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Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Magie der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lisowsky
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dachte, ich könnte dir helfen, indem ich dich abhalte von diesem ganzen Unsinn mit der Unsterblichkeit. Aber es ging eben nicht. Ich habe dir mit meinem Rat nicht helfen können, also helfe ich dir eben dabei, an dein Ziel zu kommen.«
    »Sie lügt!«, rief Sax. »Sie will dich nur wieder hintergehen.«
    Lenia weinte, aber ihre Stimme war klar. »Ich habe dich nicht hintergangen. Nie.«
    Nairod atmete schwer. Es musste die Macht sein, die durch ihn strömte. Ja. »Ich … ich glaube dir.«
    »Es gibt tatsächlich eine Art, auf die sie uns helfen kann«, sagte Sax.
    Lenia nickte. »Dann los. Sprich.«
    »Du kannst das Gefäß sein, durch das Nairod die Macht, die er braucht, aus dem Kristall zieht.«
    Lenia blickte in die glasklare Wand. »Wenn ich ihm damit helfen kann …«
    »Ja! Nairod, bereite den Zauber vor. Wir machen den Rest.«
    Wieder dieses Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Aber Sax musste doch wissen, was er tat.
    Nairod wandte sich den Blättern mit der Formel zu. Die Macht in ihm pochte drohend gegen die Grenzen seines Körpers und seines Verstands, als er die Anweisungen las. Er konnte sich nicht länger zurückhalten.
    Sein Mund formte Worte, die mit einer anderen Stimme als seiner eigenen gesprochen wurden. Sie hallten durch seinen Körper und strömten zusammen mit der Zauberkraft aus, die der Kristall ihm verliehen hatte. Seine Augen nahmen die niedergeschriebenen Worte auf, seine Lippen verwandelten sie in gesprochene Sprache. Seine Arme wurden zu den Befehlsempfängern der Anordnungen, die sich um die Skizzen sammelten.
    Für lange Momente gehörte sein Körper nicht mehr ihm. Die Macht – seine eigene, die des Drachen und die des Kristalls – floss rauschend durch seine Adern und drang hinaus, dorthin, wo sie gebraucht wurde.
    Zeit verging, sein Blick wanderte über das dritte Blatt, und das Übermaß an Kraft wich. Müdigkeit und Schlaffheit schlichen sich in seinen Körper, der nichts mehr war als Augen, die lasen, ein Mund, der sprach, und Hände, die Gesten formten. Vielleicht waren seine Lippen schon taub, seine Finger schon abgestorben. Aber er musste die Formel zu Ende bringen. Nichts anderes hatte Platz in seinem Geist.
    Etwas berührte seine Hand. Eine andere, die in seine griff. Von ihr aus floss ein pulsierender Strom in ihn, der ihn nährte und die Schwäche hinfortspülte.
    Nairod intonierte die Worte mit neuer Kraft, vollführte die Gesten mit neuer Präzision. Die vierte Seite war zu Ende. Die fünfte Seite jetzt …
    Sein Körper brannte vor Anstrengung, straff gespannt wie die Sehne eines schussbereiten Bogens. Er verwandelte die letzten Buchstaben in Worte und Skizzen in Bewegungen. Er ließ Lenias Hand los. Alle Kraft verließ ihn mit dem letzten Wort. Er stützte sich an der Kristallwand ab und rutschte langsam daran herab.
    Stille und Leere beherrschten den Minengang. Es gab nur das Pochen seines Herzens und das Flackern des Laternenlichts.
    »Es ist vollbracht«, flüsterte Sax.
    Nairod fühlte nichts. Er hatte alles gegeben, was er gehabt hatte, war ausgehöhlt wie ein von innen zerfressener Baumstamm. Aber trotz all seiner Erschöpfung wusste jede Faser seines Körpers: Der Zauber war gelungen. Perfekt. So, wie er hätte gelingen müssen.
    »Er ist gesprochen. Ich habe es geschafft.«
    Er lächelte hoch zu Lenia. Sie hielt noch immer eine Hand an die Kristallader, aber jetzt zog und zerrte sie daran, als versuche sie, ihren Körper loszumachen. Aber statt sich von der Ader zu lösen, sanken ihre Fingerspitzen in den Kristall ein. Dann wurden die kompletten Finger hineingezogen wie in eine Flüssigkeit. Ihre Hand folgte, und der Kristall zog schließlich ihren ganzen Unterarm mit. »Was passiert hier?«, fragte Lenia. Ihr Ellenbogen versank. Immer schneller zog der Kristall sie in sich, jetzt schon bis zur Schulter.
    Ein Stoß aus Energie durchfuhr Nairod. Er rappelte sich auf. »Zum Teufel!«
    Er packte Lenias Hand und stemmte einen Fuß gegen den Kristall. »Lass nicht los!« Lenias Schulter versank im Kristall. Namenloser Schrecken stand ihr ins Gesicht geschrieben. Unaufhaltsam zog die Wand sie in sich hinein und ignorierte Nairods Bemühungen völlig. Lenias Wange verschwand im Kristall. Ihr Haar erstarrte in der durchscheinenden Wand wie eingefroren. »Nein!«, rief Nairod. Er hielt ihre Hand so fest, dass seine eigene schmerzte. Ihr Gesicht sank in den Kristall, erstarrt im Entsetzen. Da entwich alle Spannung aus ihrer Hand, und sie entglitt ihm.
    Bis zur

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