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Magie der Sehnsucht - Roman

Magie der Sehnsucht - Roman

Titel: Magie der Sehnsucht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherrilyn Kenyon
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erfasst, verlor er beinahe die Besinnung. Auf den antiken Schminktisch gestützt, kämpfte er mit seinen heftigen Emotionen. »So kann ich nicht länger leben«, wisperte er. »Ich bin kein Tier.«
    Dann blickte er auf und sah seinen Vater im Spiegel. Voller Hass betrachtete er sein Gesicht, glaubte die Peitschenhiebe zu spüren, die seinen Rücken geschunden hatten,
bis er beinahe zu Boden gesunken war. »Wage nicht zu weinen, mein hübscher Junge. Kein einziges Wimmern will ich hören. Wenn du auch von einer Göttin geboren wurdest – du musst in dieser Welt leben. Und hier werden hübsche kleine Jungen nicht verwöhnt.«
    Vor Julians geistigem Auge spielten sich jene furchtbaren Szenen ab. Immer wieder hatte der Vater ihn zu Boden gestoßen oder im kraftvollen Würgegriff festgehalten. Mit aller Kraft hatte sich der Sohn gewehrt, war aber mit vierzehn zu jung und unerfahren gewesen, um Widerstand zu leisten.
    Mit einem höhnischen, verächtlichen Lächeln zückte der Vater seinen Dolch, schnitt Julians Wange bis zum Knochen auf. Und das alles nur, weil seine Frau den Jungen beim Abendessen angestarrt hatte.
    »Mal sehen, ob sie dich jetzt immer noch begehrt!«
    Der Schmerz war unerträglich. Den ganzen Tag rann Blut über sein Gesicht. Am nächsten Morgen war die Wunde spurlos verschwunden, und der Zorn des Vaters hatte keine Grenzen gekannt.
    »Julian?«
    Verwirrt zuckte er zusammen, als eine Stimme erklang, die er über zweitausend Jahre lang nicht gehört hatte. Er schaute sich um, sah aber nichts.
    War die Stimme tatsächlich erklungen? Unsicher fragte er: »Athene?«
    Da erschien sie auf der Schwelle, modern gekleidet, aber das Haar im griechischen Stil hochgesteckt. Schwarze Ringellocken fielen auf ihre Schultern herab. In ihren hellblauen Augen glänzte ein sanftes Lächeln. »Ich komme im Auftrag deiner Mutter zu dir.«
    »Erträgt sie meinen Anblick noch immer nicht?«
    Athene senkte den Kopf, und Julian wäre beinahe in
schallendes Gelächter ausgebrochen. Warum hoffte er, seine Mutter wollte ihn sehen? Inzwischen müsste er sich an ihre Abneigung gewöhnt haben.
    Nachdenklich, mit seltsamer Wehmut, schaute Athene ihn an und wickelte eine ihrer dunklen Locken um einen Finger. »Von alldem wusste ich nichts. Sonst hätte ich dir geholfen. Immerhin warst du mein Lieblingsgeneral.«
    Plötzlich verstand er, was ihm vor all den Jahrhunderten zugestoßen war. »Hast du mich gegen Priapos ausgespielt? «
    Bevor sich ihre Miene verschloss, konnte sie ihre Schuldgefühle nicht vollends verhehlen. »Was geschehen ist – ist geschehen.«
    »Ach, tatsächlich?«, rief er erbost. »Warum hast du mich in jene Schlacht geschickt, obwohl du wusstest, wie sehr Priapos mich hasste?«
    »Weil ich wusste, du würdest siegen. Und ich verabscheute die Römer. Du warst der einzige General, der Livius schlagen konnte. Und das gelang dir auch. So stolz bin ich auf dich gewesen, als du ihn enthauptet hast.«
    »Stolz?« Julian traute seinen Ohren nicht. »Auf mich?«
    Statt die Frage zu beantworten, erklärte sie: »Deine Mutter und ich haben deinetwegen mit Klotho gesprochen.«
    Erstaunt hob er die Brauen. Klotho, eine der Moiren, bestimmte das Schicksal aller Menschenleben. »Und?«
    »Wenn du dich von dem Fluch befreist, darfst du nach Makedonien zurückkehren, zu demselben Tag, an dem du in der Schriftrolle eingeschlossen wurdest.«
    »Wäre das möglich?«, flüsterte er ungläubig.
    »Aber du könntest nicht mehr kämpfen. Sonst würdest du den Lauf der Geschichte verändern. Wenn wir dir die Heimkehr erlauben, musst du schwören, dass du dich in dein Dorf zurückziehen wirst.«

    Natürlich gab es einen Haken an der Sache. Er hätte es besser wissen müssen, als nur eine Sekunde lang zu glauben, die Göttinnen würden ihm wirklich helfen. »Und was soll ich da?«
    »Du würdest wieder in deiner eigenen Zeit leben. In einer Welt, die du kennst.« Athene schaute sich im Badezimmer um. »Oder du bleibst hier, wenn du das vorziehst. Die Entscheidung liegt bei dir.«
    »Was für eine fabelhafte Alternative!«, spottete er verächtlich.
    »Hättest du gar keine Wahl, wäre es viel schlimmer.«
    »Und meine Kinder?« So verzweifelt sehnte er sich nach den beiden einzigen Menschen, die ihm jemals etwas bedeutet hatten.
    »Das können wir nicht ungeschehen machen. Eigentlich müsstest du das wissen.«
    Mühsam unterdrückte er einen Fluch.
    Offenbar war es ein göttliches Prinzip, nur zu nehmen – niemals zu geben.
    Mit zarten

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