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Maggie O´Dell 02 - Das Grauen

Maggie O´Dell 02 - Das Grauen

Titel: Maggie O´Dell 02 - Das Grauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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an etwas anderes, die Erinnerungen waren jederzeit präsent.
    Dabei hatte sie in jungen Jahren das Ausblenden von Erinnerungen fast zur Meisterschaft entwickelt, vornehmlich, indem sie sie in Tequila ertränkte. Damals hatte sie zu viel getrunken. Sie hatte getanzt, geflirtet und Sex mit so vielen Männern gehabt, wie sie wollte. Sie hatte mit Begeisterung Poolbillard gespielt und dabei für jeden, der sie ermutigte, eine erotische Show abgezogen. Sie hatte sich eingeredet, durch ein wildes, hektisches Leben die Schrecken der Kindheit zur vergessen, weil nichts schockierender, zerstörerischer und beängstigender sein konnte als ihre frühen Erlebnisse.
    Doch das Resultat jener Zeit war ein leeres, zielloses Leben gewesen. Ironischerweise hatte es eines Wasserglases Wodka und einer Schachtel Schlaftabletten bedurft, um sie wachzurütteln. Das war sieben Jahre her. In den letzten fünf hatte sie hart daran gearbeitet, sich ein neues Leben zu schaffen und nicht nur ihre Kindheit hinter sich zu lassen, sondern auch die dunklen Jahre danach, in denen sie durch Vertuschung und falsche Strategien versucht hatte, sie zu bewältigen.
    Dazu war sie aus dem Wahnsinnsgetriebe Washingtons mit seinen Versuchungen in Form von Drogen, Nachtclubs und Politikerbetten geflohen. Louies Bar war eine Art Übergangsheim für sie geworden. Sie hatte den Job an der Bar angenommen und ein kleines Apartment am Fluss gemietet. Als die Zeit reif war, hatte sie die Familienfarm in Blackwood, Virginia, verkauft - die Hölle ihrer Kindheit, die sie mit Tante und Onkel bewohnte. Beide warenbereits Jahre zuvor gestorben. Von ihrem Tod hatte sie durch die Erbschaftsanzeige eines Anwalts erfahren. Irgendwie hatte sie immer geglaubt, es automatisch zu wissen, wenn sie starben, weil die Welt dann erleichtert aufatmen würde. Das Aufatmen war ausgeblieben.
    Tess betrachtete sich im Rückspiegel. Es wurmte sie, dass sie bei solchen Erinnerungen immer noch die Stirn runzelte und die Zähne zusammenpresste. Nach dem Tod von Onkel und Tante hatte sie die Farm erst mal leer stehen lassen, weil sie keinen Fuß darauf setzen mochte. Schließlich hatte sie den Mut aufgebracht, das Grundstück zu verkaufen, aber zunächst das Haus und alle verfallenen Gebäude planieren lassen. Vor allem den Sturmkeller - ihre persönliche Strafkammer. Er wurde von Bulldozern eingerissen und aufgefüllt. Erst danach hatte sie den Besitz guten Gewissens verkaufen können.
    Sie erhielt einen anständigen Preis und genug Geld für einen Neuanfang. Was nur gerecht war, da man ihr das halbe Leben bereits geraubt hatte. Sie finanzierte ihre Ausbildung, um die Lizenz als Immobilienmaklerin zu erwerben, und behielt genügend übrig, um in einer ruhigen Stadt, in einem netten Viertel, wo niemand sie kannte, ein kleines Backsteincottage zu kaufen und zu möblieren.
    Sobald sie den Job bei Heston Immobilien bekommen hatte, trat sie mehreren Vereinigungen bei. Delores schrieb sie im Skyview Countryclub ein, weil die Mitgliedschaft ihrer Ansicht nach wichtig war, um potenzielle Kunden kennen zu lernen. Trotzdem hatte Tess immer noch ein Problem damit, sich als Mitglied eines Countryclubs zu sehen. Im Club hatte sie dann Daniel Kassenbaum kennen gelernt. Das verbuchte sie als großen Sieg und als Beweis für den Erfolg ihres neuen Lebensstils. Sie konnte alles erreichen und sich überall blicken lassen, wenn sie jemand von solcherHerkunft, Bildung, Arroganz und Kultiviertheit wie Daniel für sich gewann.
    Sie sagte sich immer wieder, dass Daniel gut für sie war. Er war solide, ehrgeizig, praktisch und vor allem, er wurde ernst genommen. Das nützte ihr, besser gesagt, sie brauchte ihn. So gesehen war es unbedeutend, ob er sie aus Gleichgültigkeit oder Unkenntnis nicht sexuell zu erregen verstand. Außerdem war sie ja nicht in ihn verliebt. Sie bevorzugte, keine Emotionen zu investieren. Liebe und Emotionen waren nicht die wichtigsten Zutaten für eine erfolgreiche Beziehung, eher für eine Katastrophe.
    Tess hielt den Miata vor 5349 Archer Drive an, blickte die Sackgasse hinauf und hinab und fand bestätigt, dass sie zu früh war. Kein Hinweis auf den Mann, mit dem sie um zehn verabredet war. Es gab überhaupt keinen Hinweis auf Leben. Die Pendler, die hier wohnten, waren längst zu ihren langen Fahrten zur Arbeit aufgebrochen, und alle, die hier bleiben durften, lagen wahrscheinlich noch in den Betten.
    Sie wollte die Zeit nutzen, um sich zu vergewissern, dass das zweistöckige Haus im

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