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Magical Mystery

Magical Mystery

Titel: Magical Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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Sparkassenfiliale. Dort zählte ich noch einmal das Geld nach, das Raimund mir am Morgen gegeben hatte, und zahlte es aufs Konto ein. Dann fuhr ich ins Studentenviertel und ging dort in eine Eisdiele, die mir am Morgen auf dem Weg zum Club aufgefallen war. Ich ließ mir einen Kaffee geben, holte meine ganzen Quittungen und Belege und einen Reparaturzettel vom Kinderheim aus der Jacke und machte auf dessen Rückseite eine vorläufige Buchführung mit Kontobuch und Kassenbuch und was weiß ich nicht noch allem, alles sehr rüdigerhaft mit krakeligen Buchstaben und freihändigen Tabellenlinien und so weiter, ich nahm mir vor, später ein Heft dafür zu kaufen. Als ich damit fertig war, war es 12.15 Uhr. Ich trank noch einen Kaffee und blätterte in einer Zeitung namens »Weser Kurier«, aber ich merkte schon bald, wie sich beim Lesen dieser dann doch sehr für Bremen und die Bremer gemachten Zeitung das dunkle Gefühl anschlich, mit jedem Artikel über die Renovierung eines Einkaufszentrums oder die Pläne für eine Umgestaltung der Fahrradwege kam es näher, bis es direkt hinter dem Zeitungspapier lauerte, ich spürte, wie es mir den Atem abschnürte und die Panik kalt den Nacken hochkroch, ich musste da raus, Eisdiele mit »Weser Kurier« war definitiv das falsche Ding, also ging ich um die Ecke in eine Pizzeria und aß eine »Pizza Lupara« mit Knoblauch und Tintenfischringen, und dazu trank ich eine große Cola, um wachzubleiben, denn das war mir schon klargeworden, dass ich mein übliches kleines Nickerchen, das ich in der Regel im Sitzen in Rüdigers altem Schaukelstuhl im Kinderzoo durchzog, seit Herr Munte bei den Gänseblümchen lag, jedenfalls am heutigen Tag würde abschreiben können, und als ich damit durch war, war es noch keine dreizehn Uhr und mir fiel absolut nichts mehr ein, was ich hätte machen können, außer mir ein kleines Heft und einen neuen Kugelschreiber für die Buchführung zu kaufen, was ich dann auch gleich tat, in einem Schreibwarenladen, an dem ich auf dem Weg zum Auto vorbeikam, das dauerte natürlich, ich trödelte am Regal mit den Schulheften herum, bis eine misstrauische Verkäuferin mich fragte, was ich denn um Himmels willen bloß so lange suchen würde, was ihnen denn in ihrem Sortiment bloß fehlen würde, dass ich so ratlos vor den Schulheften stehen könnte, eine Unverschämtheit eigentlich, die ich mit den Worten »DIN-A6-Heftchen mit Karos, aber ohne abgerundete Ecken« parierte, was die Sache nur unwesentlich hinauszögerte, schließlich ging auch dieser Arbeitsschritt seinem Ende entgegen und nach der anschließenden Übertragung meiner vorläufigen Reparaturzettelbuchführung in das gekaufte Heft inklusive dem zusätzlichen Verbuchen der Kosten für ebendieses Heft, zwei Handlungen, die ich in einem kleinen Omacafé in der Nähe vornahm, wozu ich auch noch zwei Tassen Filterkaffee, den sie dort noch kannten, zu mir nahm, war ich fix und fertig mit allem, gab es absolut nichts mehr zu tun, nicht einmal mehr vorgeschobene Ersatzhandlungen zu verrichten, dabei waren es noch zwei und eine dreiviertel Stunde bis zur Abfahrt nach Köln und ich war dann doch, während ich mir im Omacafé am zweiten Kaffee, der definitiv nicht mehr funktionierte, der mich nicht mehr dafür entschuldigen konnte, dort noch immer zu sitzen, bei dem es mir schon, während er gerade erst gebracht wurde, die Kehle zuschnürte, weil ich eigentlich nur noch raus und weiter und irgendwie weg von dem wollte, was mich von innen heraus zu zerreißen drohte, sodass ich mir die Zunge verbrannte, als ich ihn hastig austrank, denn hier machten sie nicht nur Filterkaffee, sie wussten sogar, wie man ihn heiß in eine Tasse kriegte, immerhin, jedenfalls war ich dann doch, während mir die Schmerzen im Mund für kurze Zeit Erleichterung brachten, weil sie mich ablenkten von dem dunklen Ding, jedenfalls war ich dann doch nicht mehr ganz so überzeugt, dass es richtig gewesen war, St. Magnus auszulassen, jetzt, wo ich merkte, wie sehr ich mich nach Bewegung sehnte, um mit ihr das dunkle Gefühl zu verscheuchen, das nun nicht mehr hinter der Zeitung oder in einer Ecke des Raumes saß, sondern ganz klar in den Knochen, in den Beinen vor allem, die ich, während ich an dem kochendheißen Kaffee schlürfte und mir den Mund dabei verletzte, um die Stuhlbeine geschlungen hatte, so fest, dass ich merkte, wie diese Stuhlbeine langsam nachgaben und abzubrechen drohten und ich sah mich schon mit einem dreibeinigen Stuhl unterm

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