Magie der Schatten: Roman (German Edition)
Mächten, die du nicht kontrollieren kannst. Das ganze Land wird fallen. Städte werden sich in die Zerrbilder verwandeln, die wir hier gesehen haben, und von den Menschen wird nicht einmal Asche zurückbleiben. Ist es das, was du willst?«
»Dann werden die, die überleben, mich zumindest nicht vergessen.« Er lächelte kalt und leidenschaftslos. »Sag mir, wer bist du, dich mir in den Weg zu stellen, Prinzessin Zauberschuh?«
Elarides zog sein Kurzschwert aus der Scheide. Jetzt wünschte er sich Marduks Schwert, aber er konnte auch ohne es auskommen. »Prinz Elarides de Mesko, Thronerbe des Südreichs.«
Vicold lächelte. »Kaum kann er eine Klinge halten, da überkommt ihn der Übermut.«
Irgendwo hinter ihm standen der Haarwicht und der Herrscher des Schattenlands, der mit einem Fingerzeig Städte auslöschen konnte. Aber jetzt gab es nur noch Vicold. »Komm. Wenn du Arland vernichten willst, musst du an mir vorbei.«
»Wieso eigentlich nicht? Als Geisel hast du dich schlecht gemacht, und wir haben dich die letzten Wochen nur wegen Raigar mitgeschleppt.«
Elarides packte das kurze Schwert mit beiden Händen und wartete darauf, dass auch Vicolds Hände zu seinen Waffen gehen würden, zu seinen vielen kleinen Messern.
Dann traf ihn ein Stiefel in den Bauch. Er stieß den Atem aus und taumelte zurück. Sein linker Fuß trat ins Leere. Kalter Schweiß brach ihm aus. Sein rechter Fuß glitt auf dem Moos der Felsen aus, und er fiel hintenüber. Augenblicklich ließ er das Schwert los und langte nach dem Felsen: eine halbe Armspanne zu weit weg. Neben ihm klirrte das Schwert gegen die Felsen. Rücklings stürzte er, über ihm die Gesichter der Söldner und Vicolds. Und das des Schattenherrschers. Dann überschlug er sich, und die Männer verschwanden aus seinem Blickfeld.
***
Als Raigar erwachte, stand eine rote Sonne im Osten. Seine Knochen schmerzten vom Stein, auf dem er gelegen hatte. Er betastete die Felsen. Es waren nicht mehr die scharfkantigen, schwarzen Trümmer aus dem Schattenland. Diese hier waren auch rauh an den Fingern, aber so, wie Stein sich anfühlte. Gewöhnlicher Stein.
Weit unter ihm brachen sich Meereswellen an einer Steilküste.
Langsam und gnadenlos kam die Erinnerung. Er stand auf und presste eine Hand an die Schläfe, als könne er sie zurückhalten, die Erinnerung, die lebendig geworden war. Das Blut seiner Mutter an seinen Fingern und Brakas’ Blut an seinem Schwert.
Ziellos taumelte er umher. Landeinwärts erhoben sich einzelne Bäume, und Grasnaben lockerten die Felsenlandschaft auf. Das war weder der Piratenstrand noch das Schattenland, sondern etwas dazwischen.
Nur ein weiterer Traum? Der nächste, der ihn tiefer in den Abgrund des Wahnsinns reißen würde? Ging es überhaupt noch tiefer?
Er hatte versagt, wie ein Mann nur versagen konnte in einem einzelnen Leben.
Er stand allein auf der Felszunge, die übers Meer hinaushing. Wo waren die anderen? War er der Letzte? Am Ende der Felszunge waberte etwas in der Luft wie Nebel, der aus Finsternis bestand und eine Gestalt formte.
Er taumelte darauf zu.
»Raigar.« Eine schwache Stimme, die mit dem Klang der Wellen zu ihm hochgetragen wurde.
Der Abgrund rief ihn. Ja, es war einfach. Er musste nur herantreten und sich fallen lassen.
»Hier unten.«
Er trat an den Rand. Unter ihm verzweigten sich die Felsen. Auf einem Plateau, nur wenige Meter entfernt, lag jemand. Ein junger Mann, fast noch ein Kind.
»Du bist das«, murmelte er. »Was ist das für ein Traum, Elarides?«
»Gar keiner. Jetzt nicht mehr.« Die Stimme klang gequält. »Hilf mir hoch. Vicold wollte mich töten, und er ist mit dem Schattenherrscher und dem Haarwicht auf dem Weg nach Arland.«
»Langsam. Ich hole dich rauf.«
Seine Glieder waren schwer, und Feuer brannte in ihnen, als er sich langsam herabließ und nach unten kletterte.
***
Irgendwann lagen sie beide oben auf der Felszunge. Schweiß bedeckte seinen ganzen Körper, und kleinere Wunden an Armen und Händen kitzelten ihn.
Elarides erzählte, den Blick zum Himmel gewandt. Während seines Berichts stieg die Sonne langsam und enthüllte eine grüne Landschaft, die in die felsige Steilküste überging.
Am Ende schüttelte Raigar den Kopf. »Er hat es also geschafft. Der Hund.«
»Bist du neidisch?«, fragte Elarides und setzte sich auf. »Du würdest nicht so reden, wenn er dich mitgenommen hätte.«
»Ich bin dumm gewesen.«
»Ja, das hast du mir schon einmal erzählt. Du hättest Brakas
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