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Magie und Schicksal - 2

Magie und Schicksal - 2

Titel: Magie und Schicksal - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
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nehme ich nur am Rande meines Bewusstseins wahr. Mein Magen verkrampft sich, je näher ich dem Eingang des Hotels komme. Je näher ich James komme.
    Ich kenne seine Zimmernummer nicht, und es wäre auch nicht schicklich, ihn dort aufzusuchen, wie vertraut wir auch in der Vergangenheit miteinander waren. Ich gehe durch die reich ausgestattete Lobby zur Rezeption und wende mich zu einem würdevollen, eleganten Herrn, der mein Näherkommen mit einem Lächeln quittiert.
    »Kann ich Ihnen helfen, Miss?«
    Ich schlucke schwer. »Ja. Ich möchte mit James Douglas sprechen.«
    Der Mann nickt gleichmütig. »Und wen darf ich melden? «, fragt er.
    »Amalia Milthorpe.« Mein voller Vorname klingt fremd in meinen Ohren. Niemand hat mich mehr Amalia genannt, seit ich New York und die Wycliffe Schule für junge Damen verlassen habe.
    Wieder nickt er. »Sehr wohl.«
    Ich wende mich ab und suche mir einen Platz, wo ich auf James warten kann. Nervös blicke ich mich nach Alice um. Sie vermutet womöglich, dass ich vorhabe, mit James
zu sprechen, aber meine Unterredung würde zusätzlich erschwert werden, falls sie sich in den Kopf setzt, daran teilzunehmen. Trotzdem weiß ich nicht, was mir mehr zu schaffen macht: die Aussicht, Alice zu begegnen, oder die Tatsache, dass ich gleich James gegenüberstehen werde. Wie seltsam, denke ich, dass sie beide hier in London sind. Dass sie mir so nahe sind und gemeinsam dieses Hotel bewohnen, wo sie Vorbereitungen für ihre Hochzeit treffen.
    »Lia?«
    Ich zucke beim Klang seiner Stimme zusammen. Ich erwarte fast, ihn an der Seite meiner Schwester zu sehen, aber als ich mich umdrehe, ist James allein.
    Ich lächle. »Guten Morgen, James.«
    Sein Gesicht ist anders, als ich es in Erinnerung habe. Er ist älter geworden. Es ist eine Veränderung zum Guten, und ein unwillkommener Funke der Erregung durchzuckt mich bei der Erkenntnis, dass er nicht länger ein unreifer Junge ist, sondern ein erwachsener Mann. Seine Augen, so blau wie der Himmel über Birchwood, stellen bereits die Fragen, die zu beantworten ich mich fürchte.
    »Ich freue mich, dass du gekommen bist.« Er spricht von Freude, aber er lächelt nicht.
    Ich nicke und blicke mich in der geschäftigen Lobby um. »Können wir …? Wärst du einverstanden, wenn wir ein Stück spazieren gingen? Hier kann man sich kaum in Ruhe unterhalten.«
    Er zögert keine Sekunde. Er legt meine Hand auf seinen
Arm und steuert auf die Tür zu. Und dann stehen wir draußen im Freien, Arm in Arm. Wie früher.
     
    Wir sprechen nicht miteinander, während wir durch die lauten und hektischen Straßen gehen. Die Muskeln seines Arms liegen hart unter meiner Hand. Er führt mich mit einer Sicherheit, als ob er genau wüsste, wohin wir gehen. Ich kann die Kälte in der Luft kaum spüren, obwohl ich sehe, dass der Atem meinen Körper in einer kleinen Dampfwolke verlässt.
    Kurz darauf erreichen wir einen kleinen Park, ein lauschiges Plätzchen hinter den Ästen und Zweigen von Bäumen und Buschwerk. Der Lärm der Stadt verblasst hinter uns, als wir durch das eiserne Tor in die weitläufige grüne Landschaft eintreten, und ich merke, wie etwas von der Nervosität von mir abfällt. Ich vermisse den Frieden von Altus, von Birchwood Manor, obwohl ich die meiste Zeit zu beschäftigt bin, um die Anspannung überhaupt zu bemerken, die sich in meine Schultern schleicht, wenn ich zu lange ohne Unterbrechung in London weile.
    Wir gehen über den Kiesweg, der rechts und links von Bäumen eingefasst ist und daher kaum eingesehen werden kann. Ohne die Menschenmengen, das Rattern und Quietschen der Kutschen und Droschken und das Klappern der Pferdehufe auf dem Pflaster bin ich mir James’ Gegenwart überdeutlich bewusst. Ich schiebe die Erinnerungen, die in mir aufsteigen, wenn ich seinen Körper so nahe bei mir spüre, beiseite.

    »Du hast nicht geschrieben.« Seine Stimme durchbricht die Stille so plötzlich, dass es einen Moment dauert, bis mir klar wird, dass er tatsächlich gesprochen hat.
    »Nein.« Dieses eine Wort reicht bei Weitem nicht aus, aber mehr kann ich nicht sagen.
    Wir gehen weiter, folgen einer Kurve des Weges, bis wir vor uns Wasser glänzen sehen.
    »Hast du … Hast du mich nicht geliebt?«, fragt er schließlich.
    Ich bleibe stehen und fasse seinen Arm, sodass auch er stehen bleiben muss. Ich schaue ihm in die Augen. »Das war nicht der Grund, James. Du hast mein Wort.«
    Er zuckt mit den Schultern. »Was dann? Wie konntest du mich einfach so verlassen,

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