Maggie O´Dell 02 - Das Grauen
zusammengerollt auf seinen Schoß. Der Raum war dämmerig, die Jalousien halb geschlossen. Er fragte sich, warum sie sich die Mühe gemacht hatte, und rückte sich die Sonnenbrille auf der Nase zurecht. Die Gläser waren besonders dunkel, damit man die Augen nicht sah und man ihn nichtbeim Beobachten ertappen konnte. Eine hübsche Umkehrung des Voyeurismus. Eigentlich hielten sich die anderen für die Voyeure, indem sie ihn ungeniert beobachteten und bedauerten. Niemand zweifelte, ob ein Blinder nicht doch vielleicht etwas sah. Warum sollte schließlich jemand eine solche Behinderung vortäuschen.
Außer dass die Täuschung, welch Ironie, vielleicht bald wahr wurde. Die Medikamente halfen nicht, und er konnte nicht leugnen, dass seine Sehkraft nachließ. Er hatte so oft Glück gehabt, war sein Vorrat nun aufgebraucht? Nein, er glaubte nicht an so etwas Dummes wie Schicksal. Was machte es schon, wenn er in letzter Zeit etwas Hilfe brauchte, eine Stütze oder zwei oder etwas Beistand von einem alten Freund, um ein wenig Aufregung in sein Leben zu bringen? Waren Freunde nicht dazu da?
Er wartete mit leicht zur Seite geneigtem Kopf, als müsste er erst ihre Stimme hören, ehe er ihr sein Gesicht zuwenden konnte. Dabei beobachtete er sie unablässig. Bei den dunklen Gläsern musste er in dem abgedunkelten Raum blinzeln, um etwas zu erkennen. Dr. Patterson betrachtete ihn im Sessel zurückgelehnt und wirkte entspannt und selbstsicher.
Sie stand auf, griff nach der Kostümjacke über der Sessellehne, stutzte, sah ihn an und ließ die Jacke hängen.
Dann kam sie vor den Schreibtisch, lehnte sich gegen die Platte und stand genau vor ihm. Sie war zart und weiblich mit Kurven an allen richtigen Stellen, straffer Haut und wenig Falten für eine Frau Ende vierzig. Das rötlich blonde, kinnlange Haar war offen und streichelte zart ihre Wangen. Er fragte sich, ob es ihre natürliche Farbe war, und ertappte sich beim Lächeln. Vielleicht musste er das selbst herausfinden.
Er lehnte sich abwartend zurück und schnupperte ihr Parfum. Es roch gut, doch er kannte es nicht. Gewöhnlich kannte er die Düfte mit Namen. Dieser musste neu sein. Ihre rote Seidenblusewar dünn genug, dass sich kleine runde Brüste und die leichte Erhebung der Brustspitzen durchdrückten. Es freute ihn, dass sie auf die Jacke verzichtet hatte. Die Hände im Schoß, sorgte er dafür, dass die Lederjacke die Schwellung dort verbarg, erfreut, dass seine Diät aus Pornofilmen seine gelegentlichen Defizite ausglich.
„Mr. Harding“, begann sie schließlich, „ich möchte von Ihnen wie von allen meinen Patienten wissen, wie Ihre Erwartungen sind. Was hoffen Sie durch unsere Sitzungen zu erreichen?“
Er unterdrückte ein Lächeln. Eines seiner Ziele war bereits erreicht. Er beugte den Kopf zu ihr vor und starrte auf ihre Brüste. Selbst wenn sie seine Augen sehen könnte, würde sie automatisch annehmen, er starre ins Leere.
„Ich bin nicht sicher, dass ich die Frage verstehe.“ Er hatte gelernt, dass es gut war, Frauen etwas erklären zu lassen. Sie hatten dann das Gefühl, die Kontrolle zu besitzen, und er wollte sie in dieser Sicherheit wiegen.
„Sie sagten mir am Telefon“, begann sie vorsichtig, als wäge sie ihre Worte ab, „dass Sie einige sexuelle Probleme haben, an denen Sie arbeiten möchten.“ Weder betonte sie die Worte sexuelle Probleme, noch zögerte sie, sie auszusprechen. Das war gut. Sehr gut. „Um Ihnen helfen zu können, müsste ich genauer wissen, was Sie von mir erwarten. Welches Ergebnis diese Sitzungen Ihrer Meinung nach haben sollten.“
Es war an der Zeit festzustellen, wie leicht man sie schockieren konnte.
„Das ist eigentlich ganz einfach. Ich will wieder mit Genuss eine Frau vögeln.“
Sie blinzelte, und ihre helle Haut wurde zartrosa, doch sie bewegte sich nicht. Das war eine kleine Enttäuschung. Vielleicht sollte er hinzufügen, dass er es wieder genießen wollte, ohne den Drang zu verspüren, sie zu Tode zu vögeln. Seine neue Angewohnheitunterschied sich nicht sehr von Verhaltensweisen im Tierund Insektenreich. Vielleicht sollte er seine sexuellen Praktiken mit denen der Gottesanbeterin vergleichen, die ihrem Partner zu Beginn der Kopulation den Kopf abbeißt.
Würde sie verstehen, dass der erotische Rausch unglaublich mächtig war, wenn er zugleich Schmerz zufügen konnte? Sollte er gestehen, dass er beim Anblick blutverschmierter, um Gnade flehender Frauen zu einem explosionsartigen Orgasmus kam, den er auf
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