Magical Village 1 Zimt und Zauber
Hause.«
Ausgerechnet, wenn sie wirklich jemanden zum Reden gebraucht hätte, war das Haus leer. Immer noch zittrig, drehte Lulu das künstliche Kaminfeuer auf höchste Stufe, schaltete den Fernseher und die meisten Lampen an und ging in die Küche, um sich einen Kaffee zu kochen.
»Oh Mann …«, sagte sie beim Anblick der auf dem Küchentisch verteilten Papierstapel samt Laptop und willkürlich verstreuten Klebezetteln. Offenbar war Mitzi vom Gemeindesaal nach Hause gekommen und noch einmal ausgegangen. Und zwar in Eile. Lu lächelte. Wahrscheinlich mit Joel. Zumindest für die beiden schien der keltische Apfelzauber
gut gewirkt zu haben. Ja, warum auch nicht? Ganz unbeabsichtigt hatten Mitzi und Joel an Halloween alles genau richtig gemacht.
Richard und Judy kletterten vergnügt aus dem Wäschekorb und strichen Lu um die Beine, bis sie ihnen etwas zu fressen gab. Während sie müde mit der Gabel Thunfischstücke in die Näpfe schaufelte, las sie Mitzis Notizen. Da waren mehrere Rezepte, ein Partyplan, irgendetwas Schräges, das mit Hair und dem FFC zu tun hatte – um Himmels willen! -, Stichpunkte zu einem Weihnachtsessen und eine reichlich merkwürdige Liste mit Zutaten, die möglicherweise für Dolls und Bretts Hochzeitsmahl gedacht waren.
»Euer Frauchen«, sagte Lulu zu Richard und Judy, als sie deren Näpfe auf den Boden stellte, »schießt bei der Aktion ›das Leben in die Hand nehmen‹ in schwindelerregende Höhen empor.«
Eigentlich war die Vorstellung ganz schön deprimierend, dass Mitzi mit ihrem neuen Leben wie in Siebenmeilenstiefeln vorankam und auch Doll und der langweilige Brett nun kurz vor einem Schritt standen, der ihr Leben für immer verändern sollte.
Lulu goss mit der einen Hand Wasser auf den löslichen Kaffee und wühlte mit der anderen in Mitzis Unterlagen, bis sie schließlich Granny Westwards Buch zum Vorschein gebracht hatte.
»Hah!« Triumphierend grinste sie zu Richard und Judy hinüber, die allerdings viel zu sehr mit ihrem Thunfisch beschäftigt waren, um sie zu beachten. »Jetzt wollen wir mal sehen, was ich so zusammenbrauen kann, um mein Leben ins Lot zu bringen und mir einen Mann zu angeln. Mum ist nicht die einzige Amateur-Kräuterhexe in dieser Familie.«
Sie klemmte sich das Buch unter den Arm und marschierte ins Wohnzimmer.
Aufs Sofa gekuschelt, während im Hintergrund leise der Fernseher lief, wärmten das Feuer und der Kaffee sie wieder auf, und die Schrecknisse der Hundefarm begannen ein wenig zu verblassen. Inzwischen waren die armen kleinen Kerlchen bestimmt in der Hundestation des Tierheims und wurden dort gefüttert und gehätschelt. Sie würde morgen früh gleich als Erstes dort anrufen und sich erkundigen, wie es ihnen ging.
Lu blätterte behutsam die vergilbten Seiten um und überflog die Rezepte. Aha – dieses hier sah interessant aus. Süße Sternschnuppen. Sie besah sich die krakelige Schrift. Granny Westward zufolge verstärkten Süße Sternschnuppen, wenn man sie frisch gebacken aß und den dazugehörenden Zauberspruch aufsagte, nicht nur die telepathischen Fähigkeiten und setzten erstaunliche astrale Kräfte in Gang, sondern brachten außerdem noch immerwährendes Glück. Klang genau wie das, was sie brauchte. Das einzige Problem bestand darin, dass die Hauptzutat aus einem Zeug namens »Badiana« bestand. Wo zum Teufel sollte sie das mitten in der Nacht auftreiben? Noch dazu in Hazy Hassocks? Im Supermarkt Big Sava, selbst wenn er bis spätabends geöffnet hatte, gäbe es ja wohl kaum Zauberkräuter des frühen zwanzigsten Jahrhunderts im Sonderangebot. Und der andere infrage kommende Laden – Herbie’s Healthfoods – war schon seit Stunden geschlossen.
Mist. Lulu seufzte verzweifelt und blätterte noch einmal das Buch durch. Es sah nicht so aus, als ob man ersatzweise etwas anderes verwenden könnte, und von den übrigen Rezepten bot keines ganz das, wonach sie suchte. Vielleicht hatte Herbie ja doch noch geöffnet oder machte gerade Inventur oder so was?
Fest entschlossen, nichts unversucht zu lassen, durchstöberte sie Mitzis Adressbuch und wählte Herbies Nummer.
Nachdem sie es eine Minute lang unentwegt hatte läuten lassen und gerade schon wieder auflegen wollte, ging Herbie an den Apparat.
»Ähm, hallo. Tut mir leid wegen der Störung, ich weiß, es ist schon spät. Hier ist Lu, die Tochter von Mitzi Blessing. Ich wollte fragen, ob Sie mir vielleicht helfen können -«
»Falls Ihre Mutter irgendwas Schlimmes angerichtet
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