Maggie O´Dell 02 - Das Grauen
verkraftbar zu sein als das, was Stucky mir antut.“
„Ich weiß, du willst das nicht hören, Maggie, aber ich glaube, Cunningham tut gut daran, dich aus den Ermittlungen herauszuhalten.“
Diesmal sah sie ihn an.
„Wie kannst du so was sagen? Es ist doch offensichtlich, dass Stucky wieder mit mir spielt.“
„Genau. Er versucht dich wieder hineinzuziehen. Warum soll man ihm den Wunsch erfüllen?“
„Aber du verstehst nicht, Nick.“ Sie hatte Mühe, ihre Verärgerung zu unterdrücken, und sprach betont ruhig und gelassen. Wenn sie über Stucky redete, klang sie schnell ein wenig hysterisch. „Stucky wird mich nicht in Ruhe lassen, ob ich nun an derJagd teilnehme oder nicht. Cunningham kann mich nicht beschützen. Stattdessen hindert er mich an der einzigen Möglichkeit, zurückzuschlagen.“
„Ich vermute wohl richtig, dass er dich aufgefordert hat, die Abendmaschine nach Washington zu nehmen.“
„Agent Turner soll mich abholen.“ Sie ließ ihrem Ärger freien Lauf. „Das ist lächerlich! Albert Stucky ist hier, in Kansas City. Ich sollte hier bleiben.“
Schweigen. Sie schauten wieder suchend über die Menschenmenge in der Lobby, nah beieinander, die Ellbogen auf das Geländer gestützt, Blicke und Hände sorgsam voneinander abgewandt. Nick rückte näher, als suche er bewusst den Körperkontakt. Seine Schulter berührte sie nicht mehr zufällig, sondern blieb in ständigem Kontakt. Diese zarte Berührung war eigenartig tröstlich und vermittelte Maggie das Gefühl, in dieser Sache nicht allein zu sein.
„Du bedeutest mir immer noch viel, Maggie“, sagte er ruhig, ohne sie anzusehen. „Ich dachte, ich hätte dich überwunden. Ich habe versucht, meine Gefühle zu unterdrücken. Doch als ich dich heute Morgen sah, wurde mir klar, dass sie unverändert sind.“
„Ich möchte darüber nicht sprechen, Nick. Es geht einfach nicht. Nicht jetzt.“ Ihr Magen krampfte sich zusammen vor Nervosität und Angst. Noch mehr Emotionen verkraftete sie momentan nicht.
„Ich habe dich angerufen, als ich nach Boston gezogen bin“, fuhr er ungeachtet ihrer Erwiderung fort.
Sie streifte ihn mit einem Seitenblick. War das eine Masche? Der jungenhaft charmante Draufgänger, der Frauenheld konnte sich doch nicht so schnell verändert haben.
„Ich habe keine Nachricht erhalten“, erwiderte sie, einerseits neugierig, aber auch bereit, seinen Bluff zu entlarven, falls es einer war.
„Quantico hat mir nicht verraten, wo du bist oder wann du zurückkommst. Nicht mal, als ich ihnen sagte, ich arbeite für das Büro des Bezirksstaatsanwaltes von Stafford County.“ Er sah sie flüchtig an und lächelte. „Die waren nicht beeindruckt.“
Das war eine sichere Geschichte, die sie weder bestätigen noch widerlegen konnte. Sie sah konzentriert in die Lobby. Unten schoben drei Männer Gepäck hinter einer Frau mit einem englischen Regenmantel her, der nicht einen einzigen Regentropfen aufwies.
„Schließlich habe ich Gregs Anwaltskanzlei angerufen.“
„Du hast - was?“
Sie drückte sich vom Geländer ab, wartete, bis er dasselbe tat, und betrachtete ihn aufmerksam.
„Keiner von euch steht im Telefonbuch“, verteidigte er sich. „Ich dachte mir, die Anwaltskanzlei von Brackman, Harvey und Lowe sei verständnisvoller und könne es nachvollziehen, wenn jemand aus dem Büro des Distriktstaatsanwaltes einen ihrer Anwälte nach Dienstschluss sprechen möchte.“
„Du hast mit Greg gesprochen?“
„Ungewollt. Ich hatte gehofft, dich an den Apparat zu bekommen. Falls Greg abnahm, wollte ich ihm erzählen, ich müsste mit dir über eine ungeklärte Sache in Nebraska sprechen. Schließlich wusste ich, dass du immer noch nach Pater Keller suchst.“
„Aber Greg hat es dir nicht abgekauft.“
„Nein.“ Leicht verlegen fuhr er fort: „Er sagte mir, ihr beide würdet an eurer Ehe arbeiten, und er bat mich als Gentleman, das zu respektieren und mich von dir fern zu halten.“
„Wie war das? Greg hält sich für einen Gentleman? Der weiß nicht mal, was das ist!“ Kopfschüttelnd nahm sie die alte Haltung am Geländer wieder ein. Greg war inzwischen so gut im Lügen, dass sie sich fragte, ob er seinen eigenen Mist glaubte. „Wie lange ist das her?“
„Ein paar Monate.“ Nick lehnte sich ebenfalls wieder auf das Geländer, hielt aber Distanz.
„Einige Monate?“ Sie konnte nicht fassen, dass Greg ihr den Anruf verschwiegen hatte, oder ihm nicht wenigstens bei einer ihrer vielen Streitereien ein Hinweis
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