Magie der Liebe
einmal etwas geschähe. Doch wenn es dort Schwierigkeiten gäbe, sollten wir uns an seinen Vetter, also an Sie, wenden.« Sie sah ihm gerade in die Augen. »Wir haben keinen anderen Zufluchtsort. Damit Sie mich nicht falsch verstehen, Mylord: Ich alleine kann für mich selbst sorgen, aber ganz bestimmt nicht für die Kinder. Es sind wunderbare Kinder, und sie verdienen Besseres als das, was ich ihnen bieten kann.«
»Hat Tris Sie ohne einen Penny zurückgelassen?« Knight fragte geradeheraus, weil er spürte, daß Lily genau das erwartete.
»So kann man es sagen. Nachdem ich das Begräbnis bezahlt hatte, blieben uns noch genau vierzig Pfund.« Sie machte eine kleine Pause, und Knight beobachtete, wie ihre Finger nervös am Stoff ihres Kleides zupften.
»Schenken Sie mir bitte auch eine Tasse Tee ein?«
»Aber selbstverständlich.« Lily war über die Ablenkung erleichtert.
Zweifellos hatte sie eine ausgezeichnete Erziehung genossen, dachte Knight, während seine Augen jede ihrer ruhigen, geschickten Bewegungen verfolgten. »Ich nehme nur wenig Milch«, bat er, und als er sah, daß ihre Hände ganz leicht zitterten, empfand er sofort ein schlechtes Gewissen. Wahrscheinlich war sie schrecklich müde und bestimmt hatte sie auch Angst, daß er sie und die Kinder wieder auf die Straße setzen könnte.
»Ich werde mich um alles kümmern«, sagte er mit ruhiger Stimme, noch bevor er es selbst begriffen hatte. »Bitte, machen Sie sich jetzt keine Gedanken mehr! Sobald Sie gegessen haben, wird Mrs. Allgood Ihnen Ihr Zimmer zeigen. Sie und die Kinder sind bei mir gut aufgehoben. Ich bin kein Ugly Arnold, darauf können Sie sich verlassen.« Als ihm die Bedeutung seiner Worte aufging, zuckte er zusammen. Was, zum Teufel, hatte ihn dazu gebracht, solche Versprechungen abzugeben?
»Vielen Dank, Mylord!« hauchte Lily.
»Für mich ist das ganz selbstverständlich«, erwiderte Knight, während er ihr eine Platte mit Sandwiches anbot. »Tristan war sozusagen mein Lieblingsvetter, auch wenn wir uns seit fünf Jahren nicht mehr gesehen haben. Es will mir nicht in den Kopf, daß er tot ist.«
In diesem Augenblick klopfte es an der Tür. »Ja?« rief Knight.
Eine etwas verzweifelte Mrs. Allgood steckte den Kopf durch die Tür. »Verzeihen Sie, daß ich störe, Mylord, Mrs. Winthrop, aber die Kleine weint jämmerlich. Das Haus ist ihr fremd, und sie fürchtet sich.«
Fast augenblicklich sprang Lily auf. »Verzeihen Sie, Mylord!« Rasch lief sie zur Tür, doch dann besann sie sich und wandte sich um. »Ich danke Ihnen, doch jetzt muß ich mich um die Kinder kümmern. Danach werde ich zu Bett gehen. Gute Nacht, Mylord. Unser Gespräch muß leider bis morgen warten.«
Sie war so schnell verschwunden, daß Knight nicht einmal Gelegenheit gehabt hatte, aufzustehen. Nachdem sich die Tür hinter den beiden Frauen geschlossen hatte, blickte er gedankenvoll ins Kaminfeuer, dessen Glut langsam verlosch. Die Nacht war scheußlich kalt, und er hoffte nur, daß Lily sich auch genügend aufgewärmt hatte. Als sein Blick schließlich auf den
Candide
fiel, den er auf der Sessellehne abgelegt hatte, runzelte er die Stirn. Was hatte er gerade eben noch gedacht? Oh ja, er war rundherum mit seinem Leben zufrieden gewesen - doch nun hatte er plötzlich drei Kinder im Haus und noch dazu eine wunderschöne, junge Witwe!
Er schüttelte verwundert den Kopf. Selbst wenn sie völlig heruntergekommen gewesen wäre, hätte er ihr ohne Zögern geholfen. Lily war ein wunderhübscher Name. Außerdem hatte sie blaßgraue Augen, doch plötzlich war er nicht mehr sicher, ob er sich richtig erinnerte und beschloß, das gleich am nächsten Tag zu überprüfen. Und dann die Kinder! Als er sich an ihre Gesichtszüge erinnerte, stand ihm plötzlich sein Vetter Tris deutlich vor Augen. Verdammt, dachte er, hättest du nicht ein wenig vorsichtiger sein können, lieber Vetter? Weshalb mußte es ausgerechnet dich erwischen? Was wäre wohl geschehen, wenn er nicht zu Hause gewesen wäre? Bestimmt hätte Duckett Lily und die Kinder hereingebeten, aber ganz unwillkürlich mußte Knight an die vielen spöttischen Bemerkungen über Kinder denken, die Duckett von ihm zu hören bekommen hatte.
In einem der Gästezimmer im oberen Stockwerk wurde Lily von einer hysterisch schluchzenden Laura Beth empfangen. Theo und Sam war es nicht gelungen, sie zu beruhigen. Sie standen hilflos daneben. Auch Mrs. Allgoods Zungenschnalzen half nicht das mindeste.
»Ich danke Ihnen für Ihre
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