Maggie O´Dell 02 - Das Grauen
dir deshalb Sorgen machen musst, Spätzchen.“
„Oh mein Gott, Dad!“
Er sah sich erschrocken um, weil er fürchtete, ihr auf die Zehen getreten zu haben, so gequält klang sie.
„Nenn mich nicht so!“ flüsterte sie.
Er lächelte auf sie herab, was sie noch mehr in Verlegenheit brachte.
„Okay, also kein Popcorn für dich. Wie sieht’s mit Cola aus?“
„Diät-Cola“, korrigierte sie.
Erstaunlicherweise wartete sie neben ihm am Stand, doch ihr Blick schweifte immer wieder durch die Lobby. Seit fast zwei Monaten lebte Emma ganz bei ihm. Eigentlich sah er sie jetzt noch weniger als seinerzeit in Cleveland, wo er nur ein Wochenend-Dad gewesen war. Wenigstens hatten sie dort gemeinsam etwas unternommen, um die verlorene Zeit wettzumachen.
Seit sie nach Virginia gezogen waren, hatte er versucht, zumindest jeden Abend mit ihr zu essen. Diese Regel hatte allerdings er als Erster gebrochen. Sein neuer Job in Quantico war viel zeitaufwändiger als vermutet. Und es war eine große Umstellung für beide. Sie mussten sich nicht nur an ein neues Haus, einen neuen Job, eine neue Stadt und eine neue Schule gewöhnen. Emma musste auch noch damit klarkommen, ohne Mutter zu leben.
Er konnte immer noch nicht glauben, dass Caroline mit dem Arrangement einverstanden gewesen war.
Sobald sie es müde wurde, tagsüber die Geschäftsführerin zu spielen und nachts auszugehen, wollte sie ihre Tochter bestimmt wieder bei sich haben.
Er beobachtete Emmas rasches, nervöses Wegstreichen aufmüpfiger Haarsträhnen. Ihr Blick schweifte immer noch umher. War es ein Fehler gewesen, um das volle Sorgerecht zu kämpfen? Emma vermisste ihre Mutter, obwohl die weniger verfügbar gewesen war als er. Warum war es nur so schwer, Eltern zu sein?
Er hätte fast gebuttertes Popcorn verlangt, begnügte sich aber mit normalem in der Hoffnung, dass Emma vielleicht etwas stibitzte. „Und zwei Diät-Colas.“
Er sah sie an, um zu prüfen, ob sie von ihrem Einfluss auf ihn beeindruckt war. Stattdessen wurde ihre helle Haut noch blasser, als sich ihr Unbehagen in Panik verwandelte.
„Oh mein Gott, da ist Josh Reynolds!“
Jetzt schmiegte sie sich so nah an ihn, dass er einen Schritt zurücktreten musste, um ihre Colas und das Popcorn zu nehmen.
„Oh Gott! Hoffentlich sieht er mich nicht!“
„Wer ist Josh Reynolds?“
„Bloß einer der coolsten Jungs in der Mittelstufe.“
„Begrüßen wir ihn.“
„Was? Oh Gott, vielleicht hat er mich nicht gesehen.“
Sie drehte das Gesicht zu ihm, den Rücken zu dem dunkelhaarigen Jungen, der eindeutig auf sie zusteuerte. Und wieso auch nicht? Seine Tochter war umwerfend. Er fragte sich, ob Emma wirklich in Panik war oder Theater spielte. Er konnte es nicht erkennen. Da er Frauen nicht verstand, wie konnte er da hoffen, Mädchen in der Pubertät zu verstehen.
„Emma? Emma Tully?“
Tully beobachtete mit Erstaunen, wie seine Tochter aus der Panik, die sie noch vor Sekunden fest im Griff hatte, ein nervöses, aber strahlendes Lächeln hervorzauberte. Sie drehte sich um, als Josh sich gerade durch die Schlange quetschte.
„Hallo, Josh!“
Tully vergewisserte sich mit einem Blick, ob ein Double seine widerspenstige Tochter ersetzt hatte. Denn diese Mädchenstimme klang viel zu fröhlich.
„Welchen Film siehst du dir an?“
„ Ace of Hearts “, gestand sie zögerlich, obwohl es ihre Wahl gewesen war.
„Ich auch. Meine Mutter will ihn unbedingt sehen“, setzte er viel zu schnell hinzu.
Tully hatte Mitgefühl mit dem Jungen, der seine Hände tief in die Taschen schob. Was Emma für cool hielt, erforderte offenbar Anstrengung. Bemerkte er als Einziger, wie nervös der Junge mit dem Fuß wippte? Da betretenes Schweigen eintrat und die beidenihn ignorierten, meldete Tully sich zu Wort. „Hallo, Josh. Ich bin R.J. Tully, Emmas Vater.“
„Hallo, Mr. Tully.“
„Ich würde dir gern die Hand geben, aber meine Hände sind voll.“
Aus den Augenwinkeln sah er Emma die Augen verdrehen. Wie konnte ihr die Bemerkung peinlich sein? Er war doch nur höflich. In dem Moment meldete sich sein Piepser. Josh erbot sich, die Colas abzunehmen, ehe Emma auch nur reagierte. Tully schaltete das Gerät ab, erntete aber noch einige ärgerliche Blicke. Emma lief entzückend rosa an. Er erkannte die Telefonnummer auf einen Blick. Ausgerechnet heute Abend!
„Ich muss telefonieren.“
„Sind Sie Arzt oder so was, Mr. Tully?“
„Nein, Josh. Ich bin FBI-Agent.“
„Sie machen Witze. Das ist
Weitere Kostenlose Bücher