Magie der Sehnsucht - Roman
wirkte er noch attraktiver als zuvor, falls das überhaupt möglich war.
»Zufrieden?«, fragte die Friseuse.
»Ja, danke«, antwortete Julian.
Grace gab der Frau ein Trinkgeld, dann bezahlte sie den Haarschnitt an der Kasse und wandte sich zu Julian. »Fantastisch! Jetzt siehst du so aus, als würdest du in unsere Welt gehören.«
Da zuckte er zusammen, als hätte sie ihn geschlagen.
»Habe ich dich beleidigt?«, fragte sie bestürzt. Das wollte sie wirklich nicht.
»Nein.«
Doch sie wusste es besser. Aus unerfindlichen Gründen hatte ihn ihre harmlose Bemerkung verletzt.
»Also sind Sie Aphrodites Sohn«, bemerkte Selena, während sie das Brewery durchquerten, und er warf ihr einen kurzen Seitenblick zu.
»Genau genommen bin ich überhaupt kein Sohn. Von niemandem. Meine Mutter verließ mich, mein Vater enterbte mich, und ich wuchs auf einem spartanischen Schlachtfeld auf, unter wechselnden Kommandanten.«
Seine Worte trafen Grace mitten ins Herz. Kein Wunder, dass er so hartgesotten war, so stark … Hatte ihn jemals eine Frau liebevoll umarmt? Nur ein einziges Mal, ohne zu fordern, er müsse sie zuerst befriedigen?
Er ging ein paar Schritte vor Grace und ihrer Freundin, und sie beobachtete seinen geschmeidigen Gang. Ein schönes, gefährliches Raubtier. Die Daumen in den vorderen Taschen seiner Jeans, schlenderte er dahin, ohne die schmachtenden Blicke der Frauen zu bemerken.
Grace versuchte sich vorzustellen, wie er auf jenem spartanischen Schlachtfeld ausgesehen hatte, in seiner kriegerischen Rüstung. Zweifellos war er ein ausgezeichneter Kämpfer gewesen.
»Lanie, habe ich auf dem College nicht gelesen, die Spartaner hätten ihre Söhne jeden Tag geschlagen, um herauszufinden, wie viel Schmerzen sie ertragen würden?«
»Ja, das stimmt«, antwortete Julian an Selenas Stelle. »Einmal im Jahr fand ein Wettkampf statt. Wer diese Schläge am längsten erdulden konnte, ohne zu weinen, wurde zum Sieger erkoren.«
»Bei diesen seltsamen Turnieren sind mehrere Kinder gestorben«, ergänzte Selena. »Entweder während der Prügelei oder später an den Wunden.«
Nun verstand Grace, warum Julian die Griechen so abgrundtief hasste.
Anscheinend konnte Selena diese Gefühle nachempfinden, denn sie nickte ihr teilnahmsvoll zu. Dann wandte sie sich wieder an Julian. »Als Sohn einer Göttin können Sie sicher starke Schmerzen verkraften.«
»Klar«, bestätigte er schlicht und emotionslos.
In diesem Augenblick hätte Grace ihn am liebsten in die Arme genommen. Nie zuvor hatte sie einen so sehnlichen Wunsch verspürt. Aber sie wusste genau, das würde ihm missfallen.
»Wisst ihr was?«, begann Selena, und Grace merkte ihren funkelnden Augen an, dass sie die Stimmung auflockern wollte. »Ich bin wahnsinnig hungrig. Was haltet ihr von einem Burger im Hard Rock?«
Unwillig zog Julian die Brauen zusammen. »Warum habe ich ständig das Gefühl, ihr würdet euch in einer Fremdsprache unterhalten? Was ist ein Burger im Hard Rock?«
Belustigt erklärte Grace: »Das Hard Rock Café ist ein Restaurant.«
»Und das heißt Hard Rock? Wollt ihr in ein Lokal gehen, in dem das Essen steinhart ist?«
Da brach sie in lautes Gelächter aus. Auf solche Gedanken würde sie niemals kommen. »Da schmeckt es wirklich gut. Komm, das werde ich dir beweisen.«
Sie verließen das Brewery, überquerten den Parkplatz und betraten das Hard Rock Café. Zum Glück mussten sie nicht lange warten, bis sie einen freien Tisch bekamen.
»He!«, rief ein Mann der Geschäftsführerin zu. »Wir waren zuerst da.«
Verächtlich fixierte sie ihn. »Ihr Tisch ist noch nicht fertig.« Dann strahlte sie Julian an. »Wenn Sie mir folgen würden, Sir …« Mit neckischem Hüftschwung ging sie voraus und wies auf einen Fensterplatz.
Selena schnitt eine Grimasse, deutete vielsagend auf die pralle Kehrseite der Frau, und Grace unterdrückte ein Kichern.
»Nehmen Sie bitte Platz, Sir«, bat die Frau und berührte Julians Arm. »Gleich wird sich eine Kellnerin um Sie kümmern. «
»Sind wir unsichtbar?«, fragte Grace, nachdem die Geschäftsführerin davongeeilt war.
»Zumindest liegt diese Vermutung nahe«, meinte Selena und setzte sich mit dem Rücken zum Lokal.
Grace nahm ihr gegenüber Platz. Wie erwartet ließ sich Julian an ihrer Seite nieder, und sie reichte ihm eine der Speisekarten. »Das kann ich nicht lesen«, sagte er und legte die Karte beiseite.
»Oh …«, murmelte sie verlegen. Daran hätte sie denken müssen. »Wahrscheinlich
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