Magie und Schicksal - 2
jede Faser meines Körpers durchdringt. »Sie haben ganz recht.«
Wieder breitet sich Schweigen zwischen uns aus. Gareth reitet voraus, gefolgt von den Schlüsseln und Tante Virginia. Dimitri reitet wie immer hinter mir. Ich will nicht an den Grund dafür denken. An seine Angst, dass mich die Leibwache verfolgen könnte oder – noch schlimmer – dass einer von ihnen sich anschleicht und mich einfach wegstiehlt, ehe jemand etwas bemerkt. Ich werde jede Nacht von Albträumen geplagt, und obwohl ich immer noch jeden Tag meinen Bogen über die Schulter streife, habe ich nicht einmal mehr die Kraft, mir über die Dinge, die mich im Licht jeden neuen Tages erwarten mögen, Gedanken zu machen. Ich überlasse Dimitri die Sorgen.
Edmund bricht das Schweigen zwischen uns. »Obwohl ich Ihre Willensstärke bewundere«, sagt er, »möchte ich Sie fragen, ob Sie sicher sind, wirklich ganz sicher, dass dies der Weg ist, den Sie einschlagen möchten.«
Ich fange nicht an, mich zu verteidigen. Stattdessen denke ich einen Moment lang über seine Frage nach. Und über die anderen Möglichkeiten, die sich mir bieten. Wobei es in Wahrheit nur eine andere Möglichkeit gibt: Zu warten, bis wir Alice an unserer Seite haben. Zu warten und zu hoffen.
Ich frage mich, ob er das Zögern in meinem Nicken entdeckt, denn natürlich wünsche ich mir, dass es einen anderen Weg gäbe. »Ich bin mir sicher. Ich will nicht…« Ich
breche ab und betrachte die sanften graugrünen Hügel, die sich bis zum Waldrand in der Ferne erstrecken. »Ich will nicht so enden wie meine Mutter.«
Eine Zeit lang schweigt Edmund. Dann sagt er, fast widerstrebend: »Ihre Mutter war eine wunderbare Frau. Fröhlich und lebenslustig, solange die Seelen sie nicht in ihrem Würgegriff hatten. Ich möchte nichts Schlechtes über sie sagen. Es gibt sehr wenige Menschen, die den Verlockungen der Seelen widerstehen können. Aber ich glaube, Sie sind einer dieser Menschen. Ich würde mein Leben darauf wetten, dass Sie nicht das gleiche Schicksal erleiden würden wie Ihre Mutter, egal wie lange es dauern würde, Alice zur Mithilfe zu bewegen.« Er nickt in Richtung der vier Mädchen, Tante Virginia und Gareth, die uns alle vorausreiten. »Und es sieht ganz so aus, als ob Sie jede Menge Hilfe hätten, von Mr Markov ganz zu schweigen.«
»Das mag sein, aber innerlich fühle ich mich ganz und gar nicht stark, egal wie es von außen wirken mag. Jede Nacht versucht Samael, mich im Schlaf zu seiner Sklavin zu machen. Es ist Dimitris Anwesenheit, nicht meine eigene Charakterstärke, die mich davon abhält, etwas Schreckliches zu tun.«
Edmund schaut mich an. »Ihre Bereitschaft, Dimitri an Ihrer Seite zu behalten, spricht für Ihre Entschlossenheit. Ihre Mutter – und soweit ich weiß auch die meisten anderen Schwestern, denen die Rolle des Tors zufiel – zog sich vor der Welt zurück. Sie reisten mit den Schwingen, geduldet und ermutigt durch die Seelen, und ließen sich
von Samael verführen … Nun, für die meisten der Tor-Schwestern ist es ein Bedürfnis. Ein starkes Verlangen. Sie aber empfinden anders, nicht wahr?«
Ich seufze. »Ich will mich verweigern. Will mich ihm verweigern. Aber mein Wille wird schwächer. Ich werde schwächer, mit jedem Tag, der vergeht. Mit jeder Nacht voller quälender Albträume.
Ein Jahr ist lang. Wenn Beltane vorbei ist, müsste ich weitere zwölf Monate warten, bis zum nächsten Mai. Dieses Risiko kann ich nicht eingehen. Ich würde mich eher freiwillig dem Abgrund überantworten und Samael zwingen, auf den nächsten Engel des Chaos zu warten. Wenigstens wären Sie und die anderen dann in Sicherheit.«
»Das dachte ich mir.« Er richtet den Blick auf etwas vor uns. »Es würde schwerfallen, der Welt noch eine Bedeutung abzugewinnen, sollte Ihnen etwas zustoßen, aber ich verstehe Ihr Bedürfnis, die Menschen, die sie lieben, zu beschützen. Ich kann Sie nicht von etwas abhalten, was ich mein Leben lang selbst getan habe.«
Sein Rücken ist kerzengerade, seine Miene ausdruckslos. In mir steigt eine starke Zuneigung auf und lässt mein Herz überquellen, bis ich kaum noch sprechen kann. »Danke, Edmund. Ich weiß, dass ich mich darauf verlassen kann, dass sie sich um Tante Virginia kümmern, ganz gleich, was passiert.«
Er nickt kaum merklich. Wir reiten weiter und fallen wieder in Schweigen.
Die Reise nach Avebury hätten Dimitri und ich in drei Tagesritten zurückgelegt, aber daran ist mit einer so großen Gruppe überhaupt nicht
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