Magie der Sehnsucht - Roman
Jetzt sind gerade ein paar Leute von der Spurensicherung hier und suchen nach Fingerabdrücken. Soweit ich feststellen konnte, wurde nichts Wichtiges gestohlen. Gibt es in deiner Praxis irgendwas Wertvolles?«
»Nur meinen Computer.«
»Der steht noch auf deinem Schreibtisch. Sonst nichts? Kein Geld?«
»Nein, ich lasse keine Wertsachen herumliegen.«
»Bleib dran, der Officer will mit dir reden.«
Grace wartete, bis eine Männerstimme aus dem Handy drang. »Dr. Alexander?«
»Ja.«
»Ich bin Officer Allred. Offenbar hat jemand Ihren Rolodex und ein paar Akten entwendet. Wissen Sie, wer sich dafür interessieren könnte?«
»Nein. Soll ich in meine Praxis kommen?«
»Nicht nötig. Rufen Sie uns bitte an, wenn Ihnen was einfällt«, fügte er hinzu und gab Beth das Telefon zurück.
»Brauchst du mich?«, fragte Grace.
»Bemüh dich nicht. Das alles ist ziemlich langweilig.«
»Okay, Beth, melde dich, falls ich dir irgendwie helfen kann.«
»Ja, danke.«
Grace drückte auf die Aus-Taste und steckte das Handy in ihre Tasche.
»Ist was passiert?«, erkundigte sich Julian.
»Letzte Nacht ist jemand in meine Praxis eingebrochen. «
»Wieso?«
»Das weiß ich nicht.« Verwirrt runzelte sie die Stirn. »Und ich verstehe nicht, warum meine Adresskartei geklaut wurde. Den Rolodex benutze ich gar nicht mehr, seit ich im Frühling einen Palm Pilot gekauft habe. Sonderbar …«
»Müssen wir das Aquarium verlassen?«
»Nein.« Sie führte ihn herum, zeigte ihm verschiedene Meeresbewohner und las die erklärenden Texte vor, weil ihm die Schriftart fremd war.
Wie er den Klang ihrer Stimme liebte … So tröstlich und besänftigend … Während sie herumschlenderten, legte er einen Arm um ihre Schultern, und sie umfing seine Taille, den Daumen in einer Gürtelschlaufe.
Über diese Geste freute er sich. Und im selben Moment erkannte er, wofür er seit einigen Tagen lebte – nur mehr, um Graces Nähe zu spüren. Vorzugsweise, wenn sie beide nackt waren.
Als sie ihn anlächelte, pochte sein Herz schneller. Warum bezauberte ihn diese Frau so sehr – wie keine andere je zuvor?
Und dann konnte er die Frage beantworten. Weil sie ihn sah. Nicht nur seinen Körper, die Kraft eines Kriegers – sie schaute in seine Seele. Dass es solche Menschen gab, hatte er nicht gewusst. Sie behandelte ihn wie einen Freund. Und sie bemühte sich, ihm zu helfen. Zumindest erweckte sie diesen Eindruck.
Das gehört zu ihrem Beruf. Oder steckte mehr dahinter?
Würde ein Mann wie er einer so wundervollen Frau wirklich etwas bedeuten?
Das Kinn auf ihrem Scheitel, lauschte er ihrer melodischen Stimme und atmete ihren Duft ein, sah die Fische umherschwimmen und wünschte, sie wären wieder daheim.
Dort würde er sie sofort ausziehen.
Noch nie hatte er eine Frau so leidenschaftlich begehrt wie Grace. In ihr wollte er sein Ich verlieren, ihre Fingernägel spüren, die sich in seinen Rücken gruben, den Schrei ihrer Erfüllung hören.
Möge ihm das Schicksal gnädig sein – sie ging ihm wahrlich unter die Haut. Und das erschreckte ihn. Denn sie eroberte allmählich einen Ort in seinem Innern, der ihm Schmerzen bereiten konnte, wie er sie nie zuvor erlitten hatte.
Nur sie allein vermochte ihn ganz und gar zu beherrschen.
Kurz vor ein Uhr verließen sie das Aquarium. Grace stöhnte in der Mittagshitze. An solchen Tagen überlegte sie, wie die Menschheit so ein Wetter vor der Erfindung der Klimaanlage überlebt hatte.
Aber da war jemand, den sie danach fragen konnte. Lächelnd wandte sie sich zu Julian. »Was habt ihr früher gemacht, wenn es so heiß war?«
»Hier ist es nicht heiß.« Nonchalant zog er die Brauen hoch. »Du solltest mal mit einem Heer durch eine Wüste marschieren, in schwerer Rüstung, und nur einen einzigen Wasserschlauch besitzen.«
»Oh, das klingt ja grauenhaft!« Grace spähte zum Jackson Square hinüber. »Besuchen wir Selena? Sie müsste in ihrem Kiosk sitzen. Am Samstag macht sie immer die besten Geschäfte.«
»Wohin du auch gehst – ich folge dir.«
Lachend ergriff sie seine Hand, und sie überquerten den großen Platz. Wie erwartet trafen sie Selena in ihrem
Kiosk an, wo sie gerade einen Kunden bediente. Um die beiden nicht zu stören, wollte Grace mit Julian umkehren.
Aber Selena winkte sie zu sich. »Hallo, Gracie, erinnerst du dich an Ben? Oder eher – an Dr. Lewis aus unserer Schule?«
Grace zögerte, als sie den korpulenten Mittvierziger erkannte, der ihr den Notendurchschnitt vermasselt
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