Magical Village 2 Sonne, Mond und Liebeszauber
gewesen.
»Ich wollte dich nachher anrufen«, hatte Lewis gesagt, als sie zum zweiten Mal an diesem Tag vor seiner Tür stand. Seine Stimme klang erschöpft, und seine Augen waren gerötet. »Komm rein.«
Direkt nach ihrem Gespräch mit Amber hatte Zilla beschlossen, den Stier bei den Hörnern zu packen und sich bei ihrem Sohn zu entschuldigen. Wenn Lewis, der immer sehr diskret war, was seine persönlichen Angelegenheiten anging, Amber
sein Herz ausgeschüttet hatte, musste ihr Streit ihn tief erschüttert haben.
Ja, in der Hitze des Gefechts hatte er ein paar schreckliche Dinge zu ihr gesagt, die schlicht und einfach nicht stimmten, aber jetzt, nachdem sie über alles nachgedacht hatte, war Zilla klar geworden, dass der Fehler bei ihr lag. Ganz allein bei ihr. Hätte sie ihm doch nur schon vor Jahren die Wahrheit gesagt!
»Wir wollten gleich essen«, hatte Lewis erklärt. »Jem kocht eine Art Jambalaya.«
»Ich will euch nicht lange stören.« Zilla trat in die Wohnung. »Hallo, Jem – das riecht aber lecker …«
Jem winkte ihr mit dem Kochlöffel zu, sein Lächeln zeigte deutliche Spuren von Jambalaya-Soße.
Durch die offenen Wohnzimmerfenster bot sich ein von der Abendsonne vergoldeter Blick auf die Hayfields-Gärten. Einige der Bewohner vergnügten sich bei einem lärmenden Grillfest auf dem Rasen.
»Jem wird uns nicht stören«, sagte Lewis. »Er ist zu vertieft in seine Kocherei.«
»Solltest du ihn nicht im Auge behalten?« »Du weißt doch, dass er keine ständige Aufsicht braucht. Ich hab schon alles erledigt, was ihm schwerfällt – das Gas eingeschaltet, die Pfannen und Töpfe aus dem Schrank geholt – er ist jetzt am Rühren. Rühren tut er für sein Leben gern.«
»Genau wie Naschen?«
Ein warmherziger Schimmer trat in Lewis’ Augen. »Oh, ja – im Naschen ist er Weltmeister. Aber du bist sicher nicht hergekommen, um mit mir über Jems Küchenkünste zu sprechen… Willst du was trinken? Wir haben was im Kühlschrank.«
Zilla lehnte dankend ab, kam ohne Umschweife zur Sache, entschuldigte sich von ganzem Herzen und erklärte, dass es ein Fehler gewesen war, ein solches Geheimnis um Lewis’ Vater zu machen, aber – an dieser Stelle unterbrach Lewis ihren Wortschwall
und bat sie um Verzeihung, dass er voreilige Schlüsse gezogen und ihr Vorwürfe gemacht hatte, die ihm nicht zustanden, schon gar nicht ihr gegenüber. Sie fielen einander ins Wort, entschuldigten sich immer wieder und fingen schließlich an zu lachen.
»Also«, sagte Zilla schließlich, »ich nehme es dir nicht übel, dass du aus der Haut gefahren bist. Wir waren immer gute Freunde und immer offen und ehrlich miteinander.«
»Nur nicht bei diesem Thema«, sagte Lewis, aber sein Tonfall hatte an Schärfe verloren. »Ach, Ma – du hattest sicher Gründe für dein Schweigen. Ich hoffe nur, mein Vater war kein Serienkiller oder so was in der Art. Ich tippe darauf, dass er schon verheiratet war? Mein Gott – du kannst so verdammt unergründlich sein, wenn du willst! Aber was soll’s? Ich hatte dreißig Jahre lang ›Vater unbekannt‹ in der Geburtsurkunde stehen – wahrscheinlich wird das für den Rest meines Lebens so bleiben. Nimm’s nicht so tragisch, würde Fern sagen. Du wirst es mir nicht sagen, stimmt’s? Auch jetzt nicht.«
Zilla schüttelte den Kopf. »Sinnlos, mein Schatz. Es hat wirklich keinen Sinn. Ich wüsste gar nicht, wo ich anfangen sollte – und nein, er war nicht verheiratet, aber mittlerweile wird er es sein und eine andere Familie haben, und selbst wenn du ihn aufspüren könntest, würde er wahrscheinlich in Ohnmacht fallen, wenn du plötzlich vor seiner Tür ständest, um sein ruhiges, geordnetes Leben auf den Kopf zu stellen.«
Lewis war aufgestanden und ans Fenster getreten. Er kehrte ihr den Rücken zu.
Der würzige Duft des Jambalaya hing in der Luft, und vom Grill her war Gelächter zu hören.
Schließlich drehte Lewis sich um und sah sie an. »Dann beantworte mir doch bitte nur diese eine Frage. Hast du ihn geliebt?«
»Von ganzem Herzen. Und ich liebe ihn noch immer. Und ich werde ihn immer lieben.«
Danach war alles wieder in Ordnung gewesen, dachte Zilla, während sie im grellen Schein der Morgensonne ihre Kaffeetasse leerte. Sie hatte geweint, und Lewis hatte sie in den Arm genommen; Jem war seinem Beispiel gefolgt und hatte sie alle mit Jambalaya-Soße beschmiert. Sie war zum Essen geblieben, und später waren sie zu den anderen auf den Rasen gegangen, und als vom Fluss
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