Magie und Schicksal - 2
irgendwie hineinzuquetschen und gleichzeitig nichts zu zerstören, aber wir müssen schon bald aufgeben. Wir beschließen, erst einmal zu Mittag zu essen.
»Und was jetzt?« Gegen meinen Willen schleicht sich Mutlosigkeit in meine Stimme.
Wir sitzen im Gras vor der Höhle. Ich gebe mir alle Mühe, die Vorräte, die Brigid für uns eingepackt hat, zu genießen, aber mein Ärger über die bisherige Ergebnislosigkeit unserer Suche schlägt mir auf den Appetit.
Dimitri seufzt. »Machen wir für heute Schluss und reiten zurück zum Haus. So ungern ich es auch zugebe, wir sind nicht gut ausgerüstet. Ich traue Mr O’Leary zwar nicht über den Weg, aber ich denke, wir sollten ihn dennoch als Führer verpflichten.
Der Gedanke, die nächsten Tage mit Mr O’Leary in der Dunkelheit der Grabanlage zu verbringen, jagt mir einen Schauer über den Rücken, aber Dimitri hat vermutlich recht.
»Wahrscheinlich kann es nichts schaden, wenn er uns für den Anfang begleitet. Vielleicht können wir einiges von ihm lernen und dann unsere Suche allein fortsetzen.«
Dimitri nickt. »Das ist auch meine Meinung. Außerdem«, setzt er hinzu und streckt sich, »würde ich mich vor dem Abendessen gerne etwas ausruhen. Ich schlafe hier nicht besonders gut.«
Mit einem Ruck drehe ich mich zu ihm um. Obwohl wir schon mehr als eine gefährliche Situation zusammen durchgestanden haben, kann ich mich nicht erinnern, dass er jemals über Schlaflosigkeit geklagt hat.
»Warum nicht?«
»Irgendwie bin ich … unruhig. Ich weiß nicht, ob es an der Nähe des Steins liegt, an der uralten Verbindung dieses Ortes zur Bruderschaft oder an dem merkwürdigen Verhalten von Mr O’Leary und seiner Tochter. Jedenfalls fällt es mir schwer, mich zu entspannen.
Ich nicke. »Mir geht es ähnlich.«
Er nimmt meine Hand. »Hast du immer noch Albträume? «
»Manchmal.« Mehr als manchmal, aber ich will ihn nicht beunruhigen oder ihm noch mehr Anlass geben, nachts nicht schlafen zu können.
Er hebt meine Hand an die Lippen und küsst mich sanft
auf die Fingerknöchel. »Du kannst jederzeit zu mir kommen, wenn du dich fürchtest.«
Seine Zärtlichkeit entlockt mir ein Lächeln. »Danke. Im Augenblick geht es noch.«
Er steht auf und zieht mich auf die Füße. »Komm. Wir fragen Mr O’Leary, ob er uns morgen begleiten will.«
Der graue Himmel, unter dem wir den Heimweg antreten, ist uns mittlerweile vertraut. Ich frage mich, was schlimmer ist: noch wochenlang – vielleicht vergeblich – allein nach dem Stein zu suchen oder unser Leben jemandem wie Mr O’Leary anzuvertrauen.
19
D as ist ein schönes Armband«, sagt Brigid, als ich nach meinem Weinglas greife.
Mein Blick fällt auf das Medaillon und ich ziehe unwillkürlich den Ärmel über mein Handgelenk. Es war nachlässig von mir, nicht darauf zu achten, dass das Samtband unter dem Saum liegt.
»Danke«, sage ich wegwerfend, »aber das ist nur ein Band.«
»Ein Band?« Sie nimmt die Schüssel mit den Kartoffeln. In meinen Ohren klingt ihre Stimme merkwürdig gepresst. »Was für ein interessantes Schmuckstück.«
»Tja, nun, ich habe mir noch nie etwas aus Gold und Flitterkram gemacht.« Ich schiebe mir einen Löffel mit dem Eintopf in den Mund und versuche, das Thema zu wechseln. »Hmm! Das ist sehr gut!«
Brigid beäugt mich kühl. »Danke. Das ist ein traditionelles irisches Gericht. Es freut mich, dass es Ihnen schmeckt.«
»Und wie lief es heute in den Hügelgräbern?«, fragt Mr O’Leary. Seine Stimme klingt betont gelangweilt.
»Nun, wo Sie es schon ansprechen«, sagt Dimitri und trinkt etwas Wein, »wir wollten Sie fragen, ob Sie uns wohl morgen begleiten könnten. Ihre Einschätzung scheint sich zu bewahrheiten: Loughcrew ist eine weitläufige Anlage. Wir könnten tatsächlich einen erfahrenen Führer gebrauchen. Es wäre bloß für einen Tag. Danach kommen wir bestimmt allein zurecht.«
Mr O’Leary schaut Dimitri geradewegs in die Augen: »Sie haben wohl nicht gefunden, was sie suchen.«
Dimitri verengt misstrauisch die Augen. »Wir suchen nichts Bestimmtes, aber wir hätten gern einen Überblick über die Anlage, für unseren Bericht, und es ist schwer zu bestimmen, was bedeutsam ist und was nicht, wenn alles gleich aussieht. Ich vermute, dass es für einen Mann von Ihrer Kenntnis ein Leichtes wäre, diese Einschätzung vorzunehmen. «
Die Schmeichelei in Dimitris Worten wirkt schon fast marktschreierisch, und ich bin überrascht, als Mr O’Leary unser Angebot mit einem
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