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Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Magie der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lisowsky
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würden. Ich bleibe bei dir.
    Und sie würden kommen, da gab er sich keinen Illusionen hin.
    Er saß im Rücken seiner Mutter. Der Stamm verdeckte ihn. So konnte er weinen, leise. Warme Tränen, die auf der Haut kitzelten und in den kleinen Schrammen auf seinen Wangen brannten. Tränen, die nichts leichter machten.
    Er wusste, was kommen würde.
    Die Hautfarbe seiner Mutter würde zu der von Glas werden, bis man die Adern darunter sah, ihre Augen trüb. Sie verwandelte sich in ein Gespenst, in eine Todesfee.
    Ein Arzt würde ihr nicht mehr helfen können. Selbst wenn sie noch morgen einen erreichten. Die Haare würden neben ihr in den Staub fallen. Aber seine Mutter würde ihn ignorieren und behaupten, dass sie bald wieder auf eigenen Beinen stehen und nachkommen könne.
    »Er ist ein guter Junge«, würde sie sagen. Ein Schneidezahn würde ihr fehlen. Sie würde behaupten, sie habe ihn verloren, weil sie mit dem Kopf gegen irgendetwas geprallt war.
    »Geht es dir besser?«, würde Raigar fragen.
    Ein Hustenanfall würde sie schütteln, sie würde den Kopf schnell zur Seite drehen und durchsichtigen Schleim ins Gras spucken.
    »Ich habe versagt«, würde er sagen.
    Männer mit Säbeln kamen die Böschung herauf. Der Körper seiner Mutter erzitterte. Sie wollte aufstehen, aber ein unsichtbares Gewicht hielt sie unten.
    Raigar wehrte sich nicht, als starke Arme ihn ergriffen und nach oben zerrten.
    ***
    Elarides’ Arme waren auf dem Rücken so fest zusammengebunden, als steckten sie in einem Schraubstock. Die harten Fasern des Seils schrammten über seine Handgelenke. Jemand stieß ihm in den Rücken und trieb ihn vorwärts über das Deck.
    »Wo bringt ihr uns hin?«, fragte Brakas neben ihm. Seine Worte gingen im Lärm der Kämpfe am Strand unter.
    Als Antwort trat ihm einer der Männer in die Kniekehlen. Der junge Zauberer verzog das Gesicht im Schmerz und ging auf die Knie.
    »Genau hier könnt ihr warten«, sagte Vicold, »bis eure Freunde sich zu euch gesellen.«
    Elarides wurde kalt. Der Vicold dieser Welt war nicht auf seiner Seite, und er konnte hier sterben.
    Er kniete sich neben Brakas. Der hielt den Kopf gesenkt und gab ein jämmerliches Bild ab, wie seine Haare und Kleider ihm am Leib klebten. Aber er selbst konnte kaum besser aussehen. »So kannst du nicht … oder?«, sagte er leise.
    »Mit zusammengebundenen Händen kann ich so wenig kämpfen wie irgendjemand sonst.« Brakas spuckte aus. »Außerdem würde das Feuer dich mit verzehren.«
    »Sie haben ihn.« Einer der Söldner über ihnen klatschte in die Hände. »Wie ein Stier, wirklich.«
    Elarides hob den Kopf. Durch eine Schneise zwischen den Kämpfenden schleiften zwei Männer jemanden durch den Kies, der beinahe so breit war wie sie zusammen.
    »Raigar«, flüsterte Elarides. Wenn sie Raigar hatten, dann war der Kampf verloren.
    Der mit Vicolds Gesicht griff sich an die Seite und zog ein schmales Entermesser aus dem Gürtel. »Damit brauchen wir euch nicht mehr«, sagte er. »Trotzdem vielen Dank, dass ihr uns in die offenen Arme gelaufen seid.«
    Brakas knurrte wie ein Tier und zerrte an seinen Fesseln. Seine Augen wechselten die Farbe, vom gewöhnlichen Braun zum Rot von Feuer. »Ich kann nichts tun. Ich bin hilflos. Es ist wie in einem Albtraum.«
    Hilflos, wie in einem Albtraum  … Raigars und meinem.
    Plötzlich kam ihm eine Eingebung. Es war nicht nur wie in einem Traum, es war ein Traum. Hier kannte er sich aus. Hier hatte er sein ganzes bisheriges Leben verbracht. In Träumen. Wenn es einen gab, der hier nicht hilflos war, dann er.
    Er richtete seinen Oberkörper auf und blickte an Vicold vorbei in den wolkenlosen Himmel.
    »Du brauchst nur die Hände frei zu haben, nicht wahr?«, fragte er Brakas.
    »Ja.«
    »Gut.« Er starrte weiter in den Himmel.
    Vicold zögerte einen Moment, dann trat er den letzten Schritt auf Elarides zu und packte ihn am nassen Haar.
    Elarides suchte nach einem goldenen Leuchten am Himmel.
    Vicold drehte ihn um und setzte ihm das Messer an den Hals.
    Im gleichen Moment fuhr ein goldener Blitz über den Himmel. Ein Schwert aus purem Gold. Es stürzte auf das Schiff, die Spitze voran. Es donnerte, und Blut und Holzsplitter spritzten hoch. Vicold schrie, und das Messer fiel ihm aus den verkrampften Fingern. Elarides spürte, wie die Fesseln von seinen Händen fielen.
    Er drehte sich um. Ritter Marduks Schwert aus purem Gold steckte in Vicolds Arm und nagelte ihn aufs Deck. Die Handfesseln lagen zertrennt

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