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Magie und Schicksal - 2

Magie und Schicksal - 2

Titel: Magie und Schicksal - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
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Meine Paranoia gewinnt die Oberhand, und ich stelle mir vor, wie Mr O’Leary uns in der Höhle zurücklässt, uns vielleicht sogar mit Erde und Felsbrocken verschüttet.

    Aber noch während ich das denke, weiß ich, dass ich meiner Furcht nicht nachgeben werde.
    »Ich gehe vor.« Ohne Dimitri anzublicken, fange ich an zu klettern. Er ist so verblüfft, dass es einige Sekunden dauert, bis er versucht, mich aufzuhalten.
    »Was machst du denn da?! Lass mich wenigstens vorgehen. Ich kann dich auffangen, wenn du abstürzt!«
    »Es ist alles in Ordnung«, rufe ich zu ihm empor. »Ich bin schon halb unten.«
    »Sei vorsichtig!« Die Sorge in seiner Stimme ist nicht zu überhören, und ich muss lächeln, als ich mich den letzten halben Meter auf den Höhlenboden fallen lasse. Ich bin sehr zufrieden mit mir, ganz besonders, weil ich solche Angst hatte. Die Stimme meines Vaters klingt mir noch in den Ohren, so klar und deutlich, als würde er neben mir stehen. Lass dich niemals von deiner Angst beherrschen, Lia. Niemals.
    Dimitri macht sich an den Abstieg und ist kurze Zeit später neben mir. Bei ihm sieht die Sache – im Vergleich zu meiner Kraxelei – ganz einfach aus. Meine Befürchtungen, Mr O’Leary könnte uns in eine Falle gelockt haben, bewahrheiten sich nicht. Er wirft die Fackeln zu uns herab und macht sich daran, sich zu uns zu gesellen. Er klettert mit beinahe der gleichen Geschicklichkeit hinunter wie Dimitri, und ich muss unwillkürlich seine Wendigkeit und seine flinken Bewegungen bewundern, als er neben uns zu Boden springt wie ein junger Mann.
    »Los geht’s.«

    Er reicht jedem von uns eine Fackel, die er daraufhin anzündet, und wir folgen ihm durch den felsigen Gang. Eine Exkursion mit Mr O’Leary lässt sich überhaupt nicht mit unserem gestrigen ziellosen Herumirren vergleichen. Er beleuchtet mit der Fackel die Wände und zeigt uns die vielen eingeritzten Bilder und Symbole, wobei er uns gleichzeitig mit den unterschiedlichen Theorien über ihre Bedeutung vertraut macht. Wir erfahren, dass einige Forscher glauben, die Markierungen seien eine Art Kalender, andere wiederum bringen sie mit dem Sonnenaufgang in Verbindung. Aber niemand weiß etwas Genaues. Meine Seele wird ganz still und stumm aus Respekt vor diesem heiligen Ort.
    Es ist interessant, Mr O’Learys Ausführungen zu folgen, aber nachdem wir einmal die ganze Höhle durchmessen und wieder zu dem Loch in der Decke zurückgekehrt sind, durch das wir eingestiegen sind, sind wir – was unsere eigentliche Suche angeht – nicht schlauer als zuvor. Natürlich wäre es uns nicht recht, den Stein ausgerechnet dann zu finden, wenn Mr O’Leary dabei ist, aber ich bin trotzdem enttäuscht, dass uns diese detaillierte Reise durch die Vergangenheit keine neuen Erkenntnisse über die Prophezeiung und das Versteck des Steins eröffnet hat.
    Der Rest des Tages verläuft ganz ähnlich. Mr O’Leary führt uns durch eine andere große Höhle und drei weitere, ohne dass wir irgendeinen Hinweis auf den Stein finden. Überall sind diese spiralförmigen Gravierungen zu sehen, aber nichts deutet auf die Anwesenheit eines heiligen Steins hin.

    Schweigend verlassen wir die letzte kleine Höhle. Ich frage mich, was wir jetzt machen sollen. Wir haben beschlossen, es für heute dabei zu belassen und zum Haus zurückzureiten. Ich habe keine Ahnung, wie wir morgen verfahren sollen. Von einer Grabhöhle zur nächsten zu wandern, bringt uns ganz offensichtlich nicht weiter.
    Dimitri wirft einen letzten Blick auf die Karte und will sie gerade in seine Jacke stecken. Ganz plötzlich erstarrt er und späht aufmerksam über die Felder.
    »Was ist das?«
    Ich folge seinem Blick. Es ist derselbe gelbe Schemen, den ich gestern sah, aber jetzt kann ich erkennen, dass es eine Frau ist, deren gelber Mantel im Wind flattert. Sie huscht in der Nähe einer der größeren Höhlen durch das hohe Gras.
    »Bei Gott«, murmelt Mr O’Leary und stapft zu seinem Pferd. »Ich habe ihr wieder und wieder gesagt, dass sie sich von der Grabanlage fernhalten soll.«
    »Was machen Sie denn da?« Ich haste zu Mr O’Leary, der gerade sein Gewehr aus der Satteltasche gezogen hat.
    Er runzelt die Stirn, als ob er nicht begreifen könnte, warum es mich kümmert, wenn er auf die Frau anlegt. »Das ist die verrückte Maeve McLoughlin. Sie strolcht hier bei Tag und bei Nacht herum, obwohl ich ihr mehrmals klargemacht habe, dass es sich um Privateigentum handelt.«
    »Ich glaube trotzdem nicht, dass

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