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Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Magie der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lisowsky
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seinen Städten aus geschmolzenem Stein, mit den toten Bäumen und dem leeren Himmel.«
    »Es ist nicht ganz so schlimm, wie du es damals beschrieben hast. Die Flüsse führen gewöhnliches Wasser, und wir haben unseren Verstand noch. Es ist nur, als hätte ein unendlich heißes Feuer alles verbrannt, was hier einmal war.« Er stieß das Messer in den Schuppenpanzer am Rücken. Die Klinge drang in das zähe Horn ein, er schnitt ein dreieckiges Stück Fleisch heraus und reichte es Elarides.
    »Und das Vieh hier?«, fragte der. »Das war wohl vorher mal ein Wolf und wurde dann durch das große Feuer in diese Albtraumkreatur verwandelt?«
    »Möglich«, sagte Raigar. »Fällt dir etwas auf?«
    »Dass wir reden, nur um zu reden?«
    Raigar schnitt sich selbst ein Stück Fleisch aus dem Echsenleib. »Aber das ist wohl der einzige Weg, um dem Wahnsinn zu entgehen. Ich will nicht wissen, was ich tun würde, wenn ich hier allein wäre. Ob ich dann noch am Leben wäre.«
    »Gut, dass du Prinzessin Zauberschuh dabeihast.«
    Raigar nickte. Er legte das dampfende Fleischstück plötzlich ab und wandte sich zur Nacht, die draußen das Land einhüllte. »Was wird Prinzessin Zauberschuh tun, wenn sie zurückkehrt?«
    »Ganz zurück, meinst du?« Elarides kaute. »Ich habe jetzt wohl mehr von der Welt gesehen als mein Vater, der sein Leben auf dem Thron verbracht hat.«
    »Denkst du, dass das gut oder schlecht ist?«
    »Keins von beidem. Ich habe einfach mehr gesehen.«
    Eine Zeitlang herrschte Schweigen.
    »Kannst du irgendwohin zurück?«, fragte Elarides. »Ich meine, da war zumindest Brakas, auch wenn alle anderen, die du kennst, tot oder in alle Himmelsrichtungen verstreut sind.«
    »Brakas«, sagte Raigar, »ist jetzt mein Feind.«
    Elarides öffnete den Mund, um etwas zu sagen, tat es dann aber doch nicht.
    »Er hat das entschieden, nicht ich.«
    Elarides blickte ins Feuer. Das morsche, tote Holz knisterte. »Ich dachte irgendwie, man hätte mehr zu erzählen, wenn man so zusammensitzt.«
    »Man hat ziemlich schnell alles gesagt, was es zu sagen gibt.«
    »Wahrscheinlich«, sagte Elarides. Er spülte den letzten Bissen Fleisch mit einem Schluck aus seinem Wasserschlauch herunter, dann zog er seine Decke um sich zusammen.
    Raigar blieb unter der Spitze des Vorsprungs sitzen und kaute auf dem öligen Fleisch herum.
    ***
    Am nächsten Morgen brachen sie früh auf. Die Sonne stieg über den Horizont und versuchte, das dunkle Land mit ihrem goldenen Schein zu überziehen. Auf der Erde, auf Bäumen und auf manchen Felsen funktionierte es, aber die meisten Steine verschluckten das Licht einfach.
    Vor ihnen erstreckte sich ein Talkessel, an dessen Grund sich die geschmolzenen Konturen von Stadtmauern und Häusern abzeichneten.
    »Vielleicht finden wir dort unten etwas.« Elarides tat schlaftrunken die ersten Schritte durch die dunkle Schneise im Fels, die einmal ein Weg gewesen sein mochte.
    Raigar wusste, was sein Gefährte meinte. Etwas zu finden, war hier die Erlösung. Weil etwas etwas anderes war als nichts . Über etwas konnte man ein paar Sätze verlieren, die Augen sahen mal etwas anderes, wenn es auch nur für Minuten war.
    Nicht dass etwas einen besonderen Nutzen gehabt hätte, aber es reichte aus.
    Die Ruinen reichten Raigar meistens nicht mal bis auf Hüfthöhe. Wie hoch die Häuser einst gewesen waren, ließ sich nicht sagen. Jetzt waren sie unförmig zusammengeschmolzen und erinnerten an gefrorene Meereswellen auf offener See. Nur manchmal erhob sich noch eine schiefe Wand aus dem geschmolzenen Stein.
    Elarides spähte weiter vorn nach dem Etwas , das er hier vermutete.
    Ihre Schritte waren wahrscheinlich meilenweit das einzige Geräusch. Und der einzige Geruch war der des eingewickelten Echsenfleischs in seinem Rucksack.
    Raigar hob einen losen Stein vom Boden auf und jonglierte mit ihm im Gehen. Beschäftigt bleiben. Das half gegen die Leere, den größten Feind.
    »Raigar.« Elarides bog um eine Ecke des Trümmerfelds. Seine Augen waren groß. »Schnell, komm.«
    »Wieso?« Er warf den Stein in die Luft und fing ihn wieder auf. »Hast du eine von diesen Echsen aufgeschreckt?«
    »Nein, komm. Da ist jemand.«
    »Jemand?« Energie schoss wie Feuer in seine Glieder. Ein Mensch? Hier?
    Raigar folgte ihm. Er prüfte die Waffen an seinem Gürtel: scharf und einsatzbereit. »Ich glaube, dass du dir das eingebildet hast.«
    Er bog um die Ecke – und da saß jemand.
    Er hatte sich an eine formlose Ruine gelehnt. Der Wanst

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