Magic Cleaning
ein Ding zu sehen. Ein Fotoalbum schon eher, aber ein Foto? Nein. Aber gerade deshalb muss jedes Foto zwingend einzeln angeschaut werden. Tun Sie es, und Sie werden merken, wie erstaunlich einfach Sie die Erfüllung und Glück bringenden Bilder von den anderen unterscheiden können. Selbstverständlich heben wir nur diese auf, alle anderen dürfen Sie mit ruhigem Gewissen verabschieden und entsorgen. Gut im Rennen liegen Sie, wenn zum Beispiel pro Urlaubstag etwa fünf Fotos übrig bleiben, die die Ereignisse des Tages wiedergeben – an weitere Details werden Sie sich später beim Betrachten automatisch erinnern.
Es gibt gar nicht so viele Dinge, die es lohnen, mit der Kamera festgehalten zu werden. Bei Landschaftsfotos, die wir auf einer Reise gemacht haben, aber bei denen wir nun gar nicht genau wissen, wo das war, geht der Glücksfaktor gegen null. Solche Kunstwerke können direkt in den Müll wandern. Sicher hat es Ihnen damals sehr viel Spaß gemacht, diese Fotos zu schießen. Somit haben sie ihren Zweck bereits erfüllt. Vielleicht war Ihre Freude aber auch in dem Moment besonders groß, als Sie die Labortasche aus dem Fotoladen abgeholt haben und mit den Abzügen neugierig nach Hause geeilt sind. Auch dann wäre der Zweck erfüllt. Also bedanken Sie sich bei den Fotos für die schönen Minuten und lassen Sie sie los, indem Sie sie wegwerfen.
Manche Menschen horten große Mengen unsortierter Fotografien in diversen Kisten und Kästen. Der Plan ist, sich dann irgendwann als Rentner damit zu beschäftigen, sie zu ordnen, in Alben zu kleben und dabei in Erinnerungen zu schwelgen. Ich versichere Ihnen, dieses «Irgendwann» kommt nie, genauso wenig wie bei den Büchern, die man irgendwann lesen möchte. In meiner Tätigkeit als Ordnungsberaterin habe ich schon so viele Kartons mit unsortierten Fotos gesehen, dass ich aufgehört habe, sie zu zählen. Darunter waren auch Kartons, deren Besitzer gar nicht mehr lebten. Als ich eine Klientin fragte: «Was ist denn in diesen Kartons drin?», antwortete sie mir, es handele sich um alte Fotografien. Daraufhin empfahl ich, sich diesen erst ganz zum Schluss zu widmen. Sie gab zurück: «Nein, nein, die gehören meinem Großvater … Aber der ist letztes Jahr gestorben.» Ist das nicht traurig? Bitte verschieben Sie das Ordnen Ihrer Fotos nicht auf den Ruhestand. Wenn Sie sich im Alter daran erfreuen möchten, dann sortieren Sie sie bitte jetzt gleich. Machen Sie etwas Schönes daraus, ein Album, ein Fotobuch, wie man es im Internet bestellen kann, oder eine Diashow im Computer. Etwas, das Ihnen auch noch in vielen Jahren Erfüllung und Glück schenken kann. Außerdem möchten Sie doch im Hier und Jetzt leben. Macht es da Sinn, ein Zimmer mit Foto-Kisten vollzustellen (für später), wenn man den kostbaren Raum für viele andere Interessen und Aktivitäten nutzen könnte (und zwar schon heute!)?
Ich nähere mich so langsam dem Ende meiner Ausführungen über Erinnerungsstücke. Doch bevor ich dieses Thema abschließe, möchte ich noch auf einen «Spezialfall» innerhalb dieser Kategorie eingehen: Es sind die Erinnerungsstücke, die mit unseren Kindern zu tun haben. Davon können wir uns oft noch schwerer trennen als von sämtlichen Fotos, Liebesbriefen, Tagebüchern und romantischen Reisesouvenirs zusammen. Das Vatertagsgeschenk mit der noch unsicher gekritzelten Aufschrift «Danke, Papi», das Babyfoto des Sohnes auf dem Schreibtisch, der selbstgetöpferte Aschenbecher von der damals siebenjährigen Tochter. Wenn diese Dinge Sie auch jetzt noch glücklich machen, dann dürfen Sie sie natürlich gerne weiterhin aufbewahren. Doch wenn Sie sie nur behalten, weil Sie denken, dass Sie es dem Kind schuldig sind, dann stellen Sie doch einfach mal eine ganz offene Frage: «Wärst du traurig, wenn ich das Lesezeichen wegwerfe, das du im Kindergarten für mich gebastelt hast?» Wissen Sie, wie Ihr inzwischen erwachsener Sprössling reagieren wird? Nein? Sie werden zu hören bekommen: «Was? Das hast du noch?! Um Himmels willen, sofort weg damit!»
Haben Sie eigentlich noch die Schulzeugnisse aus Ihrer eigenen Kindheit? Oder andere Erinnerungsstücke? Als ich neulich bei einer Klientin deren 40 Jahre alte Schuluniform – ein süßes Matrosenkleid – entdeckte, zog es sogar mir das Herz zusammen. Dennoch (es hilft ja nichts) ließ ich sie es wegwerfen. Vergegenwärtigen Sie sich bei der Bewertung eines Erinnerungsstücks immer wieder, worin dessen eigentlicher Sinn, dessen
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