Magie der Liebe
derartigen Versuch bestimmt zuvorkommen würden. Wenn alles gut ging, so konnte sie für heute abend mit ihrem Eintreffen rechnen. Wie sehr sie doch inzwischen die Kleinen vermißte!
Im Lauf des Vormittags verschlimmerten sich Lilys Schmerzen, so daß sie irgendwann freiwillig wieder zu ihrem Medikament Zuflucht nahm. Entspannt verschlief sie den restlichen Tag, und abends leistete Arielle ihr beim Essen Gesellschaft. Allerdings war es nicht sehr unterhaltsam, denn die beiden waren in Sorge und lauschten unentwegt auf Geräusche vor dem Haus. Doch niemand begehrte Einlaß.
Auch am folgenden Tag kam niemand.
»Beruhigen Sie sich, Arielle!« meinte Lily schließlich entnervt, nachdem sie eine ganze Weile schweigend zugesehen hatte, wie ihre neue Freundin ruhelos auf und ab gelaufen war und alle paar Minuten die schweren Vorhänge zur Seite geschoben und hinausgespäht hatte.
»Ich habe ein ungutes Gefühl. Vielleicht ist der verflixte Schürzenjäger ja in Schwierigkeiten.«
»Es waren doch nur Spioninnen, Arielle. Sozusagen Feindinnen«, kicherte Lily.
»Es schneit schon wieder«, bemerkte Arielle, ohne auf den Scherz einzugehen, »und ich frage mich, wie sie bei diesem Wetter reisen wollen. Sams Bein ist doch noch nicht ganz verheilt, nicht wahr?«
Lily war ebenso ratlos, und das Nachdenken schmerzte sie fast noch mehr, als ihre Wunde an der Schulter. Im Lauf des Nachmittags fiel sie in einen leichten Schlaf und träumte, daß Monk Knight und sie durch düstere Kanäle verfolgte. Irgendwann schlug die Gondel um, und bevor sich das schwarze Wasser endgültig über ihr schloß, hörte Lily noch, wie Knight laut ihren Namen rief. In diesem Augenblick erwachte sie stöhnend.
Als sie die Augen aufschlug, starrte sie geradewegs in Monks brutales Gesicht. Mit seiner riesigen Hand verschloß er ihr den Mund, und bevor sie noch reagieren konnte, hatte er ihr ein schmutziges Taschentuch als Knebel hineingeschoben und blitzartig ein zweites darübergelegt und in ihrem Nacken verknotet. Aber weshalb war er hier? fragte sie sich völlig verwirrt. Er wollte doch nach Castle Rosse!
Selbstzufrieden starrte er auf sie hinunter. »Also habe ich Sie doch erwischt! Weshalb liegen Sie im Bett?«
Lily konnte ihn nur hilflos anstarren.
Unwillig packte Monk ihre Hand und riß Lily hoch. Ein erstickter Schmerzensschrei entrang sich ihrer Kehle, worauf Monk mit finsterem Gesicht das Nachthemd aufriß, ohne sich lange mit den Knöpfen aufzuhalten. Der Verband war nicht zu übersehen.
»Demnach hat Boys Schuß getroffen! Wie schlimm ist es?«
Als Lily nur den Kopf schüttelte, hatte Monk ein Einsehen und entfernte den Knebel. »Meine Schulter schmerzt entsetzlich!« stöhnte Lily leise.
Monk fluchte ausgiebig. »Verdammt!« knurrte er. »Wenn Sie sterben, bekomme ich die Klunkern erst recht nicht! Falls ich Sie von hier wegbringe, werden Sie mir möglicherweise unterwegs verbluten. Verdammt, ich muß es aber trotzdem riskieren.«
Lily fühlte sich absolut hilflos und völlig ausgeliefert. Ihre Schulter schmerzte fürchterlich, und sie schloß ergeben die Augen. Wieder hörte sie, wie Monk fluchte.
»Mist, aber ich habe keine andere Wahl!« Mit diesen Worten packte er sie grob und warf sie sich über die Schulter. Er machte sich nicht einmal die Mühe, Lilys Arme und Beine zu fesseln, denn er wußte, daß sie ihm nicht entkommen konnte, weil sie schwach wie ein Baby war. »Wenn Sie schön stillhalten, wird die Wunde nicht bluten. Jedenfalls hoffe ich das!« Wieder fluchte er. »Draußen ist es kalt, und außerdem schneit es.« Rasch zerrte er die beiden Decken vom Bett und hüllte Lily notdürftig darin ein. Dann schleppte er sie zum Fenster hinüber.
Als er gerade hinaussteigen wollte, tauchte urplötzlich das Gesicht eines Mannes vor ihm auf, den er noch nie zuvor gesehen hatte. Er war einem Affen nicht unähnlich und schrie Monk mit schriller Stimme mitten ins Gesicht.
»Na also, Sie Mistkerl! Habe ich Sie endlich erwischt! Bringen Sie die Lady zurück, und rücken Sie Ehre Pistole heraus!«
Monk fuhr zurück. »Wer sind Sie?« brüllte er,
»Ich heiße Ollie Trunk, und ich vertrete das Gesetz. Ich werde Sie nach London bringen und wegen Mordes verurteilen lassen! Gehen Sie ein wenig vorsichtiger mit der Dame um!«
»Fahr zur Hölle!« schrie Monk und schlug dem Fremden die Faust mitten ins Gesicht. Als Lily den Aufschrei hörte, wußte sie, daß ihr Retter den Halt verloren hatte und auf den gefrorenen Boden
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