Magic Girls 08 - Die Macht der Acht
Sie versuchte, den Verschluss zu öffnen.
»Sei vorsichtig, Miranda!«, warnte Elena. »Vielleicht ist Gift drin oder es kommt ein böser Geist heraus.«
»Na, das mit dem Geist glaube ich kaum – aber du hast recht, der Inhalt könnte gefährlich sein«, erwiderte Miranda zögernd und ließ das Fläschchen in ihrer Jackentasche verschwinden. »Mona soll es untersuchen, sie hat mehr Erfahrung als wir.«
Hong-Loan spitzte die Ohren.
Ich glaube, da war ein Geräusch im Keller …
Ich sehe besser nach …
Da war sie wieder, diese rätselhafte Stimme, die offenbar nur sie allein hören konnte. Denn die anderen machten keine Anzeichen, etwas bemerkt zu haben. Aber diesmal war es nicht die Katze. Die Stimme war tiefer und klang männlich.
»Ich glaube, da kommt jemand«, flüsterte Hong-Loan panisch und schaute zur Tür.
Miranda reagierte blitzschnell. Sie zog Elena und Hong-Loan in eine Ecke und machte eine heftige Handbewegung. Einen Moment lang sah Hong-Loan alles wie durch einen weißen Nebel, dann wurde die Sicht wieder klar.
»Ein Tarnzauber«, flüsterte Miranda. »Niemand wird uns sehen. Elena, mach dein Licht aus!«
|129| Elena pustete auf das magische Licht in ihrer Hand. Es erlosch sofort. »Tür zu!«, wisperte sie.
Miranda bewegte den Zeigefinger. Die schwere Kellertür fiel lautlos ins Schloss. Miranda malte noch einen kleinen Kreis in die Luft, um die Tür wieder magisch zu verriegeln.
Kurz darauf hörten die drei Mädchen ein Geräusch an der Kellertreppe. Wenig später trat ein Mann ein und schaltete das elektrische Licht an. Es war Zacharias Malander. Er ging bis zur Mitte des Raums und sah sich misstrauisch um. Die Mädchen wagten kaum zu atmen.
»Ist da jemand?«, fragte Zacharias und drehte sich im Kreis.
Hong-Loan zitterte am ganzen Körper. Sie versuchte, Mirandas Tarnzauber zu vertrauen. Miranda wusste sicher, was sie tat. Schließlich hatte sie schon das Hexendiplom, genau wie Elena. Trotzdem hatte Hong-Loan Angst, dass Zacharias sie entdecken könnte. Dieser Mann war ihr äußerst unsympathisch – und Hong-Loans Bauchmuskeln waren völlig verkrampft. Das Gefühl erinnerte sie stark daran, dass sie sich bei der Begegnung mit der eigenartigen Nachbarskatze genauso unwohl gefühlt hatte. Ihr Körper befand sich im Alarmzustand. Es war, als wollte er sie warnen, dass mit diesem Mann etwas nicht stimmte. Hong-Loan hatte so etwas nie zuvor erlebt. Es beunruhigte sie zutiefst.
»Ich muss mich getäuscht haben«, murmelte Zacharias und kratzte sich am Kopf. Dann trat er an das Regal, von dem Miranda zuvor das Fläschchen weggenommen hatte. Er berührte einige Töpfchen und schob sie nachdenklich hin und her.
»Papa?«
Plötzlich stand Tiziana in der Tür. Sie war völlig lautlos aufgetaucht. Zacharias drehte sich um.
»Du sollst doch nicht immer so schleichen, Tizzi! Wie oft habe ich dir das schon gesagt!«
|130| »Was machst du hier mitten in der Nacht, Papa? Stimmt etwas nicht?« Tiziana trat neben ihren Vater. Sie trug zwar ein violettes Nachthemd, aber sie sah gar nicht verschlafen aus. Ihre Augen glänzten vor Unternehmungslust.
»Ich hatte plötzlich das Gefühl, dass jemand im Keller ist. Da wollte ich lieber mal nachschauen«, antwortete Zacharias. »Aber wenn du schon da bist, kannst du mir auch bei unserer Arbeit helfen. Ich war sehr erfolgreich heute. Holst du mal den Trichter?«
Tiziana nickte und öffnete ein Kästchen in der Ecke. Sie nahm einen silbernen Trichter heraus.
»Brauchst du auch ein neues Fläschchen?«, fragte sie und griff schon nach einer leeren Flasche, die auf dem Tisch stand.
»Ja«, sagte Zacharias, während er den Ärmel seines Schlafanzugs hochkrempelte.
Tiziana schraubte den Deckel des Fläschchens ab und steckte den Trichter in die Öffnung. Dann hielt sie ihn unter Zacharias’ Hand, die dieser zur Faust geballt hatte. Die beiden machten den Eindruck eines gut eingespielten Teams.
Plötzlich verzog Zacharias das Gesicht, als habe er große Schmerzen.
»Der Spruch, Tizzi«, stieß er hervor. »Sag ihn auf! Damit geht es besser …«
Tiziana begann leise zu murmeln:
»Komm, Magie, so weiß und rein,
trau dich raus! Und fließ hinein,
sammle dich in diesem Topf,
den verschließen wird ein Pfropf.
Deine Kraft wird aufbewahrt,
bis dann jenes Treffen naht,
wo der Meister dich begrüßt
und in seinen Leib du fließt.«
|131| Zacharias hatte die Augen geschlossen. Er öffnete und ballte die Faust, als wollte er darin
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