Magical Village 1 Zimt und Zauber
hat, dann sicher nicht«, meinte Herbie vergnügt. »Ich habe sie davor gewarnt, mit magischen Kräutern herumzuhexen. In den Händen eines Amateurs können sie tödlich sein.«
»Äh – nein, hat sie nicht. Ich meine, sie hat nichts Schlimmes angerichtet. Es ist nur so, dass ich hier ein Rezept gefunden habe, und dafür braucht man ein spezielles Kraut, und ich wollte fragen …«
Herbie atmete geräuschvoll ein und kicherte ein bisschen. Lulu runzelte die Stirn. Liebe Güte! Es war doch immer das Gleiche mit diesen alten Hippies!
»Ach, worum geht es denn?« Herbie gluckste und sprach nun etwas undeutlich. »Was für toxische Noxine wollt ihr Blessings denn diesmal unter die Dorfbevölkerung bringen?«
»Es ist nur zum persönlichen Gebrauch«, sagte Lu entrüstet. »Es heißt Badiana. Sie haben wohl nicht zufällig -«
»Nein, habe ich nicht, aber Sie haben Glück, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass Ihre Mutter davon etwas im Küchenschrank hat. Reste von ihrer Halloween-Party. Sie hat es zur Dekoration verwendet. Hab’s selbst gesehen. Glaub ich zumindest. Ich nehme mal an, dass ich da nicht halluziniert habe.«
»Tatsächlich?« Lulu setzte sich auf, dann fiel ihr ein, dass
Herbie eindeutig bekifft war, sowohl jetzt als auch bei der Party, und seine Aussagen vielleicht nicht ganz zuverlässig wären. »Wieso? Haben Sie es ihr verkauft?«
»Nö«, antwortete Herbie und gluckste vor Lachen. »Das kriegt man heutzutage in jedem Supermarkt. Die Leute verwenden es andauernd, seit diese öligen Fernsehköche in den Neunzigern angefangen haben, so zu tun, als sei es ein absolutes Muss. Wir sprechen von Sternanis.«
Lulu zog die Augenbrauen hoch. »Was, diese winzigen rotbraunen Dinger, die wie kleine Sterne aussehen?«
»Ja, das sind die kleinen Schlingel«, kicherte Herbie. »Die Samen wurden schon seit vielen Jahren in der Naturheilkunde verwendet, lange bevor die schnöseligen Fernsehköche sie in die Finger gekriegt haben und -«
»Okay, danke«, unterbrach Lulu, bevor Herbie noch einmal dieselbe Leier abließ. »Und – äh – entschuldigen Sie bitte die Störung.«
»Kein Problem«, sagte Herbie, inhalierte wieder und klapperte mit dem Telefon, offenbar in dem Versuch, den Hörer auf die Gabel zu hängen. »Alles cool, Schätzchen.«
Als er es endlich geschafft hatte aufzulegen, schüttelte Lulu erneut den Kopf über das empörende Benehmen der älteren Generation. Aber, bekifft oder nicht, Herbie war ihr eine große Hilfe gewesen, und wenn wundersamerweise tatsächlich noch Sternanis in der Küche übrig war, könnte sie die süßen Sternschnuppen im Handumdrehen zusammenrühren. Versonnen lächelnd ging sie mit Grannys Buch unter dem Arm wieder in die Küche zurück.
Zu ihrer Freude fand sie im Vorratsschrank nicht nur ein Tütchen mit getrocknetem Sternanis, sondern auch alle anderen Zutaten – Eier, Zucker und Sahne. Süße Sternschnuppen
schienen so eine Art Baisers mit Sternanis zu sein. Man sollte die Kerne herauspulen, und die sternförmigen Außenhüllen mussten für spätere Verwendung unversehrt bleiben. Lu drehte den Backofen an, brachte die Sahne vor Richard und Judy in Sicherheit und machte sich ans Werk, die Samen vorsichtig aus den Hüllen zu lösen, um diese, Grannys Anweisung gemäß, nicht zu beschädigen.
Nach einem geringfügigen Malheur beim Trennen der Eier, sehr zur Freude von Richard und Judy, hatte Lulu die Mischung schließlich steif geschlagen, in geriffelte Papiertütchen abgefüllt, die ihrer Meinung nach in etwa dem entsprachen, was Granny als »Pastetenförmchen« bezeichnete, und in den Ofen geschoben.
»So«, sagte Lu zufrieden zu den eiverschmierten Katzen. »War ja wohl babyleicht, oder? Und in nur zehn Minuten sind sie fertig – dann muss ich sie essen, solange sie noch warm sind, und laut sagen, was ich mir wünsche – oh, und dabei natürlich gleichzeitig das Sternchenzeugs in einer Hand halten. Also, Shay kann schon mal anfangen, sich in Acht zu nehmen …«
Nachdem die Eier verschwunden und die Schlagsahne außer Reichweite war, verloren Richard und Judy das Interesse, bedachten sie mit herablassenden Blicken und kuschelten sich wieder geschmeidig in den Wäschekorb, wo sie anfingen, sich gegenseitig das Fell zu lecken.
Die zehn Minuten vergingen quälend langsam, doch schließlich hatte Lulu ein Tablett voller schön aufgegangener, knuspriger Baisers mit goldgelben Häubchen. Die Anissamen verliehen ihnen ein leicht pockennarbiges Aussehen, doch
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