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Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Titel: Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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Partygranaten!

32. Der Junge mit dem weißen Pferd
    Der Club
war ziemlich klein
und hatte keinen Namen draußen dran, er war im Souterrain eines kleinen Hauses
mitten im Studentenviertel und er erinnerte mich an das Hinterzimmer in
den Achtzigern, er hatte dieselbe trashige Sperrmülleinrichtung, und in einer
Ecke ganz hinten gab es eine kleine Bühne für das DJ-Pult. Ich ging mit rein
und kaum waren wir alle drin, war der Laden auch schon so gut wie voll, obwohl
sonst keiner da war, nur zwei Leute vom Club, kein Wunder, es war ja auch erst
halb elf oder so, aber Raimund wurde trotzdem nervös. »Was ist denn hier los,
habt ihr die Plakate nicht geklebt oder was?«, sagte er, worauf die Leute vom
Club nur sagten: »Hallo Raimund«, und dann gingen sie mit allen in die
Backstage, damit sie dort ihre Taschen hinbringen konnten, nur Ferdi und ich
blieben am Tresen und Ferdi ging hinter die Theke und holte dort zwei Flaschen
Bier hervor und schob mir eine rüber. Es waren Flaschen mit Schnappverschluss
und ich stellte meine ungeöffnet ab und steckte die Hände in die Jackentaschen,
während Ferdi seine aufploppen ließ und mir zuprostete.
    »Ich geh
dann mal«, sagte ich zu Ferdi, »ihr kommt ab jetzt ja wohl alleine klar.«
    »Ja, und
hol uns hier morgen früh bloß raus, sonst schaffen wir Köln nicht, ehrlich
mal!«
    Aus dem
hinteren Teil kam Gelächter und dann drang das erste Bummbumm nach vorne, mal
lauter, mal leiser, wahrscheinlich eine Art Soundcheck. Höchste Zeit zu gehen;
noch ein paar Minuten länger und ich würde die Bierflasche aufmachen, das war
klar, ich merkte schon, wie die Lust, mich an den Tresen zu setzen und das Bier
zu trinken und eine zu rauchen und einfach immer weiter sitzen zu bleiben und
dabei zu sein, während alle immer lustiger wurden und Scheiß bauten, wie diese
Lust also in mir aufstieg und auch gleich von überall die Stimmen mit den
hilfreichen Argumenten kamen, die inneren Party People, die sofort loslegten,
als der Gedanke, sich zu setzen und noch kurz zu bleiben, erstmal gedacht war,
da standen sie gleich auf der Matte und legten los, denn das war ja Quatsch,
wenn man schon mal hier war, dass man das nicht auch gleich noch ein bisschen
auskostete, was war denn schon dabei, es musste ja nicht gleich Bier sein, es
ginge ja auch erstmal eine Cola, mal nicht gleich das Kind mit dem Bade
ausschütten, auch mal lockerlassen und überhaupt, wer weiß, ob ich überhaupt
jemals ein Multitox gewesen war, und nur mal so eine halbe Stunde Bummbumm,
solange noch keiner da ist, das kann ja wohl nicht das Problem sein, und Bier
ist ja wohl sowieso noch nie das Problem gewesen, dann eben einfach mal Koks
und Schnaps und Speed und E und all das weglassen, das kann ja wohl nicht so
schwer sein, ist doch bloß das Multi das Problem beim Multitox, so kam es von
allen Seiten, aber irgendwo war auch der gute alte Werner, der um sich schlug
und die Party People in den Arsch trat und pausenlos »Aufhören, aufhören, zur
Not einfach weglaufen« rief, der war auch nicht faul, der gute alte Werner, und
ich dachte an den Witz, wo zwei Leute vor dem Richter stehen und jeder gibt
ihm einen Umschlag, und in jedem Umschlag sind hundert Mark Schmiergeld drin
und der Richter nimmt beide Umschläge und guckt rein und sagt: »Dann kann ich
ja unparteiisch entscheiden!«, so ging es mir in diesem Moment auch, es stand
unentschieden, mir gefielen die Party-People-Stimmen nicht besonders, ich
wusste ja, dass sie unrecht hatten, aber ich hatte auch keine Lust, Werners
Ermahnungen einfach so nachzugeben, es musste doch bessere Argumente fürs
Gehen geben als nur, dass Werner wie immer recht hatte und dass ein Hierbleiben
zu gefährlich war, das reichte nicht, das war mir zu negativ, es konnte ja
nicht sein, dass man überhaupt keinen Spaß mehr im Leben hatte und von einem
der Supervision unterworfenen Altonafreak auf ewig ferngesteuert wurde, und
außerdem hatte ich keine Lust, alleine in die Nacht hinaus und zurück zum
Fluxi-Hotel zu gehen, wo auf mich ein Zimmer mit Zustellbett und ein Elch
warteten, und so stand ich da unentschlossen herum, bis es noch ein Argument
gab, das mir gerade noch rechtzeitig einfiel, während ich da am Tresen stand
mit dem geschlossenen Bier und den Händen in den Jackentaschen, ein Argument,
das in letzter Minute um die Ecke kam, wie der Junge mit dem weißen Pferd,
doof, aber hilfreich, nämlich das professionelle Argument, einfach professionell
sein und den Job machen und deshalb

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