Magic Cleaning
Familienmitglieder mal wieder etwas herumliegen lassen, so fühlt man sich dadurch wesentlich weniger gestört. Wenn ich selbst meinen eigenen Raum aufräume und zufrieden bin, habe ich nicht mehr den Drang, meine Lieben zu maßregeln oder gar klammheimlich ihre Sachen wegzuwerfen. Falls ich doch das Gefühl haben sollte, dass die Gemeinschaftsräume wie Wohnzimmer oder Badezimmer unordentlich sind, so kann ich dort aufräumen, ohne darüber viele Worte zu verlieren. Diesen Mechanismus haben übrigens auch viele meiner Klienten kennengelernt. Sie sehen also: Es wirkt!
Wenn Sie sich von einer schludrigen Familie gestresst fühlen, dann werfen Sie doch mal einen kritischen Blick in die Zimmer, Schränke und Kommoden, in denen Sie Ihre eigenen Sachen aufbewahren. Dort werden Sie ganz sicher Dinge finden, die Sie entsorgen können. Wenn wir andere Menschen permanent dafür kritisieren, dass sie nicht aufräumen, ist dies oft ein Zeichen, dass mit unserer eigenen Ordnung etwas nicht stimmt.
Deshalb sollte man sich beim Entrümpeln immer zuerst die Dinge vornehmen, die einem auch tatsächlich gehören. Gemeinschaftlich genutzte Dinge können warten. Und zwar so lange warten, bis Sie selbst im Gleichgewicht sind und fair und rücksichtsvoll handeln können.
Nichts verschenken, nur weil Sie es nicht mehr haben wollen
I ch habe eine drei Jahre jüngere Schwester. Sie zieht es vor, zu Hause zu entspannen, Bilder zu malen oder Bücher zu lesen, anstatt auszugehen und sich mit anderen Leuten zu treffen. Sie ist also eher ein schüchterner und zurückhaltender Typ. Von klein auf war sie ein beliebtes Opfer für meine Forschungen zum Aufräumen, man könnte sogar sagen, sie ist bis heute die dadurch am meisten Geschädigte.
In meiner Phase, in der ich den Schwerpunkt auf das Wegwerfen legte, gab es ab und zu Dinge, die ich irgendwie nicht wegwerfen
konnte
. Zum Beispiel Kleidungsstücke, die mir nicht richtig passten, die ich aber doch sehr liebte. Ich probierte sie immer wieder vor dem Spiegel an, aber leider standen sie mir nicht. Meine Eltern hatten sie mir gerade erst gekauft, also brachte ich es nicht übers Herz, sie zu entsorgen. In diesem Fall befolgte ich die Aufräumstrategie «Geschenk an meine jüngere Schwester» – ein besonders perfider Trick! Auch wenn ich es «Geschenk» nannte, machte ich mir nicht die Mühe, das Kleidungsstück hübsch einzupacken. Ich stürmte stattdessen damit in ihr Zimmer, nahm meiner Schwester, die gerade auf dem Bett lag und las, das Buch weg und rief: «Du, möchtest du dieses T-Shirt haben? Ich schenke es dir!» Dann bearbeitete ich die derart Überfallene weiter: «Das ist noch ganz neu und sieht total süß aus! Wenn du es nicht willst, dann werfe ich es sofort weg. Soll ich das tun?», verschärfte ich meinen Tonfall, um sie zu einer Entscheidung zu zwingen. Daraufhin blieb meiner eingeschüchterten Schwester nichts anderes übrig, als zu antworten: «Ja, ist gut, ich nehme es.»
Da es nicht bei dem einen Teil blieb, quoll ihr Schrank immer vor Kleidung über, obwohl sie sich selbst kaum etwas kaufte. Natürlich trug meine Schwester die Kleidungsstücke, die ich ihr geschenkt hatte, aber es gab auch welche, die ich niemals an ihr sah. Trotzdem fuhr ich fort, ihr Klamotten zu «schenken». Die Sachen waren ja an sich nicht schlecht, und jeder kann immer einen Fummel mehr als notwendig gebrauchen … Dass diese Einstellung grundlegend falsch ist, bemerkte ich erst einige Zeit später, nämlich nachdem ich angefangen hatte, als Ordnungsberaterin zu arbeiten. Die Erkenntnis kam mir, als wir bei Frau K. ( 25 Jahre alt) Kleidung aufräumten. Frau K. war damals bei einer Kosmetikfirma angestellt, lebte aber noch bei ihren Eltern. Während ich beobachtete, wie meine Klientin eifrig Stück um Stück aussortierte, stieg ein Gefühl der Irritation in mir auf. Frau K. besaß durchschnittlich viele Kleidungsstücke, die einen etwas größeren Schrank füllten. Was aber nach dem Sortieren übrig blieb, war sehr wenig. Wenn ich sie fragte, ob dieses oder jenes Teil sie glücklich machen würde, verneinte sie meist. Ich nahm dann das Teil und sagte zu ihm: «Du hast deinen Zweck erfüllt. Danke.» Frau K. steckte es dann mit einem Gesichtsausdruck der Erleichterung in den Müllsack.
Bei genauerer Betrachtung bestand die Garderobe nach Frau K.s Geschmack hauptsächlich aus T-Shirts und bequemen Kleidungsstücken. Aber unter den Sachen, die sie nicht glücklich machten, befanden sich
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