Magic Cottage

auf das Bild von Gramarye hinunter, dessen Schutzpapier bereits zurückgeschlagen war. Ich hörte Val nach Luft schnappen, und vielleicht schnappte auch ich nach Luft.
    Das Gemälde war nur mehr ein Chaos verschmierter Farben, alle Konturen waren verzerrt und verwischt, die ursprüngliche Kraftfülle des Bildes war reduziert auf ein häßliches Durcheinander, getrübt von einem wahllosen Gemisch von Farbkleksen, die Schöpfung eines geistesgestörten Künstlers.
    Nicht einmal das Sonnenlicht, das von seiner Oberfläche reflektiert wurde, konnte ihr Wärme einflößen.

Verführung
    Als hätten wir nicht genug Probleme, kam ein paar Tage später auch noch Kinsella.
    Ich erinnere mich nicht mehr genau, wie spät es war, aber ich weiß noch, daß die Nacht bereits ihre Vignetten über die
    Abenddämmerung legte und daß ich erst wenige Minuten vorher eine weitere melancholische Mahlzeit beendet hatte — ich schreibe eine weitere deshalb, weil uns die Freude seit dem Wochenende gründlich vergangen war; dreimal dürfen Sie raten, warum.
    Weiß der Himmel, welchen Eindruck Val Harradine von uns hatte, als sie am Sonntag nach Hause fuhr; Bobs Zwangsjackenmätzchen, mein Twilight-Zone-Bericht vom Leben auf dem Lande und schließlich und endlich Midges Schreikrampf und Zusammenbruch im runden Zimmer. Der pure Wahnsinn. Wahrscheinlich war sie davon überzeugt, daß hier unten etwas in der Luft war, das geistige Verwirrung und Paranoia hervorrief — und wer könnte es ihr verdenken?
    Ich übergehe die gegenseitigen Beschuldigungen und tränenreichen Szenen der nächsten Tage, weil sie Sie nur langweilen (und mich gründlich deprimieren) würden; es genügt anzumerken, daß unsere Beziehung eine ziemliche Zerreißprobe durchzustehen hatte. Ich versuchte Midge verzweifelt dazu zu bewegen, sich endlich der Tatsache zu stellen, daß Gramarye unerklärliche Geheimnisse umgaben, und ich glaube heute noch, daß sie es insgeheim längst wußte; aber seltsamerweise hätte sie das niemals offen zugegeben, als sei dies gleichbedeutend damit zu akzeptieren, daß das Cottage doch nicht ganz das Traumhaus war, das sie so inbrünstig gesucht und gefunden zu haben meinte.
    Natürlich beschuldigte sie Bob, ihr Gemälde ruiniert zu haben, ich rief ihn an, und natürlich leugnete er es (und zwar sehr energisch). Ich glaubte ihm. Midge nicht.
    Ich ging alles mit ihr durch, was seit unserer Ankunft in diesem Hause geschehen war — und betonte besonders die rasche Heilung meiner verbrühten Hand (was sie beharrlich Mycrofts wundersamen Kräften zuschrieb) - wir redeten und stritten und redeten, aber sie ... Nun, wie gesagt, Sie würden sich langweilen. Es endete damit, daß wir einen wackeligen Waffenstillstand schlossen, weil keiner von uns weiter streiten wollte.
    Da saßen wir also und sahen uns in der Stille vor dem Einbruch der Nacht über den Küchentisch hinweg an, als es an der Tür klopfte (die wir mittlerweile geschlossen hielten, sobald es draußen dunkel zu werden begann).
    Midge warf mir einen überraschten Blick zu, und ich stand auf und öffnete.
    Kinsella stand draußen, die Hände in den hinteren Taschen seiner Jeans, ein ungezwungenes Lächeln auf seinem hübschen Gesicht.
    »Hi, schön, Sie beide mal wieder zu sehen.« Er blickte an mir vorbei, auf Midge. »Hoffe, ich störe nicht beim Abendessen.«
    Midge schien froh, ihn zu sehen. »Überhaupt nicht - wir sind vor ein paar Minuten fertiggeworden.« Sie kam zu uns an die Tür.
    »Wie geht es Ihrem Arm, Mike?«
    Ich hielt ihn widerwillig zur Inspektion hoch.
    »He, sieht gut aus! Kein einziges gottverdammtes Brandmal.«
    Er grinste von einem Ohr zum andern. »Keine Schmerzen mehr?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Junge, das ist doch was!« Er blickte zum Gartentor zurück und wandte sich dann wieder uns zu. »Sehen Sie, wir wollten nicht einfach so hereinplatzen, aber es ist jemand mitgekommen, der Sie beide gern wiedersehen würde. Sie wissen, wen ich meine?«
    Ich sagte im stillen »Scheiße!«, und Midge sagte laut! »My-croft?«
    Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um über Kinsellas Schulter sehen zu können. »Er ist hierher gekommen?« fragte sie.
    »Yeah. Er war ziemlich beeindruckt von Ihnen beiden. Wir kamen gerade vorbei, und er war der Meinung, es wäre nett, Ihnen einen Besuch abzustatten — nur um zu sehen, wie es Ihnen geht. Schätze, es interessiert ihn, was Ihr Arm macht, Mike.«
    »Ahm . . .«, holte ich aus.
    »Oh, wir würden gern Hallo sagen«, sagte