die meisten Wolken vorübergezogen, ohne weiteren Regen abzuladen. Schlimm genug, dass sie am Sonntagnachmittag so taten als ob.
Sie hatte sich allein auf die obere Tribünenreihe gesetzt, fernab von den anderen Fußballmüttern und -vätern. Sie machte sich nichts aus diesen besessenen Eltern, die Mannschaftstrikots trugen und den Trainer beschimpften. Später würden sie ihm dann auf den Rücken klopfen und ihm zu einem weiteren Sieg gratulieren.
Christine blätterte eine Seite um und wollte sich wieder ihrem Artikel widmen, als sie drei der anderen geschiedenen Fußballmütter miteinander tuscheln sah. Anstatt das Spiel zu verfolgen, deuteten sie auf die Seitenlinie. Christine drehte sich, folgte ihrer Blickrichtung und entdeckte sofort, was sie abgelenkt hatte. Der Mann, der an der Seitenlinie entlangging, entsprach einem Klischee: groß, dunkelhaarig, gut aussehend. Er trug enge Jeans, ein Sweatshirt mit dem Namenszug der Nebraska Cornhuskers auf der Brust und sah aus wie die ältere Version des College Quarterback, der er einmal gewesen war. Er beobachtete das Spiel, während er die Seitenlinie entlang schritt, nein glitt. Christine wusste allerdings, dass er sich der Aufmerksamkeit, die er auf den Rängen erregte, durchaus bewusst war. Als er schließlich in ihre Richtung sah, winkte sie und genoss die neidvollen Blicke der anderen Frauen, als er ihr zulächelte und zu ihr auf die Tribüne kam.
„Wie steht‘s?“ fragte Nick und ließ sich neben ihr nieder.
„Fünf zu drei, glaube ich. Dir ist schon klar, dass ich von jeder geschiedenen, schmachtenden Fußballmutter hier beneidet werde, oder?“
„Da siehst du mal, was
Weitere Kostenlose Bücher