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Maggie O´Dell 01 - Das Boese

Maggie O´Dell 01 - Das Boese

Titel: Maggie O´Dell 01 - Das Boese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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abgelehnt. Trotz ihrer Intimität - oder vielleicht gerade wegen ihr - war sie froh, von Nick wegzukommen. Die nächtliche Vertrautheit war ein Fehler gewesen. Aus Verärgerung darüber, dass sie es so weit hatte kommen lassen, strafte sie Nick auf dem Weg in die Stadt mit Schweigen.
    Sie musste sich auf ihre Arbeit konzentrieren und Distanz wahren. Ein Agent handelte unklug, wenn er sich bei einem Auftrag mit jemand privat einließ. Nur zu schnell verlor man dabei seine Objektivität. Sie hatte das bei Kollegen erlebt. Für sie als Frau war es ohnehin riskant, sich mit einem Mann einzulassen, der sein Haus mit romantischen Fallen für seine One-Night-Stands ausrüstete. Außerdem war sie verheiratet - wie glücklich oder unglücklich, spielte keine Rolle. Das alles sagte sie sich, um ihre plötzliche Distanziertheit zu rechtfertigen und ihre Schuldgefühle zu dämpfen.
    Ihre feuchten Sachen rochen noch nach schlammigem Fluss und getrocknetem Blut, und durch den zerrissenen Jackenärmel sah man ihre verletzte Schulter. Als sie das Hotel betrat, wurde deshalb aus dem freundlichen Lächeln des jungen, pickeligen Portiers rasch ein entsetztes Starren. „Du meine Güte, Agentin O‘Dell! Sind Sie okay?“
    „Ja, danke. Sind Mitteilungen für mich gekommen?“
    Er drehte sich mit der Schlaksigkeit des Teenagers um - nur lange Arme und Beine - und verschüttete fast seinen Cappuccino. Dessen süßes Aroma stieg mit dem Dampf auf, und obwohl es nur die Instantvariante des Echten war, roch er wunderbar.
    Der Schnee - jetzt fast zwanzig Zentimeter hoch und es schneite immer noch - klebte an ihren Hosenbeinen und tropfte ihr schmelzend in die Schuhe. Ihr war kalt, sie war müde, und ihr tat alles weh.
    Er reichte ihr ein halbes Dutzend rosa Zettel und einen schmalen, versiegelten Umschlag mit der sorgfältigen Beschriftung in blauer Tinte: SPEZIALAGENTIN O‘DELL.
    „Was ist das?“ Sie hielt den Umschlag hoch.
    „Weiß nich‘. Kam irgendwann in der Nacht durch den Briefschlitz. Ich habe ihn mit der Morgenpost auf dem Fußboden gefunden.“
    Sie tat, als sei das belanglos. „Kann ich hier irgendwo Stiefel und einen Mantel kaufen?“
    „Eigentlich nicht. Es gibt einen John-Deere-Ausstattungsladen etwa eine Meile nördlich der Stadt. Aber die haben nur Männersachen.“
    „Würden Sie mir einen Gefallen tun?“ Sie zupfte eine zusammengefaltete Fünf-Dollar-Note aus dem kleinen Fach hinter ihrer FBI-Marke. Der Junge schien mehr an der Marke als an dem Geld interessiert zu sein. „Würden Sie in dem Laden anrufen und sie bitten, eine Jacke herzuschicken? Aussehen ist egal, sie muss nur warm und in der kleinsten Größe sein.“
    „Was ist mit Stiefeln?“ Er machte sich Notizen auf einem Block, der schon voller Gekritzel und Vermerken war.
    „Irgendwas in einer Größe, die etwa der Damengröße sechs entspricht. Egal, wie es aussieht. Ich brauche nur etwas, um mich im Schnee zu bewegen.“
    „Verstanden. Die machen wahrscheinlich erst um acht oder neun auf.“
    „Das reicht. Ich bin den ganzen Morgen in meinem Zimmer. Rufen Sie mich, wenn die Sachen kommen, ich kümmere mich dann um die Rechnung.“
    „Sonst noch was?“ fragte er eilfertig, um seine fünf Dollar zu verdienen.
    „Haben Sie Zimmerservice?“
    „Nein, aber ich kann Ihnen so gut wie alles bei Wanda besorgen. Die liefern frei Haus, und ich kann es auf Ihre Hotelrechnung setzen.“
    „Fein. Ich möchte ein richtiges Frühstück - Rührei, Wurst, Toast, Orangensaft. Ach ja, und fragen Sie, ob sie Cappuccino haben.“
    „Bekommen Sie.“ Er übernahm die Aufgabe freudig und ernsthaft, als hätte sie ihm soeben einen offiziellen FBI-Auftrag erteilt.
    Sie ging den Flur hinunter und blieb noch einmal stehen. „Wie heißen Sie eigentlich?“
    Er sah überrascht auf. „Calvin. Calvin Täte.“
    „Danke, Calvin.“
    In ihrem Zimmer entledigte sie sich der schneebedeckten Schuhe und schälte sich aus der Hose. Sobald sie die Heizung höher gedreht hatte, zog sie Jacke und Bluse aus. Ihre Muskeln schmerzten vom Nacken bis zu den Waden. Sie rollte die verwundete Schulter, hielt inne, wartete bis der stechende Schmerz aufhörte, und versuchte es erneut.
    Im Bad setzte sie sich auf den Wannenrand, drehte die Dusche auf und wartete, bis das Wasser warm war. Unterdessen blätterte sie ihre Nachrichten durch, die in zwei verschiedenen Handschriften notiert waren. Direktor Cunningham hatte sie um elf angerufen. Keine Nachricht. Warum hatte er es nicht auf dem

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