Magie der Sehnsucht - Roman
Leitung.
Grace zitterte so heftig, dass sie kaum auf die Aus-Taste drücken konnte.
»Was ist los?« Besorgt neigte sich Julian zu ihr. »Was ist los?«
»Rodney Carmichael ist in meinem Haus«, erklärte sie und wählte die Nummer der Polizei.
»Okay, wir treffen uns dort«, antwortete der Officer, nachdem sie ihn über die Situation informiert hatte. »Gehen Sie nicht rein, bevor wir da sind.«
»Ganz sicher nicht.«
Julian ergriff ihre Hände. »Warum zitterst du?«
»Weil ein Wahnsinniger in meinem Haus an meiner Unterwäsche riecht und mich beschimpft. Kein Wunder, dass ich zittere …«
Erbost umfasste er ihre Hände noch fester. »Niemals werde ich ihm erlauben, dir wehzutun.«
»Das weiß ich zu schätzen, Julian, aber der Mann ist …«
»Tot, wenn er dir zu nahe tritt. Ich werde dich nicht im Stich lassen.«
»Erst beim nächsten Vollmond.«
Als er nicht widersprach und ihrem Blick auswich, lächelte sie tapfer. »Schon gut, damit werde ich fertig. Schon seit Jahren bin ich auf mich allein gestellt. Und Rodney ist nicht der erste Patient, der mich verfolgt. Er wird auch nicht der letzte sein.«
Nun schaute er sie wieder an, und in seinen blauen Augen schienen Flammen zu lodern. »Wie viele Patienten haben dich belästigt?«
»Das ist mein Problem. Nicht deines.«
Da starrte er sie an, als wollte er sie erwürgen.
12
SIE ERREICHTEN DAS Haus zur selben Zeit wie die Polizei. Misstrauisch wandte sich der bullige junge Officer zu Julian. »Wer ist er?«
»Ein Freund«, erklärte Grace.
Der Beamte streckte eine Hand aus. »Okay, geben Sie mir die Schlüssel. Während ich mich da drin umsehe, bleibt Officer Reynolds hier draußen bei Ihnen.«
Widerspruchslos reichte sie ihm ihren Schlüsselbund. Während er ins Haus ging, kaute sie nervös an ihrem Daumennagel. Bitte, lieber Gott, lass Rodney da drin sein …
Aber ihr Gebet wurde nicht erhört. Eine Viertelstunde später kam der Polizist heraus und schüttelte den Kopf.
»Verdammt«, flüsterte sie, dann folgte sie ihm zusammen mit Julian und Officer Reynolds in die Diele.
»Stellen Sie mal fest, ob da oben was fehlt, Dr. Alexander«, bat der jüngere Polizist.
»Hat Carmichael was durcheinandergebracht?«
»Nur im Schlafzimmer.«
Bedrückt stieg sie vor den drei Männern die Treppe hinauf. Sie war so blass, dass die Sommersprossen stärker denn je hervortraten, und Julian hätte den Schurken, der ihr das alles antat, am liebsten niedergeschlagen. Keine Frau dürfte sich so sehr fürchten. Schon gar nicht in ihren eigenen vier Wänden.
Am Treppenabsatz blieb sie kurz stehen, sah eine offene Tür und rannte darauf zu. »Oh nein!«
Julian eilte ihr nach. Schweren Herzens spürte er ihre
Verzweiflung, sah die Tränen über ihre Wangen rollen. Das Bett war zerwühlt, der Inhalt der Schubladen und des Schranks auf dem Boden verstreut, als wäre Zephyr voller Zorn durch den Raum gestürmt.
Tröstend berührte Julian ihre Schulter.
»Wie konnte er ihr Zimmer so verwüsten?«, wisperte sie.
» Ihr Zimmer?«, wiederholte Officer Reynolds. »Leben Sie nicht allein?«
»Doch … Das Zimmer hier bewohnten meine Eltern, bis sie starben.«
Ungläubig schaute sie sich um. Dass es Carmichael auf sie abgesehen hatte, verstand sie. Aber warum hatte er diesen Raum verwüstet?
Sie betrachtete die Sachen, die sie an so viele wundervolle Momente erinnerten. Manchmal hatte sie sich den Lieblingspullover ihrer Mutter ausgeliehen. Und die Ohrringe hatte der Vater seiner Frau zum Hochzeitstag geschenkt, kurz vor dem tödlichen Unfall. Und jetzt lag alles auf dem Teppich, als wäre es völlig wertlos.
Aber ihr bedeutete es sehr viel. Außer diesen Gegenständen war ihr nichts von ihren Eltern geblieben. »Wie konnte er nur?«, stieß sie wütend hervor.
Julian nahm sie in die Arme. »Schon gut, Grace.«
Nein, es war nicht gut. Allein schon der Gedanke, dass der Bastard die Kleider ihrer Mutter angefasst und die Laken vom Ehebett gerissen hatte, drehte ihr den Magen um. Wie konnte er es wagen …
»Wir finden den Kerl«, versicherte Reynolds.
»Und was dann?«, fragte Julian.
»Das muss ein Gericht entscheiden.«
Verächtlich seufzte Julian. Von den Richtern dieses Zeitalters, die Verrückte ungehindert herumlaufen ließen, hielt er nichts.
»Auch wenn es Ihnen schwerfällt, Dr. Alexander …«, begann Reynolds zögernd. »Sehen Sie bitte nach, ob etwas fehlt – das ist wichtig.«
»Natürlich.«
Julian bewunderte ihre Tapferkeit, als sie sich
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