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Magical

Magical

Titel: Magical Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Flinn
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hatten, was nicht geschehen würde. Ich konnte Mutter nicht in die Pfanne hauen. Ich nahm einen Bissen Sandwich und kaute ihn wirklich lang. Lisette sagte nichts, sondern sah mir beim Essen zu. Das erinnerte mich daran, dass Courtney und ich uns früher als Kinder immer angestarrt hatten, und wer zuerst blinzelte, hatte verloren.
    Ich blinzelte. »Warum hast du Dad erzählt, ich wäre eifersüchtig auf dich?«
    Sie sah bestürzt aus. »Das hätte er dir nicht erzählen dürfen.«
    »Er ist ein Vater. Eltern tun das.«
    »Ich glaube, daran bin ich nicht gewöhnt.«
    »Außerdem: Ob er es hätte erzählen dürfen oder nicht, du hast es gesagt. Ich habe nie behauptet, du hättest meine Ohrringe genommen.«
    »Es hat sich aber so angefühlt.«
    »Ich habe nur gesagt, dass ich die gleichen habe. Ich sagte nie, dass du sie gestohlen hast. Das hast du nur gesagt, damit ich vor Dad schlecht dastehe.«
    Der Deckenventilator wiederholte meine Worte – schlecht dastehe, schlecht dastehe, schlecht dastehe.
    Und da brach Lisette in Tränen aus.
    Oh, sie war die Gute.
    »Es tut mir leid.« Sie stieß die Worte wie ein schweres Keuchen hervor und vergrub den Kopf in ihren Händen. »Es tut mir so leid, Emma.«
    Ich starrte sie an. Sollte ich jetzt meine Arme um sie legen oder was?
    »Ich wollte, dass du mich magst«, schluchzte sie.
    »Und du dachtest, es hilft, wenn du Lügen über mich erzählst?«
    »Ich habe nicht … es ist nur … ich wollte, dass wir wie beste Freundinnen sind, wie Schwestern. Und als du das mit den Ohrringen sagtest, dachte ich einfach …« Ihr nächsten Worte verloren sich in Schluchzern, die sogar ihre Zehen erbeben ließen.
    »Was?«
    »Meine Mutter ist tot, Emma. Jahrelang ist sie nicht zum Arzt gegangen, sie sagte, wir hätten dafür nicht das Geld, und als sie hinging … war es zu spät. Sie ist tot. In einer Kiste in der Erde. Hast du eine Ahnung, wie das ist, Emma? Hast du?«
    In diesem Augenblick stellte ich mir meine eigene Mutter vor, wie sie kalt und still dalag, unerreichbar. Meine Großmutter war gestorben, als ich neun war. Mutter und Dad hatten diskutiert und diskutiert, ob ich mit auf die Beerdigung kommen sollte. Schließlich nahmen sie mich mit, weil meine Cousinen auch dort sein würden. Doch als ich Oma sah – ihr Haar auf eine Art und Weise aufgeplustert, wie es nie gewesen war, ihre Haut unnatürlich rosa –, fing ich an zu schreien. Ich hatte noch wochenlang Albträume wegen Omas geisterhaftem Gesicht, das auf mich zu sprang, wie in einem Horrorfilm. Wenn ich die Augen zumachte, konnte ich es mir noch immer vorstellen, und das Schlimmstedaran war, dass ich mich nicht mehr daran erinnern konnte, wie sie ausgesehen hatte, als sie noch gelebt hatte.
    Ich packte Lisettes Hand. »Lisette, es tut mir so leid.«
    »Sie ist tot. Ich habe nichts und niemanden, außer einem Vater, den ich bis vor Kurzem nicht kannte, einen Vater, der mich nicht wollte.«
    Ich legte den Arm um sie. »Das ist nicht wahr. Natürlich wollte er dich.«
    Aber ich wusste, dass sie recht hatte. Er hatte sie sitzen lassen, sie und ihre Mutter. Er hatte sie in all den Jahren nicht ein Mal erwähnt, so als hätten sie gar nicht existiert. Wenn ihre Mutter nicht gestorben wäre, hätte er sie wahrscheinlich nie besucht. Arme Lisette!
    »Er wollte mich nicht! Er will mich nicht! Er wollte dich und deine Mutter. Und du … verstehst du das nicht, Emma. Du bist alles, was ich habe.«
    Ich umarmte sie, während ihr Körper von Schluchzern geschüttelt wurde. »Ich?«
    »Du bist meine Schwester, aber ich habe mir Sorgen gemacht, dass du mich auch nicht hier haben wolltest.«
    »Ich will dich doch hier haben. Ich will deine Schwester sein. Ich habe nie gedacht, dass du meine Ohrringe gestohlen hast.«
    Instinktiv wanderte meine Hand hinauf zu meinen Ohren, zu den Ohrringen. Ich trug sie. Ich zog die Hand zurück und sah Lisette an, in der Hoffnung, sie hätte ihre auch an. Das hätte uns beiden bewiesen, dass sie sie nicht genommen hatte, dass sie die Wahrheit sagte.
    Aber sie hatte gar keine Ohrringe an, was überhaupt nichts bewies.
    Ich sagte: »Wir sind Schwestern, Lisette. Ich … ich habe dich lieb.«
    ˜ ˜ ˜
    In der Schule hatte sich Lisette wirklich gut eingelebt. Es erstaunte mich, dass ich schon seit drei Jahren hier war und trotzdem nicht so viele Leute kannte, wie Lisette in einer Woche kennengelernt hatte. Ich könnte jetzt sagen, dass die Leute von ihr angezogen wurden, weil sie so hübsch war. Aber es

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