Magie der Schatten: Roman (German Edition)
und rannte den Abhang hinunter. Seine Stiefel rutschten durch Schlamm, und Laub stob um ihn herum auf. Er schlug es mit den Händen zur Seite und wich Wurzeln und unter den Blättern halb verborgenen Ästen aus. Im Laufen drehte er sich um.
Keuchend kam der Kaplan ihm hinterhergelaufen, aber er stolperte auf der Böschung und kugelte die Schräge hinab, gehüllt in Blätter und Schlamm. Noch eine Bewegung: Der Mann mit dem blitzenden Stahl in beiden Händen folgte ihnen.
Elarides schlug sich durch dorniges Gestrüpp. Fetzen rissen aus seinem Gewand, sein Reisemantel flatterte um ihn herum. Er stolperte über einen Strauch, die Welt drehte sich. Seine Schulter prallte auf den Boden, er spürte das Ächzen der Knochen, Schmerz blieb aber aus. Er rollte nach vorn und stand wieder auf. Schlamm klebte feucht auf seinen Wangen.
Der Kaplan lag als lebloser Haufen an einen Baumstumpf gelehnt. Neben ihm erhob sich der Mann mit den Klingen und kam Elarides nachgerannt.
Keuchend lief er noch schneller. Schweiß brannte auf seiner Haut, und er klammerte sich an das Buch unter seinem Arm. Er übersprang einen kleinen Bach, der unter ihm dahinplätscherte. Er lief, lief und lief. Die Bäume und ihre Schatten peitschten an ihm vorbei. Dunkel schlossen die Tannen ihn ein, und es gab nur noch ihn und seinen Körper, seinen röchelnden Atem und seine schmerzenden Beine.
Irgendwann blieb er stehen und schaute sich um.
Der Wind strich durch den düsteren Wald. Gelblich braune Tannennadeln bedeckten den Boden, aber nirgends war mehr ein schwarzer Mann mit blitzenden Händen. Auch keine Kutsche mehr, um die herum ein Kampf tobte, bei dem den Kriegern rotes Blut aus den Körpern schoss.
Elarides drehte sich in alle Himmelsrichtungen. Welche war die, aus der er gekommen war? Welche war die, in die er gehen musste?
»Hallo?«, fragte er.
Momente später raschelten die Blätter dicht vor ihm. Ein Mann stieg aus ihnen heraus, als wäre er ein Waldgeist. In seinen Händen funkelten Messer. »Du bist der Letzte.«
Kapitel 9:
ZWEI WELTEN
Der Klang von Stahl auf Stahl beherrschte den Kasernenhof. In zwei offenen Schmieden hämmerten Lehrlinge glühende Stahlstücke in Form, und im Freien, innerhalb von Kreidekreisen, schlugen Soldaten die fertigen Waffen in Übungskämpfen gegeneinander.
Lavar raffte seinen Mantel. Die Blicke der Aushilfsjungen an den Planwagen ließen ihn bereuen, dass er sich nicht in eine einfache Gewandung geworfen hatte. Aber was gingen sie ihn an.
Der Mann, den er suchte, saß in der Mitte des Platzes auf der Treppe vor dem Brunnen. Vier der Hunde mit dem brennenden Atem umstanden ihn wie Götzenbilder.
»Nachrichten vom Kaiser?« Der Flammenhirte, Brakas, strich einem der Hunde über die Schnauze, und zur Antwort stieg Rauch aus seinen Nüstern. »Wenn er schon seinen Sohn schickt.«
»Im Gegenteil.« Lavar blieb vor ihm stehen, einige Schritte von den Hunden entfernt. »Du wirst unser Gespräch ihm gegenüber niemals erwähnen. Ist das klar?«
Etwas an Brakas’ Haltung änderte sich. »Ich habe einen Handel mit ihm. Und es ist kein schlechter, denn für mich springt mein Leben dabei heraus.«
Lavar nickte. »An dem Handel wird sich nichts ändern. Es wird nur einen kleinen Zusatz geben.«
»Einen Zusatz.« Brakas betrachtete seine Hände und ließ eine winzige Flamme über die rechte Handfläche tanzen. »Wird der Zusatz meine Aufgabe erschweren oder erleichtern?«
»Siehst du mehr Männer und bessere Ausrüstung als Vor- oder Nachteil?«
Brakas fing die Flamme in seiner Faust und erstickte sie. »Wir gehen nicht auf einen Kriegszug, sondern auf eine gezielte Mission. Ja, mehr Männer könnten sie erschweren. Noch mehr, wenn bessere Ausrüstung schwere, klirrende Panzerhemden bedeutet.«
»Du kannst dir aussuchen, was du haben willst. Wovon und wie viel. Die Hauptsache ist nur die …«, er holte tief Luft, »… dass ich mitkomme.«
Brakas zeigte keine Reaktion. Einer der Hunde knurrte, aber Lavar blieb aufrecht stehen.
»Du?«, fragte Brakas. »Ich meine … Ihr, Prinz?«
»Ja.«
»Das halte ich für eine sehr, sehr schlechte Idee.«
»Meine Krieger werden um mich sein, und ich selbst kann auch ein Schwert am richtigen Ende anfassen.«
Brakas strich sich über den Bart. »Aber wenn Ihr sterbt, wird solcherlei Euren Vater nicht interessieren. Er wird einen Sklaven sehen, der seinen Sohn entführte und umbrachte, ob durch die eigene Klinge oder durch Leichtsinn. Mein Kopf wird rollen wie der
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