Magic Girls 03 - Das Rätsel des Dornenbaums
Miranda einfach an Omas Sachen ging. Sie selbst hatte ja auch schon mal ein Fläschchen mit Waselnussöl geklaut und es Jana geschenkt.
Jetzt legte Miranda das komplette Skelett eines Fischs, einschließlich des Kopfes und der Schwanzflosse, auf die Fliesen.
»Woher hast du das?«, fragte Elena. Sie musste sofort an die Koi-Karpfen im Gartenteich denken, obwohl sie sich nicht viel aus ihnen machte. Miranda dagegen redete mit ihnen und die Kois versammelten sich dann immer vor ihr im Wasser.
»Ich hab das Skelett letzte Woche im Garten gefunden«, sagte Miranda. »Es lag in der Sonne und war ganz trocken. Wahrscheinlich hat eine Katze einen von unseren Kois gefischt, obwohl ich keinen vermisse. Ein Fischskelett kann man immer brauchen und ich konnte den Fisch ohnehin nicht mehr retten.«
Elena nickte. »In Ordnung.«
Miranda malte mit Kreide einen Drudenfuß auf die Fliesen. »Ich brauche Schutz«, erklärte sie. »Am besten wäre es, wir würden unsere magischen Kräfte bündeln und du würdest deine Kräfte auf mich übertragen.«
Es wurde Elena eiskalt. »Du meinst … ich soll … einen Handstand machen?« Der Gedanke jagte ihr Angst ein. Keine Hexe machte freiwillig einen Handstand, und bisher hatten sie und Miranda sich beim Schulsport auch immer davor gedrückt. Wenn sich Hexen auf den Kopf stellten oder einen Handstand machten, waren sie völlig wehrlos. Jeder andere konnte dann über ihre Zauberkraft verfügen. Auf diese Weise konnte man aber auch Kräfte bündeln oder einem anderen zur Verfügung stellen.
»Ich weiß, dass dir der Gedanke Angst macht«, sagte Miranda. »Aber ich wäre doppelt so stark und mein Versuch würde garantiert klappen.«
»Aber wenn etwas schiefgeht und eine böse Macht … eine böse Macht sich an uns rächen will, dann bin ich doch zuerst betroffen.«
»Du machst den Handstand natürlich in der Mitte des Drudenfußes.« Miranda zeichnete ein zweites Pentagramm auf den Balkon. »Das Pentagramm wird dich schützen. Es ist ein starkes magisches Zeichen.«
Elena kämpfte mit sich. Was sollte sie tun?
»Vertraust du mir nicht?«, fragte Miranda. »Hast du Angst, dass ich deine Kräfte für immer an mich reiße?«
»Unsinn, es ist nur …« Elena holte tief Luft. »Na gut, ich mach’s.«
Miranda umarmte Elena. »Ich habe doch gewusst, dass du mich nicht im Stich lässt! Du bist eine echte Freundin, Elena, wirklich.«
»Du auch«, murmelte Elena gerührt. »Du hast mich ins HEXIL begleitet, damit ich mich hier nicht so verloren fühle. Ich kann mir gar nicht vorstellen, was ich ohne dich gemacht hätte.«
»Wir werden immer füreinander da sein«, sagte Miranda feierlich. »Egal, was passiert. Weißt du noch, wie wir das Amulett gefunden haben?«
»Klar.« Elena konnte sich genau daran erinnern. Ihr Vater Leon war erst kurze Zeit ein Leguan gewesen und sie und Miranda hatten das Terrarium sauber gemacht. Im Sand hatte dann das rätselhafte Amulett gelegen. Den beiden Mädchen war sofort klar gewesen, dass Leon das Amulett verschluckt hatte, um es vor den Zauberrichtern zu verbergen. Elena und Miranda hatten das Schmuckstück gesäubert und es versteckt. Die Familie Bredov hatte erst davon erfahren, als Leon am Abend seiner Rückverwandlung das Amulett von Elena eingefordert hatte.
Miranda löste sich von Elena und trat einen kleinen Schritt zurück.
»Also los«, sagte sie. »Lass uns anfangen.« Mit einer Bewegung ihres Zeigefingers entzündete sie die schwarzen Kerzen auf dem Boden.
Elena starrte auf den Drudenfuß, dann trat sie einen Schritt zurück, streckte die Hände aus und machte einen Handstand. Die Beine in die Höhe zu bringen war keine Kunst; das Schwierige war, danach stehen zu bleiben. Miranda hielt Elenas Knöchel fest, bis sie sicher das Gleichgewicht gefunden hatte.
»Meine Kraft sei deine Kraft«, keuchte Elena und spürte im selben Moment, wie etwas von ihr ihren Körper verließ. Sie musste sich jetzt völlig darauf konzentrieren, nicht umzufallen. Daher nahm sie nur aus den Augenwinkeln wahr, was Miranda tat.
Miranda entzündete die Schale mit den Kräutern. Der Duft nach verbranntem Heu stieg in Elenas Nase und reizte ihre Atemwege. Miranda hockte sich in den zweiten Drudenfuß, vor sich das Buch. Auf ihren Oberschenkeln lag das Fischskelett. Die Kerzen flackerten, während Miranda einen leisen Singsang begann. Elena verstand kein einziges Wort; die Sprache war ihr völlig fremd. Dann hörte sie, wie Miranda den schweren Lederband
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