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Magie der Sehnsucht - Roman

Magie der Sehnsucht - Roman

Titel: Magie der Sehnsucht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherrilyn Kenyon
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hatte. Ganz zu schweigen von seinem Ego – so groß wie Alaska – und seiner Neigung, die Schüler zu schikanieren. Bei den Abschlussprüfungen hatte er sich so sadistisch verhalten, dass ein armes Mädchen in Tränen ausgebrochen war, und er hatte lauthals darüber gelacht.
    »Hi«, grüßte Grace und verbarg ihre Antipathie. Wahrscheinlich konnte der Mann nichts dafür, dass er so widerlich war. Nachdem er seinen Dr. phil. in Harvard gemacht hatte, glaubte er, die ganze Welt müsste sich um ihn drehen.
    »Ah, Miss Alexander«, sagte er in demselben abfälligen Ton, den sie damals gehasst hatte.
    »Genau genommen Dr. Alexander«, verbesserte sie ihn und beobachtete voller Genugtuung, wie er verblüfft die Augen aufriss.
    »Verzeihen Sie«, murmelte er, was keineswegs wie eine Entschuldigung klang.
    »Gerade habe ich mich mit Ben über das alte Griechenland unterhalten«, verkündete Selena und grinste Julian verschwörerisch an. »Nach meiner Ansicht war Aphrodite die Tochter von Uranos.«
    Gepeinigt schaute Dr. Lewis zum Himmel hinauf. »Und ich sage Ihnen zum hundertsten Mal – nach einer allgemein akzeptierten These wurde sie von Zeus und Dione gezeugt. Wann werden Sie mir endlich zustimmen?«

    Selena ignorierte ihn und wandte sich zu Julian. »Wer hat denn Recht?«
    »Eindeutig Sie, Selena«, versicherte er, und Ben rümpfte hochmütig die Nase.
    Wie Grace ihm anmerkte, sah er in Julian einfach nur einen attraktiven jungen Mann, der sich vermutlich mit Biersorten und Automarken auskannte, aber nichts von der griechischen Mythologie verstand. »Haben Sie jemals Homer gelesen? Wissen Sie überhaupt, wer das war?«
    Grace bekämpfte ihren Lachreiz. Gespannt wartete sie auf Julians Antwort.
    »Oh ja, ich habe Homer gelesen, sogar ausgiebig«, erklärte er lächelnd. »Die Texte, die ihm zugeschrieben werden, sind eine Mischung aus mündlich überlieferten Legenden, die immer wieder erzählt wurden, bis sich die Fakten im Altertum verloren. Schließlich verfasste Hesiod mit der Hilfe Klios, der Muse der Geschichte, die Theogonie, ein Werk über die Abstammung der Götter. Gemeinsam mit Homer gilt er als Schöpfer der Götterwelt.«
    Dr. Lewis sagte etwas auf Altgriechisch.
    »Oh, das ist keineswegs nur eine Theorie, sondern eine Tatsache«, erwiderte Julian in Englisch.
    Ben starrte ihn an, immer noch skeptisch. Anscheinend konnte er nicht glauben, dass jemand, der so aussah, über solche Kenntnisse verfügte. Noch dazu auf seinem Fachgebiet. »Woher wissen Sie das?«
    Diesmal antwortete Julian auf Altgriechisch.
    Zum ersten Mal, seit Grace den Lehrer kannte, sah sie ihn verblüfft nach Luft schnappen. »Mein Gott, Sie beherrschen diese Sprache, als wären Sie in der griechischen Antike aufgewachsen!«
    Julian zwinkerte Grace belustigt zu.
    »Sind Sie endlich überzeugt, Ben?«, warf Selena ein.
»Niemand kennt die griechischen Götter und Göttinnen so gut wie unser Freund.«
    Jetzt entdeckte Dr. Lewis den Ring an Julians Finger. »Ist es das, was ich glaube? Ein Generalsring?«
    »Ja«, bestätigte Julian.
    »Darf ich ihn sehen?«
    Julian zog den Ring vom Finger und reichte ihn dem Lehrer.
    Bens Atem stockte. »Makedonien? Zweites Jahrhundert vor Christi, nehme ich an.«
    »Sehr gut«, lobte Julian.
    »Was für eine unglaubliche Reproduktion!«, meinte Ben und gab ihm den Ring zurück.
    Julian steckte ihn wieder an seinen Finger. »Oh, das ist keine Reproduktion.«
    »Was?«, rief Ben ungläubig. »Das kann unmöglich ein Original sein. Dafür sieht er viel zu neu aus.«
    »Bisher befand er sich in einer Privatsammlung«, mischte sich Selena ein.
    Ben schaute zwischen den beiden hin und her. »Und wie sind Sie in den Besitz dieser Kostbarkeit gelangt?«, fragte er Julian.
    Eine Zeit lang schwieg Julian und entsann sich, wie man ihm den Ring verliehen hatte. Gemeinsam mit Kyrian von Thrakien war er befördert worden, nachdem sie – nur zu zweit – Themopolis vor den Römern gerettet hatten. Es war ein langer, brutaler, blutiger Kampf gewesen.
    Völlig demoralisiert, war das Heer geflohen und hatte es den beiden Kriegern überlassen, die Stadt zu verteidigen. Julian erwartete, dass auch Kyrian das Weite suchen würde. Aber der junge Narr lächelte ihn an, ergriff mit jeder Hand ein Schwert und rief: »Welch ein schöner Tag, um zu sterben! Wollen wir möglichst viele von diesen Bastarden
niedermetzeln, bevor wir Charon die Überfahrt zum Hades bezahlen?«
    Schon immer hatte Kyrian mehr Mut als Verstand

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