Maggie O´Dell 01 - Das Boese
Garten verdunkelten.
„Nein, ich habe mir Mühe gegeben, es zu vermeiden.“
Schweigend standen sie nebeneinander. Als sie das Glas hob und einen Schluck trank, berührte sie mit dem Ellbogen seinen Arm. Nick hielt still und genoss den sachten Kontakt. Er wartete ab und hoffte zu hören, dass ihre Ehe zerbrach. Sofort hatte er Schuldgefühle. Wie um seine Gedanken zu rechtfertigen, sagte er: „Mir ist aufgefallen, dass Sie keinen Ehering tragen.“
Sie hob die Hand, als müsse sie sich vergewissern, und steckte sie in die Tasche. „Der liegt auf dem Grund des Charles River.“
„Wie bitte?“ Ohne Blickkontakt konnte er nicht entscheiden, ob sie scherzte.
„Vor etwa einem Jahr zogen wir einen Treiber aus dem Wasser.“
„Einen was?“
„Eine Leiche, die schon eine Weile im Wasser treibt. Das Wasser war sehr kalt. Mein Ring muss abgerutscht sein.“
Sie schaute weiter geradeaus, und er folgte ihrer Blickrichtung. Da es dunkler wurde, sah er ihr Spiegelbild in der Fensterscheibe. Sie dachte immer noch an das Gespräch mit ihrem Mann. Er fragte sich, wie er war, der Mann, der irgendwann das Herz von Maggie O‘Dell erobert hatte. Er fragte sich, ob Greg vielleicht ein intellektueller Snob war. Jede Wette, der sah sich nicht mal Football an, geschweige denn die Packers.
„Sie haben ihn nicht ersetzt?“
„Nein. Vielleicht hatte ich mir unbewusst längst eingestanden, dass er lange bevor er auf dem Grund des Flusses landete, als Symbol wertlos geworden war.“
„Onkel Nick“ , wurden sie von Timmy unterbrochen, der quer durch den Raum lief und sich Nick in die Arme warf, ehe der sich ganz umdrehen konnte. Sofort spürte er die Folgen seines Sesselschlafs. Sein Rücken schrie, er solle den Jungen absetzen, doch er wirbelte ihn herum, dass die kleinen Beine den überall herumstehenden Schnickschnack herunterzufegen drohten.
„Jungs!“ tadelte Christine von der Tür her. Und an Maggie gewandt: „Es ist, als hätte man zwei Kinder im Haus.“
Er setzte Timmy ab, biss die Zähne zusammen und lächelte trotz der Schmerzen im Rücken, als er sich aufrichtete. Herrgott, wie er diese Erinnerungen ans Älterwerden hasste.
„Maggie, das ist mein Sohn Timmy. Timmy, das ist Spezialagentin Maggie O‘Dell.“
„Dann sind Sie FBI-Agent genau wie Agent Mulder und Agentin Scully aus Akte X7“
„Außer dass ich keine Aliens fange. Allerdings sind die Typen, die ich jage, auch ganz schön beängstigend.“
Nick war stets erstaunt, welch lockernde Wirkung Kinder auf Frauen hatten. Er wünschte, den Trick zu beherrschen. Maggie strich sich lächelnd eine Strähne hinter das Ohr, ihre Augen strahlten, und die Miene war gelöst.
„Ich habe ein paar Poster von Akte X in meinem Zimmer. Möchten Sie sie sehen?“
„Timmy, wir wollen gleich essen.“
„Haben wir noch Zeit?“ fragte Maggie Christine.
Timmy wartete, dass seine Mom „sicher“ sagte. Dann nahm er Maggie bei der Hand und führte sie den Flur hinunter.
Nick schwieg, bis sie außer Hörweite waren. „Schön zu sehen, dass er von seinem Meister lernt. Obwohl ich nie auf die Idee gekommen wäre zu fragen: ,Darf ich Ihnen meine Akte-X-Poster zeigen‘ ?“
Christine verdrehte die Augen und warf ein Küchentuch nach ihm. „Komm, hilf mir, und bring mir auch ein Glas Wein.“
30. KAPITEL
Maggie gab nur ungern zu, dass sie nie Akte X sah. Ihr Lebensstil ließ wenig Zeit für Film und Fernsehen. Das schien Timmy jedoch nicht zu stören. Sobald sie in seinem Zimmer waren, zeigte er ihr eifrig seine Schätze: Modelle vom Raumschiff Enterprise bis zu seiner Fossiliensammlung, die seiner Ansicht nach auch einen Dinosaurierzahn enthielt.
Der kleine Raum war herrlich überladen. Am Bettpfosten hing ein Baseballhandschuh. Ein Jurassic Park Bettüberwurf bedeckte einen Knubbel, der vermutlich ein Pyjama im gleichen Dessin war. In einem Buchregal in der Ecke stützte ein altes Mikroskop Ausgaben von König Arthur, Galaxien und Sterne und die Sammlerenzyklopädie für Baseballkarten. Die Wände waren mit Postern der Akte X, der Nebraska Cornhuskers, Star Trek, Jurassic Park und Batman geschmückt.
Maggie nahm das alles auf wie eine Zwölfjährige, der man diesen Teil der Kindheit geraubt hatte.
Dann fiel ihr das Gespräch mit Greg wieder ein, und ihre Anspannung war nur schwer abzuschütteln. Er hatte ihr vorgeworfen, ihre Mutter zu vernachlässigen. Sie hatte ihn erinnert, dass sie diejenige mit einem Diplom in Psychologie war. Es hatte nichts
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