Magical Village 2 Sonne, Mond und Liebeszauber
ringsumher. »Sie muss ja Geld haben wie Heu, wenn das alles ihr gehört! Und all diese Leute … Sind das die Gäste?«
»Liebe Güte, nein. Das sind nur die Hilfskräfte, die Tarnia engagiert hat, um bei der Party für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen. Sie selbst rührt keinen Finger.«
»Ach so – und, oh, wow!« Amber hätte Mitzi vor Begeisterung beinah am Arm gepackt. »Sie hat eine Kirmes!«
»Nur für heute Abend. Das ist keine dauerhafte Einrichtung. Sie leistet sich außerdem für Zigtausende Pfund ein riesiges extravagantes Feuerwerk – veranstaltet von The Gunpowder Plot , der größten Pyrotechnikfirma im Süden Englands, gehört einem Typ namens Guy Devlin, der reinste Sexgott auf zwei Beinen, dem Tarnia unbedingt an die Wäsche will, der arme Kerl – und außerdem …«
Die restliche Aufzählung erreichte Ambers Ohren nicht mehr. Sie war viel zu verzaubert von dem Rummel: altmodische traditionelle Fahrgeschäfte in dunklen Farben und glänzendem Gold. Traumhaft schön. Und nostalgisch. Nicht diese rasenden Hi-Tech-Anlagen, die heutzutage scheinbar auf keinem Jahrmarkt fehlen durften. Es war wie im Bilderbuch: Da gab es einen
Turm mit spiralförmiger Rutsche und ein Riesenrad und eine Geisterbahn und ein Karussell mit Flugzeugen und eine Kirmesraupe und, oh ja, welche Wonne – galoppierende Pferde!
Das riesige Karussell mit den sorgfältig bemalten Pferden auf bonbonbunten, gedrehten Messingstangen stand still und schweigend in der Abendsonne und funkelte wie ein Juwelenkästchen, Tausende von Glasprismen reflektierten regenbogenbunte glitzernde Lichter.
»Petronella Bradleys und Jack Morlands Nostalgie-Jahrmarkt«, entzifferte Amber leise die Aufschrift der dunkelroten Wagen. »Ooh – was für Glückspilze, wer sie auch sein mögen. Stell dir nur vor, du verbringst dein ganzes Leben auf Reisen von einem Ort zum anderen mit all diesen wunderbaren Sachen und bist frei wie ein Vogel und – oh, Mann – was zum Teufel ist denn das da drüben für ein Ding?«
»Eine Jahrmarkts-Dampfmaschine«, erklärte Mitzi schmunzelnd. »Hast du noch nie eine gesehen? Nein, wohl kaum – ein herrliches Ungetüm, findest du nicht?«
»Beeindruckend … Und ist das daneben eine Art Orgel? Das Gerät mit all den Verzierungen, hinter der Bühne? So etwas habe ich als Kind mal im Tanzsaal vom Blackpool Tower gesehen …«
»Das ist eine Jahrmarktsorgel. Die Dampfmaschine treibt sie an – ein faszinierender Anblick – und der Klang ist wundervoll. Beides gehört Flynn und Posy Malone aus Steeple Fritton – nicht weit von hier. Als Posy und Flynn letztes Jahr geheiratet haben, sind sie mit der Dampfmaschine zur Kirche gefahren – über und über mit Blumen und Bändern geschmückt. Der Verkehr in Steeple Fritton ist vollständig zum Erliegen gekommen, kann ich dir sagen.«
Amber schmunzelte vor sich hin. War das cool! Solche Sachen hatte sie bei sich zu Hause nie gesehen.
»Und wozu ist die Bühne? Gibt es eine Show?«
Mitzi verzog das Gesicht. »Ja nun – die Bühne ist für die
Cancan-Tänzerinnen aus Bagley-cum-Russet. Da hatte ich ein bisschen die Hand mit im Spiel. Eine von meinen Fitten Fünfzigern – das ist eine lange Geschichte: So viele Leute über fünfzig auf dem Abstellgleis, die noch viele Jahre sinnvolles Leben vor sich haben, aber kaum irgendwelche Perspektiven, und dann gehörte ich auf einmal auch dazu. Tja, und irgendwer musste da etwas unternehmen, also hab ich es getan – die ganzen pikanten Details erzähl ich dir ein andermal. Jedenfalls hatte sie sich immer gewünscht, mal in den Folies-Bergères zu tanzen, aber mit zweiundfünfzig war das natürlich kaum noch zu machen. Also haben wir einen Aushang entworfen, in Bagley-cum-Russet ein paar andere gleichgesinnte Hupfdohlen gefunden, und die Truppe war geboren.«
»Unglaublich.«
»Ach, hier in der Gegend ist alles Mögliche ziemlich unglaublich«, erwiderte Mitzi lachend. »Und jetzt kommt gleich das Unglaublichste von allem, nämlich Tarnia.«
Das Innere des Hauses war, wie Mitzi vorausgesagt hatte, erstaunlicherweise sogar noch geschmackloser als das Äußere. Amber sah sich blinzelnd in den Weiten der marshmallow-rosaweißen Halle um. Da gab es eine polierte, verschnörkelte Treppe wie in »Vom Winde verweht« und Statuen und Springbrunnen und überall mit rosa Marabufedern eingefasste Spiegel und über dem Treppenaufgang ein gigantisches Buntglasfenster.
»Wer ist das denn?«, fragte Amber mit Blick auf das
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