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Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Magie der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lisowsky
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die Frucht fiel nach unten. Die Männer stritten sich darum, wer den Siegerpfeil abgeschossen hatte.
    »Vater, die Söldner sind fort. Seit Monaten schon. Ihr könnt nicht ernsthaft glauben, dass sie nach Weigrund zurückkehren.«
    Weider stützte sich auf die Wehrmauer. Er bebte. »Wenn die Mägde, die Büttel und die Schreiner an meinem Wort zweifeln, dann soll es so sein. Aber du?« Er starrte durch die Bäume hindurch. »Ich habe dir viele Möglichkeiten gegeben, und wieder und wieder …«
    »Ich habe alles getan!« Lavar schrie so laut, dass die Bogenschützen sich umdrehten. »Alles, was ich konnte!«
    »Nein«, sagte Weider. »Du hättest sie alle auslöschen müssen, denn jetzt kommen sie zurück, und sie bringen einen Sturm mit sich.«
    Er wandte sich ab und stieg die Treppe zu den Straßen der Stadt hinab. Soldaten, die Holzbalken zur Stabilisierung des Tors heranschafften, hielten inne und salutierten. Frauen am Straßenrand verbeugten sich. Lavar eilte ihm hinterher. »Bitte, sagt mir, was ich tun kann.«
    Er klang wie eine Ratte. Weider hatte den Drang, ihn abzuschütteln und fortzujagen.
    »Bei einer Belagerung will niemand hinter den Stadttoren stehen, wenn der Feind durchbricht.«
    »Ein Wort von dir, Vater, und …«
    Weider sah ihn an und schwieg.
    Lavars Blick war voller Hoffnung.
    Weider wandte sich ab und ging die Straße hinunter.
    »Ich bin dabei. Ganz vorn«, rief Lavar ihm hinterher.
    Weider lächelte, aber sein Herz trauerte.
    ***
    Unter Dorians Füßen wuchs das Gras. Es kitzelte ihn durch seine abgetretenen Stiefel hindurch an den Fußsohlen. Die grüne Fläche folgte ihnen wie eine gewaltige Welle, und an den Tagen, an denen sie von ihr überholt wurden, spornte Sax sie mit kreischender Stimme zur Eile an. Dorian gehorchte, obwohl er gerne innegehalten und den Gedanken gelauscht hätte, die sich in seinen Verstand gestohlen hatten.
    Das Mädchen. Wer war sie?
    Aber er verbot sich, zu oft an sie zu denken. Denn manchmal glaubte er, dass Sax über die Dinge, die in seinem Kopf geschahen, Bescheid wusste. Der Gnom diskutierte gerade mit den Männern, die sich ihm als Führer angeboten hatten. Sie wussten Bescheid über die Schwachstellen der Kaiserstadt und über einen unterirdischen Tunnel, der sie direkt ins Herz des Feindes führen würde. Sax verfolgte die Erläuterungen mit leuchtenden Augen und befahl Dorian, sich ebenfalls zu freuen. Denn Weigrund würde der Ort sein, von dem aus er in Zukunft regierte. Wieso er nicht hierbleiben könne, wollte Dorian fragen, doch plötzlich verspürte er den Drang zu schweigen. Dennoch: Leise, ganz leise beschlich ihn der Hauch einer Ahnung.
    Vielleicht wollte Sax nicht, dass Dorian das Mädchen ansah, das immer wieder auftauchte. Aus Schatten und Asche geformt und dort, wo das Grün sie überholt hatte, wo das Gras hoch wuchs und die Büsche dicht standen.
    Aber das Mädchen verließ ihn, als sie über zwei Hängebrücken wanderten, vorbei an vor Schrecken flüchtenden Dorfbewohnern.
    Die Menschen, die sie auf der anderen Seite trafen, flüchteten nicht. Sie redeten mit ihm, als sei er eine aus dem Sumpf hervorgekrochene Kreatur. So, wie du aussiehst  … Aber Sax verbot ihm, sie für ihren Frevel zu bestrafen.
    Dann kam der Tag, an dem sie die Mauern der Kaiserstadt erreichten.
    ***
    »Dem Kaiser soll der Verstand schon vor langer Zeit aus dem Kopf entfleucht sein«, berichtete einer der Männer, die sich am Vorabend umgehört hatten. An den Toren wurden alle Ankömmlinge streng kontrolliert, aber ein oder zwei unauffällige Späher hatten eine Chance. Außerdem musste jemand nachsehen, ob der Tunnel tatsächlich noch existierte.
    Sax verschmolz in seinen Haarkleidern fast völlig mit den dunklen Farnen des Wäldchens. »Und da lässt das Volk ihn noch immer regieren? So ist die Torheit der Menschen. Aber wir kommen ja, um sie aus ihrem Elend zu erlösen. Ein schwachsinniger Kaiser erleichtert uns nur die Arbeit.«
    »Nicht ganz.« Der Mann hockte sich zu der Gruppe, die einige Meter abseits der Hauptstraße in einem Wäldchen beisammensaß. »Er wird vor allem deshalb für schwachsinnig gehalten, weil er einen Verteidigungskrieg gegen jemanden vorbereitet, von dem niemand sonst glaubt, dass er kommt. Deswegen auch die Sicherheitsmaßnahmen am Tor.«
    »Das überrascht mich nicht.« Der Krieger namens Vicold, der die anderen anführte, wog zwei dünne Messer in den Händen. »Er fürchtet wahrscheinlich, dass seine Söldner kommen, um ihn zu

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