Magie der Liebe
Versuchen Sie lieber ein bißchen von Cuthberts Köstlichkeiten.« Einige Augenblicke lang beobachtete er schweigend, wie sie aß, und fragte dann plötzlich ganz unvermittelt: »Weshalb haben Sie vorhin geweint?«
Unsicher huschten ihre Blicke über sein Gesicht.
»Weshalb?« wiederholte er seine Frage.
Lily hatte das Gefühl, plötzlich lächerlich zu wirken. »Sie waren so freundlich und so liebenswürdig, daß ich es einfach nicht mehr aushalten konnte!«
»Das ist ja interessant! Muß ich erst gräßlich sein oder Sam verhauen, bevor Sie einmal lachen?«
Da mußte Lily einfach lachen. »Aber nein! So wörtlich habe ich das nun auch wieder nicht gemeint. Ich habe nur nicht das Gefühl, daß wir das auch verdienen.«
»In der Beziehung bin ich ganz anderer Meinung, aber nun noch einmal zu den Jungen. Sie brauchen dringend einen Lehrer. Ich habe entschieden, daß sie erst im nächsten Jahr in Eton angemeldet werden. Bis dahin kann sie der Sohn des Pfarrers unterrichten. Übrigens ist er der jüngere Bruder meines Anwalts Tilney Jones. Er hat in Oxford Examen gemacht und gerade einige Monate Zeit. Außerdem ist er jung genug, um mit den Jungen auch Sport zu treiben. Wie ich festgestellt habe, ist Theo schrecklich blaß.«
»Sie
haben entschieden?«
Diese Bemerkung hatte Knights Monolog ziemlich plötzlich unterbrochen, und er blickte Lily verblüfft an. Die wunderschöne Lily war blaß, allerdings blaß vor Zorn. Geschickt schlug Knight einen gewandteren, sanfteren Ton an. »Falls er Ihnen gefällt, kann er gleich am nächsten Montag anfangen. Wenn Sie ihn allerdings nicht leiden können, werden wir die ganze Sache vergessen. Außerdem ist es dringend erforderlich, den zweiten Stock für die Kinder umzubauen, damit sie endlich ihr eigenes Reich bekommen. Wir werden uns mit dem Architekten besprechen.«
»Weshalb wollen Sie das alles tun? Das verstehe ich nicht!«
Wie hätte sie ihn auch verstehen sollen, wo er doch seine Beweggründe noch viel weniger begriff! Dann sagte er ganz ruhig: »Ich bin nicht Ugly Arnold, Lily, und habe auch nicht die Absicht, Sie auf der Treppe zu verführen. Und ich will Sie auch nicht in mein Bett locken, indem ich zu Tristans Kindern besonders freundlich bin.«
»Aber weshalb dann?«
»Soll ich Ihnen etwas verraten? Um die Wahrheit zu sagen: Ich habe nicht die geringste Ahnung! Wie steht es mit ein wenig Nachtisch?«
Langsam schüttelte Lily den Kopf.
»Sollen wir lieber ins Wohnzimmer hinübergehen und Sie spielen mir etwas vor? Sie können doch Klavier spielen, oder?«
»Ich bin etwas aus der Übung.«
»So schlimm wird es schon nicht sein.«
»Sie sind sehr optimistisch!«
»Und was den Architekten betrifft, so kann er morgen herkommen, wenn Ihnen das recht ist.«
Lily beugte sich ein wenig vor, und Knight sah, daß ihre rechte Hand zur Faust geballt war. »Ich möchte nicht, daß Sie Ihr Leben wegen uns ändern! Wenigstens nicht noch mehr, als Sie es schon getan haben! Ich werde nicht zulassen, daß Sie Wände einreißen und alles verändern! Ich werde lieber versuchen, Ihnen die Kinder möglichst fernzuhalten.«
»Das ist ja eine ganze Menge, was Sie nicht wollen, Lily, aber ich kann Sie beruhigen. In diesem Haus hat früher schon ein Stockwerk für Kinder existiert. Inzwischen sind Dienstbotenzimmer daraus geworden, und das soll auch so bleiben. Im zweiten Stock dagegen gibt es verschiedene, nutzlose Gästezimmer. Ein Umbau wird mit Sicherheit den Wert des Hauses nur steigern. Ich fühle mich übrigens keineswegs zu irgendetwas verpflichtet, sondern tue nur, was ich möchte!«
Lily sah ihn an. »Und wie steht es bei Ihnen mit Nachtisch, Mylord?«
»Knight, wenn ich bitten darf. Und die Antwort lautet nein. Ich möchte lieber Beethoven hören.«
Lily war tatsächlich ein wenig außer Übung, doch insgesamt spielte sie recht gut. Knight lehnte sich entspannt zurück und beobachtete sie. Wenn sie doch nur ein häßliches, altes Weib gewesen wäre, am besten mit dem Temperament eines Fischweibs und gräßlichen Kindern! Er war noch lange nicht vierzig, genaugenommen blieben ihm noch dreizehn Jahre. Und plötzlich fragte er sich stirnrunzelnd, weshalb ihm überhaupt solche Gedanken durch den Kopf gingen.
Als Lily das Stück beendet hatte, erhob sich Knight unvermittelt. »Ich gehe noch ein wenig aus, Lily. Ich bedanke mich für den Abend. Bis morgen.«
Morgen bei Tageslicht, denn bei
Kerzenlicht möchte ich dich am liebsten vergewaltigen!
Lily stand rasch auf,
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