Maggie O´Dell 01 - Das Boese
ist der Täter zweifellos zutiefst gestört.“
„Ist es ein Serientäter, Sheriff? Die Bevölkerung muss wissen, ob sie ihre Kinder einschließen soll.“
„Es gibt Hinweise, dass Matthew und Danny Alverez vom selben Täter getötet wurden.“
„Irgendwelche Verdächtigen?“
„Stimmt es, dass Sie keinerlei Spuren haben?“
Nick ging noch eine Stufe hinauf. Er hatte nichts, um sie zu beruhigen. Die Menge und das grelle Licht ließen ihn schwitzen. Er zog den Reißverschluss seiner Jacke auf und lockerte den Krawattenknoten. „Wir haben einige Verdächtige, aber darüber darf ich nicht reden. Noch nicht.“ Er wandte sich ab, stieg die Treppe hinauf, und eine Flut von Fragen prallte an seinem Rücken ab.
„Wann werden Sie es uns sagen?“
„Stammen die Verdächtigen von hier?“
„Haben Sie den blauen Pickup gefunden?“
„Wird Ihr Vater die Ermittlungen jetzt übernehmen?“
Nick fuhr herum und verlor fast die Balance. „Was ist mit meinem Vater?“
Alle starrten auf einen Mann im Westenanzug. Nick fiel das schimmernde schwarze Haar auf, es wirkte gefärbt. Der Spitzbart war perfekt gestutzt mit nur einem Hauch von Grau darin. Seine teuren Schuhe verrieten ihn als Städter. Das und seine Haltung, wie er ungeduldig den Kopf zur Seite neigte, als hätte er Besseres zu tun, als sich einem Kleinstadtsheriff zu erklären. Nick hätte ihn liebend gern am Kragen seines monogrammbestickten Hemdes gepackt. Stattdessen wartete er und balancierte auf schneebedeckten Cowboystiefeln, die Pfützen hinterließen und auf den glatten Marmorstufen auszurutschen drohten.
„Warum in aller Welt sollte mein Vater diese Ermittlung übernehmen?“
„Immerhin hat er Ronald Jeffreys geschnappt“ , sagte Darcy McManus in die Kamera ihres Senders.
Erst da merkte Nick, dass sie das ganze Fiasko filmten. Er vermied es, in die Kamera zu sehen, und wartete auf eine weitere Erklärung des gelangweilt blickenden Mannes.
„Als Ihr Vater vorhin mit uns sprach, klang es ...“
„Er ist hier?“ platzte Nick heraus und bedauerte die gezeigten Emotionen, die seine Inkompetenz zu unterstreichen schienen.
„Ja, und es klang, als sei er zurückgekommen, um bei den Ermittlungen zu helfen. Ich glaube, seine genauen Worte waren ...“
Der Mann blätterte langsam und genüsslich seine Notizen durch. ,„Ich habe es schon einmal geschafft. Ich weiß, wonach man suchen muss. Sie können darauf wetten, dass der Täter diesem alten Bluthund nicht entkommt.‘ Ich kenne mich mit Bluthunden nicht aus, aber es sollte wohl heißen, dass er wegen seiner beruflichen Fähigkeiten hier ist.“
Andere Reporter nickten zustimmend. Nick blickte von einem zum anderen und kochte innerlich. Sein Kragen war ihm zu eng, und er schwitzte so sehr unter der Jacke, dass ihm der Schweiß den Rücken hinabrann. Sie warteten. Jedes Wort würde gewogen, jede Geste bewertet werden. Er stellte sich vor, wie heute Abend jemand die Videoaufzeichnung zurückspulte, nur um ihn rückwärts die Treppe herunterlaufen zu sehen. Es war ihm gleich. Er wandte sich ab und lief, zwei bis drei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf. Dabei hoffte er, nicht zu stolpern und wieder unten zu landen.
Er stürmte durch die Glastür des Sheriff Department, die gegen einen Abfalleimer aus Metall und die Wand schlug. Sofort bildeten sich spinnennetzartige Risse, die jedoch niemand zu bemerken schien. Alle Gesichter wandten sich ihm zu, man starrte ihn regelrecht an, kurzzeitig von dem grauhaarigen Mann in ihrer Mitte abgelenkt.
Dieselbe Gruppe, die er nicht ohne Widerspruch dazu bringen konnte, eine Spur zu verfolgen, scharte sich um diesen distinguiert wirkenden Gentleman, wie um einen alternden Propheten mit Bauchansatz über dem Gürtel und buschigen Brauen, die jetzt empört hochgezogen waren.
„Immer langsam, mein Sohn. Du hast soeben Regierungseigentum demoliert“ , sagte Antonio Morrelli und deutete auf die Sprünge im Glas.
Nick schob wütend und frustriert die Hände in die Taschen, blickte auf seine Stiefel und fragte sich unwillkürlich, wie viel es kostete, die Tür zu ersetzen.
50. KAPITEL
Maggie nippte an ihrem Scotch und versuchte an ihrem Ecktisch in der Flughafenlounge zu entscheiden, wer Geschäftsreisender und wer Urlauber war. Der Schneesturm hatte die Flüge verzögert, auch ihren. Deshalb war die kleine Bar in der Lounge mit ihrer L-förmigen Theke und den wenigen Tischen und Stühlen überfüllt. Ein Dutzend Modellflugzeuge hing von der Decke,
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