Magie des Windes - Feehan, C: Magie des Windes - Safe Harbor (5 - Hannah)
Lassen Sie sich von mir unterstützten. Ich kann mit Ihnen in Verbindung treten.« Sie machte das Angebot, ohne zu zögern. Falls Prakenskij sich entschließen sollte, es anzunehmen, räumte ihm das einen ganz entschiedenen Vorteil ein, denn wenn er sich erst einmal mit Sarah verband, würde ihm ein weiterer Pfad bereitstehen, der ihn zur Energiequelle der Drakes führte, aber das spielte jetzt keine Rolle. Das Einzige, was zählte, war Hannah am Leben zu erhalten.
Sie war überrascht, als er nickte, denn wenn sie sich selbst und ihre Magie ihm gegenüber öffnete, blieb ihm gar nichts anderes übrig, als dasselbe zu tun. Sarah lehnte sich auf dem Stuhl ihm gegenüber zurück, holte tief Atem und gestattete ihrem Geist, sich zu öffnen, sich auszudehnen, Kontakt aufzunehmen und zu verschmelzen.
Prakenskij sah sie direkt an und seine Augen flackerten in einem Ton von tiefem Blaugrün. Im ersten Moment verblüffte sie die leuchtende Farbe, die so wirkte, als sei das Meer stürmisch zum Leben erwacht, doch dann begann die Farbe zu kreisen und dunkler zu werden und sie blickte in leere, unergründliche Spiegel. Es war ganz ausgeschlossen, ihn zu »lesen«. Ilja Prakenskij blieb ein geschlossenes Buch und das war nahezu
unmöglich, wenn sie sich miteinander verbunden hatten. Sie hätte in der Lage sein sollen, ihn auf dieselbe Weise zu lesen, auf die er sie jetzt mit Sicherheit las.
Sie konnte seine Erschöpfung und seine Anspannung fühlen. Der Kampf, Hannah am Leben zu erhalten, verlangte seiner ungeheuren Stärke sehr viel ab, obgleich sich an seiner äußeren Erscheinung nicht ablesen ließ, wie extrem die Situation war. Er kämpfte mit jeder Faser darum, sie am Leben zu erhalten, und seine Kraft ließ eindeutig nach. Sarah fand Zugang zu seinem Geist und suchte nach dem Pfad zu ihrer Schwester. Schmerz schlug ihr entgegen, raste durch ihren Geist und traf ihren Körper derart, dass sie zurückgeschleudert wurde, fort von Prakenskij.
Sarah keuchte und krümmte sich. »Sie sollte überhaupt nichts fühlen. Sie ist doch bewusstlos, oder nicht?« Sie sah Ilja an. »Ist sie etwa nicht bewusstlos?«
»Sie wirkt bewusstlos, aber sie ist dichter an der Oberfläche, als sie es sein sollte, weil sie auf ihn wartet.« Ilja deutete auf Jonas.
Jonas stockte der Atem. Das würde Hannah ähnlich sehen. Sie würde nicht so leicht untergehen, jedenfalls dann nicht, wenn sie etwas zu sagen hatte.
»Du musst sofort zu ihr gehen«, sagte Sarah. »Du musst erreichen, dass sie dich in ihr Zimmer lassen, Jonas. Mit solchen Schmerzen kann kein Mensch überleben. Setz dich zu ihr, und Mr. Prakenskij und ich werden sie festhalten, bis die Familie hier eintrifft.«
Jonas nickte und machte sich auf die Suche nach der Oberschwester. Große Überredungskunst war erforderlich und er musste auch sein Abzeichen zücken und mehrfach drohende Gefahr erwähnen, aber er war schon immer ein überzeugender Mann gewesen und lief bald darauf auf das Zimmer zu, in dem Hannah, von Geräten umgeben, ganz still dalag.
Jonas ließ sich auf den Stuhl neben dem Bett sinken. Ihr
Gesicht war geschwollen und bläulich verfärbt. Ihr Körper war nur mit einem dünnen Laken bedeckt. Darunter sah sie klein und schmächtig aus und schien so gar nicht die imposante, große Hannah Drake zu sein. Ihre unglaublich langen Wimpern lagen als Halbmonde über ihren Wangenknochen und wirkten unpassend zwischen dem blutigen Verbandszeug.
Sein Herz zog sich so eng zusammen, als sei es in einen Schraubstock gezwängt. Es war ein echter körperlicher Schmerz und er presste sich die Hand fest auf die Brust, als er das Laken hochhob, um ihren Körper zu inspizieren. Vom Hals abwärts war sie umwickelt wie eine Mumie. Er schluckte die aufsteigende Galle herunter, als er feststellte, dass ihr auch die Kehle aufgeschlitzt worden war, nicht nur das Gesicht und die Brust und der Unterleib. Ihr Angreifer war genauso brutal gewesen, wie es im Fernsehen den Eindruck gemacht hatte. Jonas hatte gehofft, der Winkel der Kamera hätte den Eindruck verschärft, aber es war eindeutig zu erkennen, dass der Mann entschlossen gewesen war, sie zu töten.
Seine Eingeweide verkrampften sich zu harten Klumpen und seine Kehle brannte. Er ließ sich wieder auf den Stuhl neben dem Bett sinken und betrachtete Hannah, suchte nach einer Stelle, an der er ihre Haut berühren konnte, nicht das grässliche dicke Verbandszeug, das überall zu sein schien. Auch ihre Hände und ihre Arme waren bandagiert. Er
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