Magie der Leidenschaft
Kübel. Er hatte die gesamten zwei Mauern abgerissen und nur noch eine kleine Lücke auszufüllen. Ein Stück weiter unten, in der Nähe des Brunnens, wo das erste Haus in Flammen gestanden hatte, arbeiteten seine Soldaten unermüdlich daran, das Dach mit den wenigen Hilfsmitteln, über die sie verfügten, auszubessern. Irgendjemand hatte ein Stück Öltuch über die schadhafte Stelle gebreitet, das die Männer mit Haken und Nägeln befestigten und dann Schößlinge und Wintergras darüber legten. Die Besitzer des Hauses halfen mit und unterhielten sich dabei angeregt mit Connals Leuten.
Sie sah wieder zu Connal, ging dann über den Weg und blieb neben ihm stehen. »Warum?«
Er wollte gerade noch etwas Schlamm in die Ritzen schmieren, hielt aber inne, schaute sie jedoch nicht an. »Das hier ist auch mein Volk, Sinead. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Westberrys Männer anständige Arbeit geleistet hätten, schon gar nicht bei der Kälte.«
Sie nickte bloß, weil ihre Kehle so zugeschnürt war, dass sie kaum schlucken konnte. Scham erfüllte sie. Stand es ihr zu, das Ausmaß seines Mitgefühls infrage zu stellen? Sie hatte nur das Schlimmste von ihm angenommen. Und allein ihre Frage war ein Affront gegen die Ritterschaft, die er so hoch in Ehren hielt. Er hatte geschworen, die Armen und Bedrängten zu beschützen, und obwohl ihre Leute weder das eine noch das andere waren, brauchten sie heute Hilfe. Sie wollte nicht hinnehmen, dass er Anteil an ihrem Leben hatte, aber er handelte bereits danach.
Er stopfte Schlamm in die Ritzen, ohne von seiner Arbeit aufzublicken. »Keine weiteren Bemerkungen deinerseits?«
»Entschuldige, dass ich an dir gezweifelt habe«, sagte sie, wobei sie hoffte, dass ihm die Unsicherheit in ihrer Stimme nicht auffiel. »Ich schulde dir Dank, PenDragon.«
Er arbeitete kopfschüttelnd weiter. »Bei Gott, ich wünschte, du würdest aufhören, mich so zu nennen.«
»Magst du deinen Namen nicht?«
Er gab einen gereizten Laut von sich. »Aus deinem Mund klingt er wie eine Beleidigung.«
»Das ist nicht meine Absicht.«
Er streckte eine Hand zur Seite, schüttelte den Schlamm ab und richtete sich auf. Nachdem er einen Lappen aus seinem Gürtel gezogen und seine Hände gereinigt hatte, schaute er auf sie hinunter. Obwohl ihr Kopf gesenkt war, konnte er einen Rußfleck auf ihrem Kinn sehen und ihren schweren Zopf, der im Wind leicht hin und her schwang. Unter ihrem ledernen Umhang trug sie ein altes Kleid, dessen tiefes Rostrot zu einem stumpfen Graubraun verblasst war. Sie schaute darin eher wie eine Magd aus, nicht wie die Gebieterin über die Naturgewalten. Wieder sah er vor sich, wie sie Westberry gegenübergetreten war. Mit Würde und Anmut und, ja, mit Weisheit. Connal hätte die Angelegenheit wesentlich schlechter geregelt. Sinead besaß magische Kräfte und hätte dem Marschall eine Todesangst einjagen können, ohne ihm auch nur ein Haar zu krümmen. Er bewunderte ihre Selbstbeherrschung, umso mehr, da er wusste, wie groß ihr Zorn war.
Sie wollte Frieden und würde dafür auch die Gerechtigkeit opfern, wenn es nötig war.
»Mich PenDragon zu nennen ist formell und distanziert. Wir kommen nicht weiter, Mädchen, wenn wir diese Feindseligkeit beibehalten.«
Sie blickte nicht auf, aber er hörte, wie ihr der Atem stockte, als er mit einem Finger über ihr Kinn strich, um den Rußfleck wegzuwischen. Dann hob er ihr Gesicht leicht an.
Ihre Augen waren geschlossen, und als ihre Wimpern sich hoben, hatte Connal auf einmal Mühe, Luft in seine Lungen zu bekommen. »Sinead?« Die Qual in ihren Augen traf ihn wie ein Schlag und verwundete ihn bis ins Herz.
»Dich beim Vornamen zu nennen bringt uns näher.« Selbst in ihren eigenen Ohren klang es albern, aber es war nun einmal so. »Und ich gebe zu, dass das schwierig für mich ist, solange ich deinen Absichten nicht trauen kann.«
»Meine Absichten sind durchaus ehrenhaft, das kann ich beschwören.«
»Doch sie entspringen nicht deinem Herzen.« Sinead sah ihn an. Plötzlich sehnte sie sich danach, ihn anzuflehen, mehr als nur seine Pflicht zu tun. »Sie folgen den Wünschen des Königs, nicht deinen und nicht meinen, und wir werden es sein, die unter den Konsequenzen zu leiden haben.«
Da Connal kaum widersprechen konnte, erwiderte er nur: »Das weiß ich. Aber so muss es sein.«
»Nein«, erklärte sie und trat einen Schritt zurück. Ihre blauen Augen schimmerten feucht. »So kann es nicht sein.«
Sie wandte sich ab, pfiff
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