Magie und Schicksal - 2
gar nicht hinter uns her sind?«, gibt Helene von der anderen Seite des Feuers aus zu bedenken.
Luisa wirft ihr einen ärgerlichen Blick zu, und ich beeile mich, an ihrer Stelle zu antworten, um einen möglichen Streit zu verhindern. »Das ist gut möglich, aber wenn man eine Wasser-Vision hat, dann …« Ich überlege, wie ich die Sache jemandem erklären kann, der noch keinerlei Erfahrungen
damit gemacht hat. »Nun, man kann entweder eine Vision heraufbeschwören, oder sie wird einem geschenkt. Letzteres war hier der Fall; die Vision war auf einmal einfach da. Und wenn das geschieht, dann hat das, was man sieht, normalerweise etwas mit dem eigenen Schicksal zu tun.«
Helenes Augen blicken mich unverwandt an. »Ja, aber wie bekommen wir Gewissheit?«
Luisa steht auf und stemmt die Hände in die Hüften. »Wen sonst sollten sie verfolgen? Immerhin waren sie schon einmal hinter Lia her!«
Ich mische mich ein, ehe Luisa ausfallend wird. »Helene, wir müssen einfach annehmen, dass wir es sind, die sie verfolgen. Das ist die logischste Erklärung.«
Sie denkt kurz nach, dann nickt sie.
»Was sollen wir tun?«, fragt Sonia.
»Wir können schneller reiten«, sagt Gareth, »ohne Rast, um vor ihnen nach Avebury zu kommen.«
Ich weiche Tante Virginias Blick aus. Einem solch scharfen Ritt wäre sie nicht gewachsen.
»Das wird nicht funktionieren«, sagt Dimitri.
Gareth will etwas sagen, aber Dimitri spricht unbeirrt weiter. »Wir müssen vor ihnen da sein und das Ritual vorbereiten. Wir können nicht einfach ankommen und sofort anfangen. Wir müssen uns eine Unterkunft suchen und die Umgebung sichern, und wir müssen überprüfen, ob wir in das Zentrum des Kreises gelangen können, damit der Stein die ersten Sonnenstrahlen von Beltane einfangen kann.«
»Er hat recht«, nickt Edmund. »Wir müssen sie abschütteln, bevor wir Avebury erreichen, und wir brauchen einige Stunden Vorsprung, um alle Vorbereitungen treffen zu können.«
Das Schweigen wiegt schwer, während wir in Gedanken alle Möglichkeiten abwägen. Ich könnte noch einmal versuchen, eine Wasser-Vision heraufzubeschwören, in der Hoffnung, Einzelheiten erkennen zu können, aber ich möchte die Grigori nicht gegen mich aufbringen, indem ich verbotene Magie einsetze. Ungebeten eine Vision geschenkt zu bekommen, ist eine Sache. Eine Vision heraufzubeschwören, wäre ein verbotener Einsatz meiner Macht, und obwohl ich die rechtmäßige Herrin von Altus bin, habe ich großen Respekt vor den Geboten der Grigori.
Ich schaue mich unter meinen Gefährten um. Mein Blick fällt auf Brigid und mir kommt der Schatten einer Idee. Ich erinnere mich an das Häuschen des Verwalters, das einsam am Rand der Grabanlage von Loughcrew stand. Das Haus ihres Vaters.
Ich schaue Dimitri an. »Wo werden wir in Avebury wohnen?«
»Was?« Meine Frage verwirrt ihn, und er muss kurz nachdenken. »Elspeth hat uns ein Gasthaus empfohlen. Sie meint, es sei klein, würde uns aber mehr Schutz bieten als ein Lager im Freien. Ich wollte dort einige Zimmer mieten.«
Ich stehe auf, während sich die Idee in meinem Kopf festsetzt und dabei langsam Gestalt annimmt.
»Gareth?«
Er nickt mir zu. »Mylady?«
»Könntest du allein den Weg nach Avebury finden?«
Er antwortet, ohne zu zögern. »Ich kenne dieses Land wie meine Westentasche.«
Ich wende mich zu Dimitri. »Gareth wird ohne uns nicht lange brauchen, um Avebury zu erreichen. Wir könnten ihn vorausschicken, um die Zimmer zu mieten und die Umgebung zu erkunden. Außerdem kann er sich den Steinkreis anschauen und die Stelle suchen, die für die Beschwörung geeignet ist.«
»Das setzt voraus, dass es uns gelingt, den Seelen zu entkommen«, gibt Helene zu bedenken.
Ich fühle einen leichten Unwillen, weil sie immer so negativ gestimmt ist. »Ja, aber wenn uns das nicht gelingt, fangen sie uns, so oder so. Wenn wir Gareth vorausschicken, ist alles bereit, wenn – falls – wir anderen Avebury erreichen.« Die Hoffnung, die ich eben noch empfand, schwindet bereits wieder. Ich seufze. »Etwas anderes fällt mir nicht ein.
Gareth steht auf. »Ich reite gleich los.«
»Ich komme mit.« Brigid stellt sich neben ihn. Überrascht wenden sich aller Augen ihr zu.
Gareth schüttelt den Kopf. Irre ich mich oder liegt Bedauern in seinem Blick? »Das kann ich nicht gestatten.«
Brigid hebt das Kinn. »Ob du es gestattest oder nicht, ich komme mit. Es ist meine Entscheidung. Ich kann genauso schnell reiten wie du und ich kann dir bei
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