Magic Girls 10 - Der goldene Schlüssel
du bei einem deiner Freunde eingeladen bist! Und erst recht nicht im Kindergarten!«
»Klar doch, Mama!«, antwortete Rufus und grinste.
Mona kam zur Küchentür herein und mit ihr ein Hauch von Maiglöckchenparfüm. »Jeremias ist weg«, sagte sie ohne Begrüßung. »Sein Zimmer ist leer.«
»Vielleicht macht er ja nur einen Morgenspaziergang«, vermutete Jolanda.
»Dazu hinterlässt man keinen Abschiedsbrief!« Mona zog einen Zettel aus ihrer Tasche und legte ihn auf den Tisch. Jeremias hatte eine Seite aus einem Notizbuch herausgerissen. Die Schrift war zittrig und kaum lesbar. Mona begann laut vorzulesen.
Ich habe genug! In diesem Hause scheint mich jeder zu verdächtigen, ein dunkles Geheimnis zu haben. Ich will einfach meine Ruhe. Lebt wohl und sucht nicht nach mir.
Jeremias
PS: Jolanda, es tut mir leid.
Ich wäre dir gern ein besserer Vater gewesen.
Einige Minuten lang war es mucksmäuschenstill in der Küche, bis alle den Schock verdaut hatten. Miranda brach als Erste das Schweigen.
»Deswegen hat er also das Knopf-Orakel befragt.«
»Genauso ist es«, sagte Mona. »Offenbar hat er schon länger mit dem Gedanken gespielt zu gehen. Er hat nur noch auf den passenden Zeitpunkt gewartet.« Ihre Augen funkelten vor Zorn.
Jolanda war fassungslos. »Aber … aber … ich dachte, es gefällt ihm bei uns! Wir haben doch alles getan, damit er sich hier wohlfühlt! Und erst gestern hat er zu mir gesagt, dass er sich auf das Baby freut und es gar nicht abwarten kann, bis es im Februar zur Welt kommt.« Sie brach in Tränen aus.
Rufus kletterte gleich auf ihren Schoß und versuchte sie zu trösten. »Nicht weinen, Mama!« Er streichelte ihr braunes Haar. »Du hast doch mich!«
Jolanda lächelte unter Tränen und drückte Rufus an sich.
Elena war wütend auf ihren Großvater. Sie würde ihm nie verzeihen, dass er sich so davongeschlichen hatte.
»Dann … dann kann ich ja wieder in mein altes Zimmer ziehen«, murmelte Miranda. Sie hatte das Zimmer frei gemachtund war zu Elena gezogen, als Jeremias ins Haus gekommen war.
Mona setzte sich wortlos an den Tisch. Mit einem Knall spuckte der Toaster die nächsten Scheiben aus. Sie flogen wie zwei Geschosse durch die Luft und landeten auf Monas Teller. Mona bestrich sie mit Butter, dann häufte sie gewaltige Mengen Brombeermarmelade darauf. Normalerweise wäre die Marmelade an der Seite heruntergelaufen, doch ein kleiner Zauber verhinderte dies. Das war der Vorteil, wenn man hexen konnte.
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Jolanda und wischte sich die letzten Tränen aus dem Gesicht. »Glaubt ihr, er ist in die Hexenwelt zurückgegangen?« Sie schüttelte den Kopf. »Ich mache mir Vorwürfe, vielleicht haben wir uns nicht genug Mühe gegeben, damit er sich hier zu Hause fühlt.«
»Wir
haben
uns Mühe gegeben!« Mona biss in ihr Toastbrot. »Wenn er unbedingt gehen will, dann soll er eben gehen. Ich weine ihm keine Träne nach.«
Danach herrschte erst einmal Schweigen am Küchentisch. Die Stimmung war gedrückt. Elena versuchte, an etwas Schönes zu denken. An Milan zum Beispiel. Ob er sie heute anrufen würde? Wann würden sie sich wohl das nächste Mal treffen?
Mona war zuerst mit dem Frühstück fertig und rauschte hinaus. Die Tür fiel hinter ihr geräuschvoller zu als sonst. Gleich darauf wurden in der Eingangshalle Stimmen laut. Wenig später stürzte Daphne in die Küche. Ihr Haar leuchtete lila und rot – das Ergebnis der gestrigen Haarfärbe-Prozedur.
»Stimmt es, dass Opa Jeremias weg ist?«
»Es sieht so aus«, antwortete Jolanda.
Daphne schnappte sich einen Stuhl und setzte sich an den Tisch. »Dann blockiert er wenigstens nicht mehr das Bad.«
»Es scheint dich ja nicht wirklich zu interessieren, dass er fort ist«, stellte Elena vorwurfsvoll fest.
»Nicht sehr.« Daphne konzentrierte sich auf ihren Teller, schnippte mit dem Finger, und im Nu lag ein Berg Pommes frites darauf. »Jeremias war langweilig. Er hat sich für keine einzige Fernsehsendung interessiert. Und er hat mir nie Auskunft gegeben, wenn ich ihn wegen eines Zauberspruchs um Rat gefragt habe. Außerdem habe ich ihn einmal dabei erwischt, wie er unsere Haare aus der Bürste gezupft und eingesteckt hat.«
»Er hat wirklich unsere Haare gesammelt?«, fragte Miranda alarmiert.
»Ja.« Daphne sah von ihrem Teller auf, eine Fritte im Mundwinkel. »Ich habe ihn natürlich darauf angesprochen. Er hat sich irgendwie rausgeredet. Ich bin sicher, er veranstaltet mit den
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