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Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Magie der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lisowsky
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du nicht auch dabei?«, fragte der junge Mann. »Bei denen mit dem Kraken auf dem Wappen?«
    Elarides schnappte nach Luft. Raigars Erzählung aus Zweibrück, der Adlige mit dem Krakenwappen, die Piraten, die die Küste angriffen … »Klar«, sagte er.
    »Also bist du doch nicht ganz stumpfsinnig. Sie haben an der Küste geankert, und ihre Kanonen zerreißen die Felsen. Es gibt keine Deckung.«
    »Und was setzen wir ihnen entgegen?«, fragte Elarides.
    »Mehr Männer, Schwerter, und …« Er öffnete seine Hand, und darin brannte plötzlich eine kleine Flamme.
    Elarides lief ein Schauer über den Rücken. Er hätte es sich denken können. Jetzt erkannte er auch die rostrote Farbe des Haars wieder, trotz der Düsternis der Wälder.
    »Wir können froh sein, dass wir dich haben, Brakas.« Elarides bemerkte, dass er noch immer auf dem Boden lag, und kniete sich hin. Er rieb sich über die Stelle am Bein, mit der er über eine Wurzel geschrammt war.
    »Ich bin der Einzige, der das Schiff zerstören kann.« Brakas blickte durch die Bäume hindurch. Kein Zweifel, was dahinter lag. »Aber ich brauche jemanden, der mir den Rücken freihält.« Er tippte Elarides auf die Schulter. »Am besten jemanden, der nicht so stämmig ist wie diese Muskelpakete um Raigar.«
    Elarides überlegte. Das hier war ein Traum, eine Illusion. Aber wenn es wie in der letzten Episode war, dann erwartete die Unvorsichtigen der Tod. Und da draußen war ein echtes Schlachtfeld, so echt, wie es nur sein konnte. Adler gab den anderen Bescheid, sie würden bald kommen. »Was hast du vor?«, fragte er.
    »Es gibt da einen Schleichweg an der Steilküste. Wir werden ein paar Züge schwimmen müssen, aber wenn sie das Schiff zum Meer hin nicht bewacht halten, haben wir leichtes Spiel.«
    »In Ordnung«, sagte Elarides. Leicht würde es sicher nicht werden, aber er würde dieses Spiel mitspielen.
    ***
    Die Welt dröhnte. Gebrüllte Befehle und Schreie zogen über Raigar hinweg. Der Geruch des Waldes umgab ihn, und über ihm verdeckten schwere Baumkronen den dunklen Abendhimmel. Die Söldner waren um ihn herum, deckten ihm den Rücken, und doch fühlte er sich allein. Die Schwüle der Nacht trieb ihm Schweiß aufs Gesicht. Er strich sich über Stirn und Mund – und stutzte. Er fuhr sich noch einmal über den Mund, auch über den Hals und über die Wangen. Auf der Oberlippe stand ein dünner Flaum, auf Wangen und Hals war nicht ein einziges Härchen. Auch auf seinen Händen und Armen befanden sich nur weiche blonde Haare. Er kniff die Augen zusammen, um das Wappen auf der dünnen Lederrüstung, die er trug, zu erkennen. Die Dunkelheit zeigte ihm nur einheitliche Schwärze. Schließlich tastete er das Wappen ab. Lange Seile, die sich umeinanderschlangen oder – die Arme eines Kraken. Ja. Seine Finger verkrampften sich, kalter Schweiß presste sich brennend durch seine Poren.
    Was war das wieder für ein böser Zauber?
    Hinter den Stämmen flackerte immer wieder Licht auf. Er ging darauf zu, bis die Baumreihen lichter wurden. Die Küste lag keine fünfzig Meter entfernt, und an einem steinigen Strand ankerte ein gewaltiger Dreimaster. Zwei Segel blähten sich stolz im Wind, die anderen hingen in schwarzen Fetzen herab. Am Strand klirrten Schwertern gegeneinander. Dutzende Männer rangen dort miteinander.
    Im Wald raschelte das Unterholz von Schritten. Die Silhouette einer Kriegerin brach durch niedrige Büsche. Sie kam auf ihn zugerannt.
    Nein   …
    Raigar drehte sich um und fixierte das Schiff, auf dem immer mehr kleine Feuerherde ausbrachen.
    »Da bist du!«, rief eine weibliche Stimme ihm zu. »Wo ist Brakas? Ihr solltet doch zusammenbleiben.«
    Raigar keuchte. »Er … er ist tot. Ich habe ihn getötet.«
    »Du hast was? Komm, sieh mich an.« Eine starke Hand packte ihn an der Schulter und drehte ihn um. Er blickte in das rauhe, von verheilten Schnittnarben durchzogene Antlitz seiner Mutter. Ihr langes, wildes Haar umrahmte das Gesicht wie die Mähne eines Löwen.
    »Ich habe ihn getötet.«
    Sie schaute an ihm vorbei zum Schiff. »Ach ja? Soweit ich weiß, schleicht er sich in diesem Moment zusammen mit einem anderen Burschen auf das Schiff.« Sie ließ ihn los. »Im Witzemachen warst du noch nie gut. Dass du ausgerechnet jetzt damit anfängst …«
    »Nein«, sagte Raigar. Seine Stimme gehorchte ihm nicht mehr, sank tiefer und stieg höher, wie es ihr gefiel. »Ich habe ihn nicht hier getötet. Ich …«
    »Das reicht jetzt. Los, wir gehen runter.

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