Magie und Schicksal - 2
Lebens. Es war die Gelegenheit für einen neuen Anfang, und ich dankte Gott dafür, obwohl ich mich vor dem fürchtete, was er mir sonst noch sagte.«
»Und was genau sagte er Ihnen?«, fragt Dimitri.
Mr O’Leary schaut auf den abgewetzten Tisch. »Dass das Zeichen, das mein Mädchen auf dem Handgelenk trägt, etwas Böses anlocken würde. Dass ihre einzige Hoffnung darin läge, zu verschwinden.« Er hebt den Kopf und schaut mich an. »Zu verschwinden und auf Sie zu warten.«
Ich schüttele den Kopf. »Warum haben Sie nichts gesagt? Wir dachten, Sie seien … nun ja, wir fürchteten, Sie würden für die andere Seite arbeiten.«
Mr O’Leary kicherte. »Wir dachten von Ihnen das Gleiche. Ihr Vater hat uns keinen Namen genannt. Er hielt es wohl für zu gefährlich, für den Fall, dass jemand – oder etwas – versuchen würde …« Er rutscht unruhig auf dem Sessel hin und her. »Nun ja, für den Fall, dass man uns zwingen würde, Ihre Identität preiszugeben.«
»Woher wussten Sie überhaupt, dass wir kommen würden? «, wollte Dimitri wissen.
»Uns wurde nur gesagt, dass eine Frau kommen würde«, antwortete Brigid. »Eine Frau, die das Zeichen auf ihrem Handgelenk trägt und nach dem Stein sucht. Aber man sagte uns ebenfalls, dass auch andere den Stein finden wollen. Und das wir diese Leute fürchten müssten.« Sie schaut Dimitri an. »Von einem Herrn, der diese Frau begleitet, war nicht die Rede. Und wir hatten über die Jahre eine Menge fragwürdige ›Gelehrte‹ zu Besuch. Gelehrte, die wir abgewiesen haben, um den Stein zu schützen und für die Ankunft der Frau zu bewahren. Wir haben gelernt, wachsam zu sein, und als Sie gestern von Ihrem Ausflug nach Oldcastle nicht zurückkehrten, nahmen wir an, Sie hätten etwas gefunden, was Sie auf die Spur des Steins setzte. Besonders, weil doch gestern die Tagundnachtgleiche war.«
Ich schaue auf das Zeichen auf meinem Handgelenk, das ich jetzt offen zur Schau trage. »Ich habe versucht, es
vor dir zu verbergen«, sage ich zu Brigid. Ich fühle mich ihr nah, wie eine Schwester, und bringe das unpersönliche »Sie« nicht mehr über die Lippen.
Sie lächelt. »Genauso wie ich.«
Ich empfinde eine Welle der Erregung bei der Gewissheit, dass wir jetzt alle Schlüssel beisammenhaben und auch die Worte der Beschwörung kennen. Dass wir einen großen Schritt weitergekommen sind.
Aber ohne den Stein schmeckt der Sieg bittersüß.
Als ob er meine Gedanken gelesen hätte, sagt Dimitri: »Aber Sie wissen doch sicher, dass sich der Stein nicht in der Höhle befindet, nicht wahr? Wir waren heute Morgen mit Maeve McLoughlin dort, während des Sonnenaufgangs. Wir haben die Stelle gesehen, wo der Stein früher lag, wo er einmal im Jahr, an diesem besonderen Tag, von der Sonne beschienen wurde. Aber er ist verschwunden. «
Mr O’Leary winkt gelassen ab. »Maeve ist harmlos, aber sie hat die schlechte Angewohnheit, Aufmerksamkeit auf diese Höhle zu lenken, wenn sie auf die Tagundnachtgleiche wartet. Wir konnten nicht riskieren, dass sie die falsche Person auf die Spur des Steins bringt.«
»Was auch der Grund ist«, sagt Brigid und greift sich in den Ausschnitt, »warum ich ihn seit einigen Jahren an meinem Herzen trage.«
Ihre Finger umschließen eine Silberkette und ziehen sie heraus, bis ein daran hängendes schwarzes Seidensäckchen zum Vorschein kommt. Sie nimmt die Kette von
ihrem Hals und öffnet das Säckchen. Als sie es umdreht, fällt ein Stein in ihre offene Hand.
Ich erwarte, dass er prächtig ist, dass er vor Macht glänzt und funkelt. Aber es ist ein ganz gewöhnlicher grauer Stein, wenn auch vollkommen glatt und oval.
»Bist du … bist du sicher, dass dies der richtige Stein ist?« Ich möchte weder Brigid, noch Mr O’Leary kränken, aber es fällt mir schwer zu glauben, dass dieser gewöhnliche Kiesel, der genauso aussieht wie alle anderen Steine in den Höhlen von Loughcrew, die Macht besitzt, mit deren Hilfe wir Samael auf ewig aus der Welt verbannen können.
Brigid lächelt, und mir wird klar, dass alles Lächeln, was wir bisher auf ihrem Antlitz gesehen haben, nur ein Schatten ihres wahren Lächelns war. »Glaub mir – wenn er von der Sonne beleuchtet wird, strahlt er so hell, dass er alle anderen Steine beschämt. So haben wir ihn gefunden. Daher wussten wir, dass er der richtige ist. Aber das ist nicht der einzige Grund.« Sie hält ihn mir hin. »Sieh selbst.«
Mit einer gewissen Neugier greife ich nach dem Stein, aber als sich meine
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